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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. September 1992, Zl. VwSen-400131/5/Kl/Fb, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Aufgrund eines Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. September 1992 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, an diesem Tag zur Sicherung der Abschiebung - über ihn war mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 12. März 1992 ein bis 19. Februar 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen worden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1992, Zl. 92/18/0170) - in Schubhaft genommen.
2. Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde die gegen die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes (FrPolG) erhobene Beschwerde vom 14. September 1992 als unbegründet abgewiesen (§ 5a Abs. 1 und 6 leg. cit. iVm § 67c Abs. 3 AVG).
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 30. November 1992,
B 1735/92-3, ablehnte und in der Folge die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluß vom 9. März 1993, B 1735/92-5).
4. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer in dem ihm "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der über ihn verhängten Schubhaft" verletzt. Er macht inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach Ansicht der Beschwerde hätte die belangte Behörde deshalb zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß die verhängte Schubhaft rechtswidrig sei, weil der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Asylantrages (Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juli 1992) vom Verwaltungsgerichtshof im Umfang der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei und zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft klar gewesen sei, daß das den Asylantrag betreffende Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof nicht innerhalb der für die Schubhaft gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer von drei Monaten abgeschlossen sein werde. Damit sei aber klar gewesen, daß der beabsichtigte Schubhaftzweck der Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der genannten Drei-Monate-Frist nicht erreicht werden könne. Da sich solcherart die Schubhaft als reine Beugehaft erweise, hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Schubhaftverhängung angesichts der dargestellten besonderen Konstellation des vorliegenden Falles unterbleiben müssen.
2.1. Es trifft zwar zu, daß der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 4. September 1992, Zl. AW 92/01/0134, der vom Beschwerdeführer gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juli 1992 betreffend die Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung im Umfang der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zuerkannte. Dies hatte allerdings nicht, wie von der Beschwerde und auch der belangten Behörde (s. S. 8 des angefochtenen Bescheides vom 21. September 1992) fälschlich vertreten, ohne weiteres zur Folge, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zukam. Vielmehr sollte diese Rechtsfolge dem vorzitierten hg. Beschluß zufolge bloß "im Umfang der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991" eintreten, also nach Maßgabe einer schon vor Erlassung dieses Beschlusses vorhandenen - vorläufigen oder befristeten - Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers gemäß dem Asylgesetz 1991. Nur für den Fall, daß dem Beschwerdeführer eine solche Berechtigung bereits zukam, sollte sie ihm aufgrund der besagten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung weiterhin (bis zum Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) zukommen. Mangelte es dem Beschwerdeführer also schon bis zur Erlassung des hg. Beschlusses vom 4. September 1992 an einer Aufenthaltsberechtigung, so änderte sich an dieser rechtlichen Situation durch die in Rede stehende Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts. Er war demnach weiterhin nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.
2.2.1. Der Beschwerdeführer selbst legt in seiner vorliegenden Beschwerde dar, daß er aus der Türkei kommend durch Drittländer nach Österreich gelangt sei. Er sei durch diese Länder nur zum Zweck der Durchreise und der Flucht durchgefahren; er habe sich dort nur kurzfristig aufgehalten; sein Aufenthalt in den genannten Ländern sei den dortigen Behörden weder bekannt geworden noch sei er von diesen geduldet worden.
2.2.2. Dieses Vorbringen macht deutlich, daß dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung i.S. des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 zukam: Gleichgültig über welchen unmittelbar an Österreich angrenzenden Staat der Beschwerdeführer einreiste, er gelangte jedenfalls nicht "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit i. S. des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991) nach Österreich. Ferner liegt auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, der Beschwerdeführer habe gemäß § 13a FrPolG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den (unmittelbar an Österreich grenzenden) Staat, aus dem er direkt einreiste (welcher immer dies auch ist), zurückgewiesen werden dürfen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991). (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0452).
2.3. Dafür, daß dem Beschwerdeführer allenfalls eine befristete Aufenthaltsberechtigung (§ 8 Asylgesetz 1991) erteilt worden wäre, ist den zu seiner Beschwerde gegen die Abweisung seines Asylantrages (hg. Zl. 92/01/0788) vorgelegten Akten nichts zu entnehmen. Derartiges wird im übrigen selbst vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
2.4. Da es mithin dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des mehrfach zitierten hg. Beschlusses vom 4. September 1992 tatsächlich an einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 fehlte, erwuchs ihm auch aus dieser Entscheidung keine Berechtigung, sich in Österreich bis zum Abschluß des seinen Asylantrag betreffenden Beschwerdeverfahrens aufzuhalten. Der Vollstreckung des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes durch Abschiebung während dieses Zeitraumes stand demnach ebenso wie der Anhaltung des Beschwerdeführers in der zur Sicherung der Abschiebung verhängten Schubhaft ab 11. September 1992 kein rechtliches Hindernis entgegen.
3. Die Verfahrensrüge - Vorwurf an die belangte Behörde, sich mit dem Vorbringen in der Beschwerde nicht hinreichend auseinandergesetzt zu haben - versagt schon deshalb, weil damit nicht dargetan wird, inwieweit dieses behauptetermaßen unterlaufene Versäumnis für den Ausgang des Verfahrens vor der belangten Behörde von Relevanz gewesen sei.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung (oben I.4.) nicht vorliegt - was schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993180099.X00Im RIS seit
20.11.2000