Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ASVG §502 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des S in Canada, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Februar 1990, Zl. MA 14-Sch 16/89, betreffend Begünstigung nach den §§ 500 ff ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1930 geborene Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 16. März 1988 die begünstigte Anrechnung der Emigrationszeit gemäß § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG.
Mit Bescheid vom 22. September 1988 lehnte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt die Begünstigung für die Zeit vom 4. März 1933 bis 31. März 1959 gemäß §§ 500 ff ASVG in der Pensionsversicherung der Angestellten ab. Nach der Begründung habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß beim Beschwerdeführer seit dem 1. Juli 1927 bis zur Emigration weder Beitragszeiten noch Ersatzzeiten vorlägen. Außerdem lägen weder vor dem 1. Juli 1927 noch nach der Auswanderung Beitragszeiten oder Ersatzzeiten vor. Der Beschwerdeführer habe zwar am 12. März 1938 seinen Wohnsitz in Österreich gehabt, sei aber zu diesem Zeitpunkt jünger als 14 Jahre gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, mit dem er die Ablehnung der Begünstigung für die Zeit der Emigration vom 8. Mai 1945 bis 31. März 1959 bekämpfte. Der Beschwerdeführer habe im Jahre 1957 fünf Monate als Mechaniker bei den X-Werken, Tirol, gearbeitet (Beitragszeit gemäß § 225 ASVG). Aufgrund dieser Versicherungszeiten bestehe daher ein Anspruch auf Anrechnung der Emigrationszeit als Ersatzzeit gemäß § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG.
Mit Schreiben vom 5. September 1989 teilte der Beschwerdeführer mit, daß seine Arbeitsstätte in Wien gelegen gewesen sei.
Auf eine entsprechende Anfrage der belangten Behörde gab die Wiener Gebietskrankenkasse mit Schriftsatz vom 28. September 1989 bekannt, daß der Beschwerdeführer vom 17. März 1958 bis 9. Mai 1958 durch den Dienstgeber T in Wien zur Versicherung gemeldet gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt unter Berufung auf § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG bestätigt. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer in der Zeit nach seiner aus Gründen der Abstammung verursachten Auswanderung lediglich Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung der Arbeiter in der Zeit vom 17. März 1958 bis 9. Mai 1958 beim Dienstgeber T zurückgelegt. Damit falle eine allfällige begünstigte Anrechnung von Versicherungszeiten im Sinne der Bestimmungen des § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG jedoch nicht in die Zuständigkeit der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten. Ob der Beschwerdeführer begünstigte Zeiten in der Pensionsversicherung der Arbeiter aufzuweisen habe, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dem Beschwerdeführer bleibe es unbenommen, bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter einen Antrag auf begünstigte Anrechnung von Versicherungszeiten einzubringen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Unzuständigkeit der belangten Behörde erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG lautet:
"Zeiten der Auswanderung gemäß Abs. 4 bis 31. März 1959 gelten ab Vollendung des 15. Lebensjahres der in Betracht kommenden Person als Ersatzzeiten, wenn ihnen eine Beitrags- oder Ersatzzeit vorangeht oder nachfolgt, und zwar in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die letzte vorangegangene Beitrags- oder Ersatzzeit vorliegt, bzw. beim Fehlen einer solchen im dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitrags- oder Ersatzzeit vorliegt."
§ 502 Abs. 6 in der Fassung der 44. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 609/1987, hat folgenden Inhalt:
"Abs. 1 und 4 gelten auch für Personen, die vor der Haft, Strafe, Anhaltung, Arbeitslosigkeit, Ausbürgerung oder Auswanderung aus Gründen, auf die der (die) Betreffende keinen Einfluß hatte, keine Beitragszeiten gemäß § 226 oder Ersatzzeiten gemäß §§ 228 und 229 zurückgelegt haben, sofern der (die) Betreffende am 12. März 1938 seinen (ihren) Wohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hatte und, in den Fällen des Abs. 4, zu diesem Zeitpunkt älter als 14 Jahre war. Eine solche Nachentrichtung, soweit sie für die Zeiten der Auswanderung erfolgt, ist unbeschadet des Abs. 1 letzter Satz frühestens für Zeiten nach der Vollendung des 15. Lebensjahres der in Betracht kommenden Person zulässig."
§ 502 Abs. 6 in der Fassung der am 1. Jänner 1990 in Kraft getretenen 48. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 642/89, lautet:
"Abs. 1 und 4 gelten auch für Personen, die vor der Haft, Strafe, Anhaltung, Arbeitslosigkeit, Ausbürgerung oder Auswanderung aus Gründen, auf die der (die) Betreffende keinen Einfluß hatte, keine Beitragszeiten gemäß § 226 oder Ersatzzeiten gemäß den §§ 228 und 229 zurückgelegt haben, sofern der (die) Betreffende am 12. März 1938 seinen (ihren) Wohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hatte und, in den Fällen des Abs. 4, in der Zeit vom 12. März 1938 bis 9. Mai 1945 das 15. Lebensjahr vollendet hat."
Der am 7. Mai 1930 geborene Beschwerdeführer hat noch unter der Geltung der 44. ASVG-Novelle einen Antrag auf begünstigte Anrechnung seiner Emigrationszeit gemäß § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG gestellt. Damit hat er diesbezüglich einen Anspruch auf Feststellung der Begünstigung in der Fassung der 44. Novelle erworben (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juni 1992, Zl. 90/08/0229). Während der Beschwerdeführer zwar nach § 502 Abs. 6 in der Fassung der 44. Novelle keinen Anspruch auf Begünstigung hatte, besteht ein solcher jedoch möglicherweise nach § 502 Abs. 6 in der Fassung der 48. Novelle. Daher war § 502 Abs. 6 - im Gegensatz zu der dem genannten Erkenntnis vom 9. Juni 1992 zugrunde liegenden Fallkonstruktion - in bezug auf einen Anspruch nach dieser Gesetzesstelle in der Fassung der 48. Novelle zur Anwendung zu bringen.
Da die belangte Behörde dies unterließ, belastete sie schon deshalb ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Im fortzusetzenden Verfahren wird dabei aufgrund des Versicherungsverlaufes des Beschwerdeführers auch die Frage zu klären sein, welcher Pensionsversicherungsträger zur Durchführung der Begünstigung zuständig ist, wobei allenfalls im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1982, Zl. 81/08/0196 vorzugehen sein wird.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990080062.X00Im RIS seit
11.07.2001