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32/06 Verkehrsteuern;Norm
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der H-GmbH in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. März 1992, GZ. GA 11-1570/90, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In ihrer Abgabenerklärung vom 23. Juni 1981 zeigte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (im folgenden: Finanzamt) an, daß sie am 17. Juni 1981 die Liegenschaft EZ 1221, KG X von einer gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgesellschaft mbH erworben habe. Sie begehrte Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a und § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 (in der Folge: GrEStG). Mit Kaufverträgen je vom 26. Mai 1983 verkaufte die Beschwerdeführerin die Liegenschaft an A.H. M. und A.R. M., welche Erwerber für dieses Rechtsgeschäft Grunderwerbsteuerbefreiung wegen § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. a GrEStG beantragten. Den in den Bemessungsakten erliegenden Kaufverträgen ist zu entnehmen, daß die Käufer die Liegenschaftsanteile zum Zwecke der Errichtung von Wohnungen in der Rechtsform des Wohnungseigentums erwarben.
Eine Überprüfung des Finanzamtes am 31. März 1989 ergab, daß die Beschwerdeführerin bei der Baubehörde aus Mai 1981 stammende Pläne eingereicht hatte, wonach die Errichtung eines eingeschoßigen unterkellerten Wohnhauses mit ausgebautem Dachgeschoß, vier Wohnungen enthaltend, geplant war. Zwei Wohnungen sollten eine Wohnfläche von je 202,68 m2 und zwei Wohnungen eine solche von je 122,59 m2 haben. Mit Bescheid vom 1. Dezember 1981 habe die Baubehörde das beantragte Vorhaben bewilligt.
Mit Bescheid vom 4. Mai 1990 setzte das Finanzamt gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG die Grunderwerbsteuer in der Höhe von 8 % der Bemessungsgrundlage hinsichtlich des Kaufvertrages vom 17. Juni 1981 fest.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, sie hätte am 26. Mai 1983 zum Zweck der Schaffung von Wohnungseigentum verkauft und es sei auch innerhalb der acht Jahre Wohnungseigentum begründet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie stellte fest, daß die Beschwerdeführerin die Grundstücke weiterveräußerte, die Erwerber aber nicht die Absicht hätten, Arbeiterwohnstätten zu errichten. Auf § 4 Abs. 1 Z. 3 GrEStG könne sich die Beschwerdeführerin nicht berufen, weil diese Bestimmung nur den Erwerb VON einer Vereinigung zur Schaffung von Wohnungseigentum, nicht aber den vorausgehenden Erwerb DURCH eine solche Vereinigung begünstige.
Weiters begründete die belangte Behörde die Abweisung der Berufung damit, daß die Beschwerdeführerin den begünstigten Zweck des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG aufgegeben habe, weil sie die Errichtung eines Hauses geplant hätte, dessen überwiegender Teil der Nutzfläche (zweimal je 202,68 m2 von 650,54 m2) nicht für Arbeiterwohnstätten verwendet werden sollte. Daß der Erwerb nicht gemäß § 4 (1) Z 2a GrEStG befreit sei, weil die Beschwerdeführer keine Arbeiterwohnstätten errichtet hätte, stehe außer Streit.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten
und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 sind auf vor dem 1. Juli 1987 verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen. Gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG unterliegen die im Abs. 1 Z. 1 bis 4 und Z. 7 bezeichneten Erwerbsvorgänge der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die besondere Ausnahme von der Besteuerung aufgrund des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG schon dann nicht mehr anwendbar, wenn durch die Einreichung der Baupläne manifestiert wird, keine Arbeiterwohnstätte zu errichten. Daran vermag auch eine Aufgabe des befreiungsschädlichen Bauvorhabens nichts zu ändern. Denn die Absicht, auf einem Grundstück eine Arbeiterwohnstätte zu errichten oder nicht, ist ein Willensentschluß, der dann zu einer steuerlich erheblichen Tatsache wird, wenn er durch seine Manifestation in die Außenwelt tritt (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1992, Zl. 92/16/0058 m.w.N.). Es entspricht weiters der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine Arbeiterwohnstätte im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG eine Nutzfläche von 130 m2 nicht übersteigen darf. Ob ein Grundstückserwerb der Errichtung von Arbeiterwohnstätten im Sinne des Gesetzes dient, hängt bei einem Mehrwohnungshaus u.a. auch davon ab, ob auf dem betreffenden Grundstück entweder zur Gänze oder doch zum überwiegenden Teil Arbeiterwohnstätten errichtet werden. Der Erwerbsvorgang kann nicht in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil aufgespalten werden (siehe das schon genannte Erkenntnis vom 17. Dezember 1992).
Schon durch die Einreichung der Baupläne, die zur Baubewilligung vom 1. Dezember 1981 führten, tat die Beschwerdeführerin die Absicht kund, zu rund zwei Drittel der Wohnnutzfläche KEINE Arbeiterwohnstätten zu errichten, sodaß schon damals der begünstigte Zweck aufgegeben wurde. Die Verjährung wurde - unter der Annahme, der Erwerbsvorgang wäre ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt worden (§ 208 Abs. 2 insbesondere zweiter Halbsatz des ersten Satzes BAO) - jedenfalls durch die aus dem abgabenbehördlichen Akt ersichtlichen Anfragen des Finanzamtes vom 26. November 1982 und vom 22. Mai 1987 unterbrochen.
Damit setzte die Abgabenbehörde zutreffend Grunderwerbsteuer fest; ein Eingehen auf das Geschehen, das der Aufgabe des begünstigten Zweckes, die den Wegfall der besonderen Ausnahme von der Besteuerung bewirkte, nachfolgte, erübrigt sich.
Die Beschwerde erweist sich zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992160073.X00Im RIS seit
20.11.2000