TE Vfgh Erkenntnis 1990/12/7 G160/90, G161/90, G162/90

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Veröffentlicht am 07.12.1990
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Index

L2 Dienstrecht
L2200 Landesbedienstete

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
Bgld LandesbeamtenG §2 Abs2 Z1
PG 1965 §40a

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Verweisung auf die als verfassungswidrig aufgehobenen Ruhensbestimmungen des Pensionsgesetzes im Bgld Landesbeamtengesetz

Spruch

§2 Abs2 Z1 des Gesetzes vom 1. Oktober 1985 über das Dienstrecht der Landesbeamten (Landesbeamtengesetz 1985), LGBl. für das Burgenland Nr. 48/1985, idF des Gesetzes vom 4. Oktober 1986, mit dem das Landesbeamtengesetz 1985 geändert wird (1. Novelle zum Landesbeamtengesetz 1985), LGBl. für das Burgenland Nr. 2/1987, war bis zum Ablauf des 30. Juni 1988 verfassungswidrig.

Diese Gesetzesbestimmung ist auf die bis zum Ablauf des 30. Juni 1988 verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden.

Der Landeshauptmann von Burgenland ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die an diesem Gesetzesprüfungsverfahren beteiligten Beschwerdeführer der Anlaßbeschwerdeverfahren B131/90, B134/90 und B142/90 sind Ärzte und stehen als Beamte des Ruhestandes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Burgenland.

1.2. Mit Bescheiden vom 29. Jänner 1990, Z I-0135521/108-2-1989, Z I-0226245/214-2-1989 und Z I-0112821/135-2-1989, stellte die Burgenländische Landesregierung im Hinblick auf Erwerbseinkommen der Beteiligten unter Berufung auf §2 des Landesbeamtengesetzes 1985 idF LGBl. für das Burgenland Nr. 53/1988 iVm dem bis 30. Juni 1988 in Geltung gestandenen §40a des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, fest, daß der Ruhebezug des Beschwerdeführers im Verfahren B131/90 vom 1. Jänner 1986 bis 30. Juni 1988, der des Beschwerdeführers im Verfahren B134/90 vom 1. Jänner 1988 bis 30. Juni 1988 und der des Beschwerdeführers im Verfahren B142/90 vom 1. Juni 1986 bis 30. April 1988 monatlich in bestimmter ziffernmäßig je Kalenderjahr angeführter Höhe zu ruhen hatte.

Diese Bescheide sind Gegenstand der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerdeverfahren beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Z1 des §2 Abs2 des Landesbeamtengesetzes 1985 idF der 1. Novelle, LGBl. für das Burgenland Nr. 2/1987, einzuleiten.

Im Prüfungsbeschluß stellte der Gerichtshof die in Betracht zu ziehende Rechtslage wie folgt dar:

"1. §1 des Landesbeamtengesetzes 1985, LGBl. für das Burgenland Nr. 48/1985, zufolge ist dieses Gesetz (mit Ausnahme näher bezeichneter Personen) auf alle Bediensteten anzuwenden, die zum Land Burgenland in einem öffentlich-rechtlichen (pragmatischen) Dienstverhältnis stehen.

Nach Abs1 des mit 'Anwendbarkeit bundesgesetzlicher Bestimmungen' überschriebenen §2 des Landesbeamtengesetzes 1985, LGBl. für das Burgenland Nr. 48, sind, soweit durch dieses Gesetz nichts anderes bestimmt wird, auf die Landesbeamten die für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs-, Disziplinar- und Pensionsrechtes der öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Bundes maßgebenden Bundesgesetze sinngemäß anzuwenden. §14 des Landesbeamtengesetzes 1985 sieht - gemäß seiner Überschrift - 'Abweichungen von dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften des Bundes' vor und bestimmt im einzelnen, daß dort aufgezählte Bundesgesetze (nach Maßgabe besonderer Bestimmungen) sinngemäß anzuwenden sind; die Z5 dieser Aufzählung hat (auszugsweise wiedergegeben) folgenden Wortlaut:

'5. Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340:

a) Das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, ist in der am 28. Feber 1985 geltenden Fassung anzuwenden.

...'

ArtI Z1 der 1. Novelle zum Landesbeamtengesetz 1985, LGBl. für das Burgenland Nr. 2/1987, fügte dem §2 dieses Gesetzes einen neuen Abs2 ein, der - soweit er im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung ist - wie folgt lautet:

'(2) Auf die Landesbeamten sind überdies folgende Bundesgesetze sinngemäß anzuwenden:

1) Das Bundesgesetz vom 26. September 1985, BGBl. Nr. 426, mit dem das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz und die Bundesforste-Dienstordnung geändert werden

(8. Pensionsgesetz-Novelle; 6. Nebengebührenzulagengesetz-Novelle; Bundesforste-Dienstordnungsnovelle 1985); dieses Gesetz ist nach Maßgabe folgender Bestimmungen anzuwenden:

a) ArtII Abs3 hat zu lauten:

'(3) Die für den Witwer und den früheren Ehemann vorgesehnen wiederkehrenden Leistungen gebühren in den Fällen, in denen die Anspruchsvoraussetzungen nach dem 31. Dezember 1980 beziehungsweise 30. Juni 1983 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes verwirklicht worden sind, nur auf Antrag. Sie fallen mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes an, wenn der Antrag binnen einem Jahr nach der Verlautbarung dieses Gesetzes im Landesgesetzblatt gestellt wird. In allen übrigen Fällen gebühren sie von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebühren sie von diesem Tag an. Mit der Erlangung des Anspruches auf Pensionsversorgung nach diesem Gesetz erlischt ein außerordentlicher Versorgungsgenuß. Die nach diesem Zeitpunkt allenfalls noch ausgezahlten außerordentlichen Versorgungsgenüsse sind auf die nach diesem Gesetz für die gleiche Zeit gebührenden Leistungen anzurechnen.'

b) Die Artikel IV und V sind nicht anzuwenden.

...'

Die vorhin teilweise wiedergegebene Z5 im §14 des Landesbeamtengesetzes 1985 hatte zufolge des ArtI Z6 der 1. Novelle zu entfallen.

Mit der 3. Novelle zum Landesbeamtengesetz 1985, LGBl. für das Burgenland Nr. 53/1988, wurde dem §14 dieses Gesetzes (wiederum) eine Z5 folgenden Wortlautes angefügt:

'5. Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340:

§40a ist ab 1.7.1988 nicht anzuwenden.'"

3.1. In verfahrensmäßiger Hinsicht ging der Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß vorläufig davon aus, daß er bei der Entscheidung über die Beschwerden (auch) §2 Abs2 Z1 des Landesbeamtengesetzes 1985 (in der erwähnten novellierten Fassung) anzuwenden hätte, der bestimmt, daß das Bundesgesetz vom 26. September 1985, mit dem das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz und die Bundesforste-Dienstordnung geändert werden

(8. Pensionsgesetz-Novelle; 6. Nebengebührenzulagengesetz-Novelle; Bundesforste-Dienstordnungsnovelle 1985) - mithin auch §40a des Pensionsgesetzes 1965 idF der 8. Pensionsgesetz-Novelle und deren ArtVI, der die Rückwirkung dieser Novelle bis 1. März 1985 anordnet - sinngemäß auf den in §1 des Landesbeamtengesetzes 1985 genannten Personenkreis anzuwenden ist.

3.2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken stellte der Gerichtshof unter Bezugnahme auf seine Vorjudikatur dar. Mit Erkenntnis VfSlg. 11665/1988 habe er §40a des Pensionsgesetzes 1965 idF der Novelle BGBl. Nr. 426/1985 wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot als verfassungswidrig aufgehoben sowie mit Erkenntnis VfSlg. 11741/1988 und Erkenntnis vom 26. September 1988, G174/88, aus dem gleichen Grund festgestellt, daß korrespondierende Bestimmungen (verschiedener Fassungen) der (Wiener) Pensionsordnung 1966 verfassungswidrig waren. Der Gerichtshof halte die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift wegen der aus ihr folgenden inhaltlichen Verweisung auf §40a des Pensionsgesetzes 1965 unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes für verfassungsrechtlich bedenklich und erachte es als ausreichend, diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe seines erstangeführten Erkenntnisses VfSlg. 11665/1988 Bezug zu nehmen.

4. Die Burgenländische Landesregierung sah von einer Äußerung ab.

5.1. Das Gesetzesprüfungsverfahren erweist sich - da sämtliche Prozeßvoraussetzungen vorliegen - als zulässig. Der Verfassungsgerichtshof bleibt insbesondere bei seiner Annahme über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Z1 des §2 Abs2 des Landesbeamtengesetzes 1985 (idF der 1. Novelle, LGBl. Nr. 2/1987).

5.2. Die unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes gegen diese Gesetzesstelle geäußerten Bedenken sind begründet. Der Verfassungsgerichtshof hält an der Rechtsauffassung, die er in seinem §40a des Pensionsgesetzes 1965 idF der Novelle BGBl. Nr. 426/1985 betreffenden Erkenntnis VfSlg. 11665/1988 eingehend dargelegt hat, weiterhin fest, welche er auch in seinen schon erwähnten gleichgelagerte Gesetzesprüfungsverfahren betreffende Erkenntnissen VfSlg. 11741/1988 und vom 26. September 1988, G 174/88, beibehielt (vgl. auch VfGH vom 15.3.1990, G10/90).

6. Da §40a des Pensionsgesetzes 1965 (idF der Novelle BGBl. Nr. 426/1985) als landesrechtliche Vorschrift zufolge §14 Z5 des Landesbeamtengesetzes 1985 idF der 3. Novelle (LGBl. Nr. 53/1988) ab 1. Juli 1988 nicht mehr anzuwenden ist, ist §2 Abs2 Z1 des Landesbeamtengesetzes 1985 seit diesem Zeitpunkt nicht mehr mit der festgestellten Verfassungswidrigkeit belastet. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich daher auf den Ausspruch zu beschränken, daß diese Gesetzesstelle bis zum Ablauf des 30. Juni 1988 verfassungswidrig war.

Die übrigen Aussprüche stützen sich auf Art140 Abs7 zweiter Satz sowie auf Art140 Abs5 erster und zweiter Satz B-VG.

Schlagworte

Dienstrecht, Ruhensbestimmungen, Verweisung Landes- auf Bundesrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G160.1990

Dokumentnummer

JFT_10098793_90G00160_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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