Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt, W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 28. Jänner 1992, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Pensionsvorschuß nach § 23 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Juni 1979 sprach die Wiener Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer ab 20. Jänner 1975 zu J in keinem die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG 1958 begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe und die darauf bezughabende Anmeldung vom 20. Jänner 1975 abgelehnt werde. Nach einem nahezu zehn Jahre dauernden Verfahren wurde nach zweimaliger erfolgreicher Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes mit Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 10 .März 1989 festgestellt, daß für den Beschwerdeführer ab 20. Jänner 1975 bis 31. Jänner 1984 Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG bestanden habe.
Am 12. April 1989 beantragte der Beschwerdeführer beim zuständigen Arbeitsamt die Zuerkennung eines Pensionsvorschusses nach § 23 AlVG. Nach einer von ihm vorgelegten Arbeitsbescheinigung stand er in der Zeit vom 20. Jänner 1975 bis 31. Dezember 1980 in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu J. Durch Vorlage eines Schreibens der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 6. April 1989 wies er die Antragstellung auf Gewährung einer Invaliditätspension nach.
Mit Bescheid vom 28. Juli 1989 gab das Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) dem Antrag des Beschwerdeführers auf Pensionsvorschuß gemäß § 23 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit den §§ 7 Z. 2 und 14 Abs. 2 AlVG mangels Anwartschaft keine Folge. Nach der Bescheidbegründung habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß dem Beschwerdeführer noch 140 Tage arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung fehlten.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, es sei ihm nach dem "gesetzwidrigen Ausschluß der Wiener Gebietskrankenkasse" überall erklärt worden, er müsse das Verfahren abwarten. Damals im Jahre 1980 sei ihm "krankheitsbedingt durch eine falsch gemachte Metallzahnprothese das linke Oberkiefer samt Gaumenplatte zertrümmert" worden. Die Folge sei ein Nasen-Kieferhöhlentumor gewesen. Nach zwanzig Operationen sei er "krankheitsbedingt arbeitsunfähig" gewesen.
Zur Aufforderung der belangten Behörde, Unterlagen, Befunde etc. über seine Krankheit bzw. Operationen vorzulegen, erklärte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Vernehmung vom 31. August 1989, diese Unterlagen befänden sich bei seinem Anwalt. Er werde versuchen, die Unterlagen bis spätestens 18. September 1989 dem Landesarbeitsamt Wien zu übermitteln. Sollte ihm dies bis dahin nicht gelingen, ersuche er um amtswegige Einholung der Belege. Im Anschluß daran finden sich im Akt Fotokopien diverser Schriftstücke aus den Jahren 1975 bis 1981 betreffend eine zahnärztliche Behandlung des Beschwerdeführers sowie zahnchirurgische Eingriffe.
Mit dem aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 7. November 1989 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, aufgrund derer - nach Aufhebung des § 56 Abs. 3 AlVG auch aus Anlaß dieses Verfahrens mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 1991, Zl. G 295/90 und Folgezahlen - der Bescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0019, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben wurde.
In der Zwischenzeit hatte der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Bescheid vom 5. Dezember 1989 dem Antrag der Wiener Gebietskrankenkasse auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesminister für Arbeit und Soziales vom 10. März 1989 abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers gemäß § 69 AVG Folge gegeben und den genannten Bescheid dahingehend abgeändert, daß das Bestehen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG während der Zeit vom 20. Jänner 1975 bis 31. Dezember 1980 festgestellt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste (Wien) vom 28. Juli 1989 keine Folge und bestätigte diesen Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und auszugsweiser Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens ausgeführt, es sei laut Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 10. März 1989 festgestellt worden, daß für die Zeit vom 20. Jänner 1975 bis 31. Jänner 1984 ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit Josefine Führing bestanden habe. Vom Februar 1984 bis zur Geltendmachung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld als Pensionsvorschuß am 12. April 1989 sei keine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung mehr vorgelegen. Die vom Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens erbrachten Unterlagen über seine Krankheit hätten nicht zur Rahmenfristerstreckung gemäß § 15 Abs. 1 AlVG herangezogen werden können, weil diese Unterlagen aus der Zeit vor 1984 - also noch aus einer Zeit während seines Dienstverhältnisses - stammten. Innerhalb der sogenannten Rahmenfrist gemäß § 14 Abs. 2 AlVG (im Falle des Beschwerdeführers vom 12. April 1988 bis 12. April 1989) hätten weder in § 15 Abs. 1 AlVG angeführte Zeiträume, welche die Rahmenfrist gemäß § 14 Abs. 2 AlVG verlängerten, nachgewiesen werden können noch sei eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung von insgesamt zwanzig Wochen vorgelegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich strittig, ob der Beschwerdeführer die gemäß § 23 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 7 Abs. 1 Z. 2 und 14 Abs. 2 AlVG auch für eine Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung (Pensionsvorschuß) erforderliche Anwartschaft unter Bedachtnahme auf den rahmenfristverlängernden Tatbestand des § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. k AlVG erfüllt hat.
Nach § 14 Abs. 2 AlVG ist bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 20 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt. § 14 Abs. 4 AlVG zählt Zeiten auf, die auf die Anwartschaft anzurechnen sind. Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. k AlVG verlängern sich die Rahmenfristen nach § 14 Abs. 1 bis 3 um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Inland nach Erschöpfung des Anspruches auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung nachweislich arbeitsunfähig gewesen ist.
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß er in den letzten 12 Monaten vor der Geltendmachung seines Anspruches auf Pensionsvorschuß, also in der Zeit vom 12. April 1988 bis 12. April 1989, weder arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war noch Zeiten im Sinne des § 14 Abs. 4 AlVG zurückgelegt hat und er daher, ohne Bedachtnahme auf den rahmenfristverlängernden Tatbestand des § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. k AlVG, die Anwartschaft für den von ihm beanspruchten Pensionsvorschuß nicht erfüllt hat. Er behauptet aber, daß in diese Frist der eben angesprochene rahmenfristverlängernde Tatbestand hineingereicht hat und daher die Rahmenfrist um den diesem Tatbestand entsprechenden Zeitraum verlängert und demgemäß ihr Beginn so vorverlegt wurde, daß in den 51 Monaten vor dem danach anzusetzenden Beginn der Rahmenfrist eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 20 Wochen lag und demgemäß die Anwartschaft nach § 14 Abs. 2 AlVG erfüllt war (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer Verlängerung der Rahmenfrist durch die Tatbestände des § 15 AlVG und zur Art ihrer Berücksichtigung unter anderem die Erkenntnisse vom 26. Mai 1986, Zl. 85/08/0206, und vom 12. Februar 1988, Zl. 87/08/0036). Obwohl der Beschwerdeführer alles in seiner Macht Stehende getan habe, um den Nachweis der (seit 1980 bestehenden) Arbeitsunfähigkeit zu erbringen, habe die belangte Behörde jeden Versuch unterlassen, ihrer Pflicht zur diesbezüglichen amtswegigen Erforschung nachzukommen. Ihre Ansicht, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden könnten deshalb nicht zur Rahmenfristerstreckung herangezogen werden, weil sie aus der Zeit vor 1984, einer Zeit also, in der der Beschwerdeführer noch arbeitslosversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, stammten, beruhe auf der den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 5. Dezember 1989 außer acht lassenden aktenwidrigen Annahme eines
arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bis 31. Jänner 1984. Unabhängig davon habe es der Beschwerdeführer auch nicht an Zusammenarbeit missen lassen. Er habe entsprechend dem behördlichen Auftrag alle ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorgelegt. Weitere Unterlagen seien ihm nicht zugänglich gewesen, weil er mangels finanzieller Mittel und der ihm entzogenen Krankenversicherung keine weiteren Untersuchungen oder Behandlungen an sich habe vornehmen lassen können. Die belangte Behörde wäre daher, schon aufgrund der vorgelegten Dokumente aus dem Jahre 1981, zur amtswegigen Prüfung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers verpflichtet gewesen, mache doch auch eine nicht fachkundige Betrachtung des aus den Dokumenten hervorgehenden Krankheitsbildes (Verbindungskanal zwischen Rachen und Nasenhöhle nach Trepanation des Kieferknochens mit fortwährendem Eiteraustritt sowie Entzündungen allein infolge von Nahrungsaufnahme) eine Arbeitsunfähigkeit sehr wahrscheinlich. Überdies dränge sich der genannte Rahmenfristverlängerungstatbestand auch schon bei einem einfachen Gespräch mit dem Beschwerdeführer auf. Die seit den ungefähr zwanzig Operationen in der Zeit von 1977 bis 1980 bestehende ununterbrochene Verbindung zwischen der Kiefer- und Nasenhöhle sei nämlich mit freiem Auge bei offenem Mund des Beschwerdeführers zu erkennen. Die im Akt befindlichen Niederschriften belegten, daß Behördenvertreter mehrmals Kontakt mit ihm gehabt hätten. Daher hätte die belangte Behörde auch auf der Grundlage des tatsächlich durchgeführten Verfahrens prinzipiell zu einer anderen Entscheidung gelangen müssen. Allfällige Zweifel hätte sie nur hinsichtlich des genauen Zeitpunktes der Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers haben können.
Die belangte Behörde bestreitet in der Gegenschrift den Vorwurf der Aktenwidrigkeit nicht, verweist aber darauf, daß die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen zu Zeitpunkten ausgestellt worden seien, in denen er nachweislich noch arbeitsfähig gewesen sei, nämlich vor der Beendigung seines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses am 31. Dezember 1980. Schon aus diesem Grund lasse sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht erkennen. Überdies habe eine allfällige Arbeitsunfähigkeit nicht der Amtsarzt der belangten Behörde, sondern aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter diese zu bestimmen.
Diese Einwände sind nicht geeignet, die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers als unbegründet erscheinen zu lassen.
§ 15 Abs. 1 Z. 1 lit. k AlVG spricht zwar von einer nachweislichen Arbeitsunfähigkeit. Selbst wenn dies aber so zu verstehen sein sollte, daß der Arbeitslose seine Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen habe, wäre dadurch im Hinblick darauf, daß nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG auch im behördlichen Verfahren der Arbeitsämter und der Landesarbeitsämter das AVG und damit auch der in § 39 Abs. 2 dieses Gesetzes normierte Verfahrensgrundsatz der amtswegigen Beischaffung des entscheidungsrelevanten Prozeßstoffes (Untersuchungsgrundsatz) gilt, keine formelle Beweislast des Inhaltes statuiert, daß die Unterlassung eines "Nachweises" durch den Arbeitslosen ohne weiteres die Annahme des Nichtvorliegens dieses rahmenfristverlängernden Tatbestandes rechtfertigte. Vielmehr obläge es (beim genannten Verständnis dieser Norm) der Behörde, innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes - freilich unter Mitwirkung des Arbeitslosen - ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nachzukommen. Die Wahrnehmung dieser Verpflichtung durch die Behörde setzt freilich in jedem Fall (also auch dann, wenn man diese Norm nicht im Sinne einer Nachweispflicht des Arbeitslosen versteht) voraus, daß der Arbeitslose - allenfalls nach entsprechender Aufforderung durch die Behörde - solche detaillierten Behauptungen über seine zu klärende Arbeitsunfähigkeit im maßgeblichen Zeitraum aufstellt, die es der Behörde ermöglichen, zunächst deren rechtliche Relevanz und bei Bejahung deren Richtigkeit zu prüfen (vgl. zu der ausdrücklich eine Nachweispflicht statuierenden Norm des § 46 Abs. 4 AlVG die Erkenntnisse vom 20. Juni 1985, Zl. 84/08/0099, und vom 10. März 1992, Zl. 92/08/0023).
Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze hätte die belangte Behörde, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, aufgrund seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren und der von ihm vorgelegten Unterlagen (allenfalls nach Aufforderung an den rechtsunkundigen und unvertretenen Beschwerdeführer zu näheren Darlegungen über klärungsbedürftige Umstände) von Amts wegen, insbesondere durch Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige im Sinne des § 52 AVG (vgl. zu den Anforderungen an Sachverständigengutachten unter anderem die Erkenntnisse vom 22. Dezember 1982, Slg. Nr. 10.939/A, vom 20. September 1984, Zl. 82/08/0196, und vom 18. April 1989, Zl. 88/08/0020), die behauptete Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers im relevanten Zeitraum zu klären gehabt, um darauf gestützt die entscheidende Frage des Vorliegens eines rahmenfristverlängernden Tatbestandes nach § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. k AlVG beurteilen zu können.
Von dieser Verpflichtung wurde sie durch die in der Gegenschrift vorgebrachten, oben wiedergegebenen Einwände nicht enthoben. Denn abgesehen davon, daß sich unter den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen auch eine erst im Jahre 1981 ausgestellte befindet, ist der dem erstgenannten Argument der belangten Behörde zugrundeliegende Schluß, ein Dienstnehmer könne nicht zugleich in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen und arbeitsunfähig im Sinne des § 8 AlVG sein, in dieser allgemeinen Form unzutreffend, ist doch der Eintritt einer solchen Arbeitsunfähigkeit in rechtlicher Hinsicht weder gleichbedeutend mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nach § 11 ASVG noch in jedem Fall für die Beteiligten des Beschäftigungsverhältnisses in einer solchen Weise erkennbar, daß deshalb unverzüglich das Beschäftigungsverhältnis beendet wird; die dauernde Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 8 AlVG kann sich ja zunächst in einer vorübergehenden im Sinne einer Krankheit zeigen. Aber selbst wenn die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen für das Beweisthema nicht aussagekräftig gewesen sein sollten, wäre die belangte Behörde nach den obigen rechtlichen Darlegungen zur amtswegigen Klärung der behaupteten Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers verpflichtet gewesen.
Unzutreffend ist auch der zweitgenannte Einwand der belangten Behörde: Gegenstand des bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter eingeleiteten Verfahrens auf Zuerkennung einer Invaliditätspension ist nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Arbeitsunfähigkeit seit dem Jahre 1980, sondern jene ab seiner Antragstellung auf diese Leistung der Pensionsversicherung. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde wäre aber auch dann rechtsirrig, wenn der Beschwerdeführer bereits früher einen Pensionsantrag gestellt, die Pensionsversicherungsanstalt aber seine Arbeitsunfähigkeit mangels Vorliegens anderer Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Pension (z. B. der erforderlichen Vorversicherungszeiten) gar nicht geprüft hätte. In diesem Zusammenhang ist ganz allgemein zu bemerken, daß nicht deshalb, weil der Beschwerdeführer sowohl den Antrag auf Penionsvorschuß als auch (nach der Aktenlage) den Antrag auf Invaliditätspension erst nach Abschluß des nahezu zehn Jahre währenden Versicherungspflichtverfahrens, dessen Dauer nicht ihm zuzurechnen ist, gestellt hat und daher die Klärung des Tatbestandsmomentes der Arbeitsunfähigkeit mit tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden sein kann, die Anforderungen an die amtswegige Ermittlungspflicht der belangten Behörde vermindert wären. Sie hat dennoch, freilich innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes unter Mitwirkung des Beschwerdeführers, ihrer Verpflichtung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes nachzukommen.
Da die belangte Behörde demnach Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei derem Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Das Kostenmehrbegehren auf Ersatz der Stempelgebühren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß der Beschwerdeführer im Rahmen der ihm gewährten Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Stempelgebühren einstweilig befreit wurde.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastSachverständiger ArztSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080212.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
04.08.2011