TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/3 93/18/0154

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Veröffentlicht am 03.06.1993
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §92 Abs2;
AVG §45 Abs2;
MeldeG 1991 §1;
MeldeG 1991 §6;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §27 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des I in M, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 29. September 1992, Zl. B-3311/92, betreffend Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein (der belangten Behörde) vom 29. September 1992 wurde der dem Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See am 27. April 1992 erteilte Sichtvermerk gemäß § 27 Abs. 1 des Paßgesetzes 1969 für ungültig erklärt, weil der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer am 11. April 1992 vor dem Standesamt Mittersill mit einer namentlich genannten österreichischen Staatsangehörigen die Ehe geschlossen habe, um zu einem Sichtvermerk und zu einem Befreiungsschein zu gelangen. Das Eingehen einer Ehe nur zu diesem Zweck stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar, der die Annahme rechtfertige, daß der Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung (§ 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969) gefährden würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 27 Abs. 1 Paßgesetz 1969 ist ein Sichtvermerk von der Behörde für ungültig zu erklären, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden.

Gemäß § 25 Abs. 3 lit. d Paßgesetz 1969 ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Der Beschwerdeführer hält die Begründung des angefochtenen Bescheides für mangelhaft, vermag aber in diesem Zusammenhang keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat nämlich in der Begründung ihres Bescheides deutlich zu erkennen gegeben, daß sie ihre Sachverhaltsfeststellungen auf die Erhebungen der Gendarmerieposten Mittersill, Söll und Laakirchen und die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers stütze, und die "leugnende Haltung" des Beschwerdeführers daran "nichts zu ändern" vermöge. Im Hinblick darauf, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers die näheren Umstände, wie es zur Eheschließung gekommen ist, vor dem Gendarmerieposten Laakirchen ausführlich beschrieben und diese Darstellung vor der belangten Behörde am 29. September 1992 bestätigt hat, der Beschwerdeführer sich hingegen auf eine allgemeine Bestreitung der Richtigkeit beschränkt hat, war es nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde den Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers Glauben geschenkt hat, zumal auch die Umstände der Eheschließung und der getrennte Wohnsitz danach für die Richtigkeit der Darstellung der Ehefrau sprechen. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer und seine (spätere) Ehefrau am 12. März 1992 an einer bestimmten Adresse in Mittersill gemeldet waren, spricht - abgesehen davon, daß eine polizeiliche Meldung keinen Beweis betreffend den tatsächlichen Aufenthalt liefert - nicht für den Standpunkt des Beschwerdeführers, war doch nach dem Inhalt des im Akt befindlichen Meldezettels jener türkische Staatsangehörige Unterkunftgeber des Beschwerdeführers, der damals Dienstgeber der Ehefrau des Beschwerdeführers war und diese zur Eheschließung mit diesem überredet hat. Auch die Tatsache, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde nicht als Zeugin vernommen wurde, hat nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zur Folge, zumal die belangte Behörde im Hinblick auf den aus § 46 AVG sich ergebenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel die niederschriftlichen Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers zu berücksichtigen hatte, auch wenn sie nicht als Zeugin im Sinne der § 48 ff AVG vernommen wurde.

Der Beschwerdeführer macht zwar zutreffend darauf aufmerksam, daß sich im Akt eine unvollständige Niederschrift über die Vernehmung einer Person befindet, die die Unterfertigung der Niederschrift verweigert und die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers im wesentlichen bestätigt hat, doch ist dies deshalb für die Entscheidung nicht von Bedeutung, weil sich die belangte Behörde auf diese Aussage nicht gestützt hat.

Richtig ist, daß eine Ehe nicht gemeinsames Wohnen voraussetzt, doch spricht die Tatsache, daß der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nicht gemeinsam gewohnt habe, für die Richtigkeit der Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers. Die vom Beschwerdeführer laut Bericht des Gendarmeriepostens Söll vom 14. September 1992 aufgestellte Behauptung, er treffe seine Frau an den Wochenenden in Mittersill, wird durch die Angaben der Ehefrau vom 29. September 1992, sie habe "mit ihm bis heute noch nie zusammengelebt bzw. geschlechtlich verkehrt", widerlegt.

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, das Ermittlungsverfahren sei ergänzungsbedürftig, doch ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen, welche konkreten Ermittlungen die Behörde seiner Auffassung nach hätte durchführen müssen. Er hat mit seinen Ausführungen daher keinen relevanten Verfahrensmangel aufgezeigt. Das gleiche gilt für sein Vorbringen, die Ermittlungsergebnisse hätten ihm zur Kenntnis gebracht werden müssen und ihm wäre Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben gewesen. Diese Ausführungen lassen nämlich nicht erkennen, welche Behauptungen er erhoben und welche konkreten Beweisanträge er gestellt hätte, wenn ihm Parteiengehör gewährt worden wäre.

Gegen die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch die belangte Behörde bringt der Beschwerdeführer nichts vor. Sie entspricht auch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in dieser Frage (siehe u.a. die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0096, vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0151 und vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0159), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180154.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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