TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/14 91/10/0136

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Veröffentlicht am 14.06.1993
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG OÖ 1982 §5 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §6 Abs1 lita;
NatSchG OÖ 1982 §6 Abs2;
ROG OÖ 1972 §2 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der Firma B und Co KG in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. April 1991, Zl. N-100502/3-I/Ko-1991, betreffend Feststellung nach § 6 des oÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1991 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Feststellung, daß durch die beabsichtigte Errichtung einer Schotterdeponie auf den Grundstücken nn1, nn2, nn3, nn4 und nn5, alle im 200 m Uferschutzbereich der Donau solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt würden, abgewiesen. In der Begründung wird ausgeführt, das geplante Vorhaben - Errichtung einer Schotterdeponie auf einer Fläche von ca. 2 ha, bei einer Kubatur bis zu 150.000 m3 und einer Höhe von maximal 10 m - stelle einen Eingriff in das Landschaftsbild im geschützten Uferbereich der Donau dar. Das Ausmaß der Veränderung des Landschaftsbildes durch das beabsichtigte Vorhaben ergäbe sich einerseits aus der vom Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz durchgeführten Analyse des Landschaftsbildes vor der Realisierung des Projektes und andererseits der Beurteilung der geplanten Maßnahme in bezug auf die naturräumlichen Gegebenheiten. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß der gegenständliche Donauuferabschnitt durch die Wasserfläche mit dem rechtsufrig vorhandenen standortgerechten Ufergehölz, den daran anschließend landwirtschaftlich genutzten Verebnungsbereich und die beiderseits des Stromes bewaldeten Hangbereiche, die bis zu einer Höhe von 200 bis 300 m über dem Waldboden zu liegen kämen, geprägt werde. Die genannten Landschaftselemente verliehen diesem Flußuferbereich ihre besondere Eigenart und würden als in hohem Maße schützens- und erhaltenswert gelten. Das Landschaftsbild der mittelbaren Umgebung sei aufgrund der naturräumlichen Ausstattung sowie der nur begrenzt bestehenden anthropogenen Eingriffe (Straßen und Wohngebäude) als Natur- bzw. Kulturlandschaft mit relativ intaktem Landschaftsbild einzustufen. Wenn die beabsichtigte Schotterdeponie bereits für sich als Eingriff in das Landschaftsbild zu werten sei, so ergebe sich der Umfang der Auswirkungen dieses Eingriffes auf den Landschaftsraum im wesentlichen durch die Einsehbarkeit von mehreren Standorten aus. Einerseits könne die geplante Maßnahme vom linksufrig begleitenden Weg wie auch von der nach Hofkirchen führenden Straße aus sowie von dem gegenüberliegenden Hangbereich eingesehen werden. Auch vom rechtsufrigen Bereich (Bundesstraße) bestünden, wenn auch in eingeschränktem Maße, Sichtbeziehungen. Wie einem schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz zu entnehmen sei, würde eine Realisierung des Vorhabens in diesem relativ intakten Uferabschnitt jedenfalls eine optische Veränderung des Landschaftsbildes hervorrufen, wobei die Eingriffswirkung im Installieren eines Fremdkörpers in der vorgegebenen Morphologie dieser Landschaft bestehe. Den Ausführungen des Gutachters sei beizupflichten, daß ein Eingriff wie der gegenständliche in die charakteristische und somit erhaltenswerte Donauuferlandschaft sowie aufgrund der bestehenden Sichtbeziehungen zum in Aussicht genommenen Standort jedenfalls als maßgeblich bezeichnet werden könne. Wenn die Schutzwürdigkeit der gegenständlichen Natur- und Kulturlandschaft bereits aus der gegebenen Landschaftsbildbeschreibung erkennbar sei, so werde diese darüber hinaus durch das Raumordnungskonzept "Die Tallandschaft der Donau zwischen Passau und Aschach, Raumordnungskonzept unter besonderer Berücksichtigung der Faktoren Landschaft und Erholung", in welchem das Donautal als besonders wertvoller Lebens- und Erholungsraum bezeichnet werde, bestätigt. Daraus ergebe sich letzlich auch das hervorragende öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes in diesem Bereich.

In der von der belangten Behörde durchzuführenden Interessenabwägung seien in diesem als besonders hochwertig anzusehenden Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes alle anderen Interessen an der Durchführung des Vorhabens gegenüberzustellen. Neben dem augenscheinlich privaten bzw. betriebswirtschaftlichen Interesse der beschwerdeführenden Partei hätten dabei insbesondere die vorgebrachten öffentlichen Interessen Berücksichtigung zu finden:

a) Volkswirtschaftliches Interesse:

Dem diesbezüglichen Vorbringen in der Berufung sei entgegenzuhalten, daß eine Schotterbaggerung seitens der Wasserstraßendirektion in diesem Bereich nicht vorgenommen werde, zumal solche Baggerungen nur zur Freihaltung der Schiffahrtsrinne sowie zur notwendigen Verbesserung des Hochwasserabflusses durchgeführt würden, nicht jedoch zur ausschließlichen Schottergewinnung. Zur Freihaltung der Schiffahrtsrinne bedürfe es aber in absehbarer Zeit keiner Schotterbaggerung.

Auch das Argument, das geplante Projekt erspare teure und umweltbelastende Transporte, erscheine nicht stichhältig, zumal der aus der Donau stammende Schotter von der geplanten Deponie ebenfalls mittels LKW antransportiert werden müßte, wobei es in diesem sensiblen Uferbereich zu zusätzlichen Belastungen käme.

Die mit dem Betrieb der Deponie verbundenen und von der beschwerdeführenden Partei abzuführenden Steuern, Abgaben und Gebühren stellten dabei vordergründig einen Einnahmenausfall im Gemeindebudget dar. Allerdings bilde der Radfahr- und Wandertourismus auf dem Donauuferweg, der letztlich aufgrund der einzigartigen Schönheit der Donaulandschaft in den vergangenen Jahren außergewöhnlich zugenommen habe, eine nicht unwesentliche Einnahmequelle im Gemeindehaushalt. Es könne nicht im Interesse einer Gemeinde gelegen sein, zu Lasten eines Landschaftsraumes, der ihr Einnahmen aus dem Fremdenverkehr sichere, Nützen aus einer landschaftsbeeinträchtigenden Maßnahme zu ziehen.

Wenn die beschwerdeführende Partei ausführe, daß im Falle der Nichtdurchführung der Schotterentnahme mit vermehrtem Auftreten von Hochwässern zu rechnen sei, welche erhebliche volkswirtschaftliche Schäden verursachten, so werde dies durch die Auskunft der Wasserstraßendirektion widerlegt, in der festgestellt worden sei, daß eine Schotterentnahme lediglich zu einer geringfügigen Verbesserung der Hochwassersituation führe. Zusammenfassend sei daher das volkswirtschaftliche Interesse an der Verwirklichung des Projektes aus den dargelegten Gründen als eher von untergeordneter Bedeutung anzusehen.

b) Öffentliches Interesse an der Donauschiffahrt und am Umweltschutz:

Die Notwendigkeit der Schotterbaggerung zur Freihaltung der Schiffahrtsrinne im verfahrensgegenständlichen Bereich sei bereits anläßlich der Verhandlung vor der Bezirkshauptmannschaft am 8. Mai 1990 relativiert bzw. verneint worden. Im Rahmen des Berufungsverfahrens habe die Wasserstraßendirektion in ihrem Schreiben vom 20. August 1990 festgestellt, daß ausreichend Fahrwassertiefen vorhanden und daher aus schiffahrtstechnischen Gründen keine Baggermaßnahmen erforderlich seien. Der Verweis auf durch Untiefen möglicherweise verursachte Tankerunfälle und die damit im Zusammenhang stehende Verunreinigung durch Mineralöl und andere gefährliche Stoffe gehe daher ins Leere. In ihrer Stellungnahme beurteile die Wasserstraßendirektion die geplante Schotterentnahme aus der Donau als Sohlebaggerung zum ausschließlichen Zwecke der Schottergewinnung. Auch wenn die beschwerdeführende Partei meine, eine Schotterbaggerung aus der Donau und anschließende Deponierung sei einem Abbau vorzuziehen, sei dem entgegenzuhalten, daß zwar Schottergruben oder Steinbrüche in gleicher Weise wie die geplante Deponie eine Beeinträchtigung des Umgebungsbereiches darstellten, nach Abbauende aber ebenfalls einer Rekultivierung zugeführt würden, sodaß einer Schotterentnahme aus der Donau mit Deponierung des Materials über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg keine Priorität einzuräumen sei.

c) Öffentliches Interesse der überregionalen Raumplanung:

Dazu sei auszuführen, daß sich das Raumordnungskonzept "Schottermanipulationsflächen im Nahbereich der Donau" mit einer Reihe möglicher Schottermanipulationsflächen im oberösterreichischen Donautalbereich beschäftigt habe und den verfahrensgegenständlichen Standort Oberranna dem Status B, das heißt zum Zwecke der Deponierung von Schotter, welcher aus Gründen der Freihaltung der Schiffahrtsrinne bzw. für Kompensationsbaggerungen entnommen werden müsse, zuordne, wobei Oberranna lediglich aufgrund seiner Lage an erster Stelle genannt worden sei. Eine qualitative Reihung, wie die beschwerdeführende Partei meine, erfolge dadurch nicht, zumal im Konzept bereits auf massive Nutzungskonflikte und die negativen naturschutzfachlichen Stellungnahmen hingewiesen worden sei. Wenngleich dieses Raumordnungskonzept keine rechtliche Bindungswirkung entfalten könne, würde es dennoch ein gewisses öffentliches Interesse dokumentieren. Aus den obigen Ausführungen ergebe sich jedoch, daß die Ausweisung des Standortes Oberranna als mögliche Schottermanipulationsfläche offenbar unter Zugrundelegung falscher Voraussetzungen erfolgt sei, zumal nunmehr bekannt sei, daß eine Schotterentnahme zur Freihaltung der Schiffahrtsrinne ohnehin nicht notwendig sei. Damit falle jedoch auch der Bedarf an einer Deponiefläche in diesem Bereich weg, sodaß auch die Beurteilung des öffentliches Interesses an der überregionalen Raumplanung durch dieses Konzept nicht determiniert werde.

d) Regionales öffentliches Interesse der Marktgemeinde Engelhartszell:

Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß der Flächenwidmungsplan einer Gemeinde die derzeitige und künftig erwünschte Flächennutzung innerhalb des Gemeindegebietes zum Ausdruck bringe. Enthalte der Flächenwidmungsplan keine entsprechende Ausweisung für eine bestimmte Grundfläche und sei auch kein entsprechendes Verfahren hiezu eingeleitet worden, könne angenommen werden, daß ein kommunales Interesse an einer anderen als der Grünlandnutzung nicht bestehe. Wenn auch der Vertreter der Marktgemeinde Engelhartszell zum Ausdruck gebracht habe, daß gegen die Errichtung der Deponie keine grundsätzlichen Bedenken bestünden, könne diese Äußerung nicht als örtliches raumordnungspolitisches Interesse gewertet werden. Der Auffassung der beschwerdeführenden Partei, die im Flächenwidmungsplan für den Standort des Vorhabens ausgewiesene Grünlandwidmung stehe der Deponierung des Schotters nicht entgegen, könne nicht beigepflichet werden.

In der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei zum Ermittlungsergebnis sei noch ausgeführt worden, daß durch die Schotterentnahme aus der Donau zusätzlicher Raum für den Schlammrückhalt geschaffen werde, andernfalls dieser Schlamm ausgebaggert und in das Landschaftsbild beeinträchtigender Weise dauernd gelagert werden müsse. Richtig sei, daß das Problem der Verschlammung innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren anstehe, dieses jedoch im Falle der Schotterbaggerung ebenfalls gegeben wäre. Mittlerweile stünden technische Möglichkeiten zur Verfügung, die diese Problematik auf ein erträgliches Maß reduzierten. Falsch wäre jedoch die Annahme, daß die Schotterentnahme der Verschlammung entgegenwirke.

Da nach den obigen Ausführungen keine maßgeblichen öffentlichen Interessen vorlägen, bleibe letztlich nur das private bzw. betriebswirtschaftliche Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Errichtung der Schotterdeponie, welches ebenfalls als nicht so gravierend angesehen werden könne, daß es den öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes auch nur gleichwertig zu sein vermöge. In Wirklichkeit liege das wirtschaftliche Interesse in der Vermarktung des Donauschotters, die jedoch bei Konsumierung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Schotterentnahme auch anderweitig - wie etwa durch Verladung auf Schiffe und Direktabtransport - bewerkstelligt werden könne. Zusammenfassend betrachtet habe daher die durchgeführte Interessenabwägung kein für die vorgebrachten Interessen an der Durchführung des Vorhabens günstiges Ergebnis erbringen können; vielmehr bestünden solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwögen. Durch die Erteilung von Auflagen bzw. Bedingungen könne zwar der durch die Projektrealisierung zu erwartende Eingriff an sich reduziert werden, jedoch nicht in einem Ausmaß, wie dies zur Wahrung der öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes erforderlich wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 6 Abs. 1 lit. a Oö NSchG 1982 gilt der im § 6 geregelte Landschaftsschutz für die Donau und einen daran unmittelbar anschließenden 200 m breiten Geländestreifen.

Nach § 6 Abs. 2 leg. cit. ist in geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 jeder Eingriff in das Landschaftsbild verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften und in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 19 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz) vorhanden ist.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, wie ihrem Antrag vom 7. Juni 1989 zu entnehmen sei, sei Gegenstand des naturschutzbehördlichen Verfahrens die vorübergehende Ablagerung von Donauschotter für den Zeitraum von etwa zehn Jahren gewesen. Diese Tatsache sei jedoch von der belangten Behörde in der vorliegenden Entscheidung völlig ignoriert worden. Eine Maßnahme vorübergehender Art stelle nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts keinen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Die Frage, ob eine befristete oder unbefristete Maßnahme Gegenstand der beantragten Bewilligung gewesen sei, sei aber nicht nur für die Beurteilung, ob überhaupt ein Eingriff vorliege, sondern auch für die Gewichtung des entgegenstehenden öffentlichen Interesses von Bedeutung. Die belangte Behörde stütze sich bei ihrer Entscheidung im wesentlichen auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz. In diesem Gutachten werde zwar die Befristung der Deponie auf zehn bis zwölf Jahre am Rande erwähnt, doch nehme der Amtssachverständige im Rahmen seiner Schlußfolgerungen hinsichtlich der Auswirkung der Deponie im Hinblick auf ihre Befristung keinen Bezug. Dem Gutachten sei demnach auch nicht zu entnehmen, ob der Amtssachverständige bei seiner negativen Stellungnahme von einer befristeten Deponierung ausgegangen sei oder ob er die unbefristete Ablagerung des Donauschotters dem Gutachten zugrunde gelegt habe.

Es trifft zu, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorübergehende Maßnahmen nicht als Eingriff in das Landschaftsbild anzusehen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1991, Zl. 89/10/0077 und die dort angeführte Vorjudikatur). Eine auf zehn Jahre geplante Schotterdeponie stellt jedoch keine bloß vorübergehende Maßnahme dar (vgl das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1986, Zl. 86/10/0124, in welchem der Gerichtshof eine vier Monate dauernde Maßnahme nicht mehr als bloß vorübergehend eingestuft hat).

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde bzw. der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz abweichend vom Antrag der beschwerdeführenden Partei von einer unbefristeten Schotterablagerung ausgegangen sei; vielmehr findet die Tatsache, daß die Schotterdeponie nur für einen Zeitraum von etwa zehn Jahren geplant war, in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich Erwähnung.

Nach Meinung der beschwerdeführenden Partei hat die belangte Behörde zu Unrecht verneint, daß das Deponieprojekt im öffentlichen Interesse der Donauschiffahrt und des Umweltschutzes liege. Der Amtssachverständige Dipl. Ing. V habe als Auskunftsperson für Wasserbau - und Schiffahrtsangelegenheiten ausgesagt, daß es trotz der für die Schiffahrt ausreichenden Wassertiefe durch eine von Hochwässern hervorgerufene Haufenbildung zu einer örtlichen und streckenweise ungünstigen Veränderung der Restwassertiefe kommen könne. Gerade in der Strecke von Oberranna aufwärts nach Engelhartszell sei es im vergangenen Jahrzehnt zu mehreren Havarien gekommen; insbesondere sei die Unfallgefahr für Tanker zu beachten.

Den Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. V, der bei der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung laut Verhandlungsschrift nicht als Amtssachverständiger, sondern offenbar als Beteiligtenvertreter aufgetreten ist, steht die bei der mündlichen Verhandlung vor der Naturschutzbehörde erster Instanz vom Vertreter der Strombauleitung Aschach abgegebene Stellungnahme sowie die von der belangten Behörde im Berufungsverfahren eingeholte Auskunft der Wasserstraßendirektion entgegen. Aus beiden Beweismitteln geht hervor, daß aus schiffahrtstechnischen Gründen keine Baggermaßnahmen erforderlich sind. Im Schreiben der Wasserstraßendirektion vom 20. August 1990 wird dies damit begründet, daß die Donau - wie aus Querprofilaufnahmen, die von der Wasserstraßendirektion jährlich durchgeführt werden, hervorgehe - in dem für die Schotterentnahme geplanten Bereich in der Fahrrinne durchwegs Fahrwassertiefen von 40 bis 50 dm unter Regulierungsniederwasser aufweise. Entsprechend den Empfehlungen der Donaukommission sollte in diesem Bereich eine Mindesttiefe von 27 dm unter RNW in einer Fahrwasserbreite von 150 m vorhanden sein. Aufgrund der ausreichend vorhandenen Fahrwassertiefen seien daher aus schiffahrtstechnischen Gründen keine Baggermaßnahmen erforderlich.

Die belangte Behörde konnte daher davon ausgehen, daß keine öffentlichen Interessen der Donauschiffahrt bzw. des Umweltschutzes für die Errichtung und den Betrieb der Schotterdeponie sprächen.

Die Wasserstraßendirektion hat in ihrem bereits erwähnten Schreiben auch ausgeführt, die Schotterentnahme durch die beschwerdeführende Partei sei als eine Sohlebaggerung zum Zwecke der Schottergewinnung zu beurteilen, die eine geringfügige Verbesserung der Hochwassersituation einschließe. Daraus konnte die belangte Behörde zu Recht folgern, daß die Behauptung der beschwerdeführenden Partei, mit der Nichtdurchführung der Schotterentnahme sei ein vermehrtes Auftreten von Hochwässern verbunden, welches erhebliche volkswirtschaftliche Schäden verursache, nicht zutreffe.

Die beschwerdeführende Partei bringt weiter vor, die belangte Behörde habe nicht ausreichend begründet, warum sie das von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachte volkswirtschaftliche Interesse an der Errichtung und am Betrieb der Schotterdeponie als nicht gegeben erachte. Wie sich aus dem Raumordnungskonzept "Oberösterreichische Donau, Schottermanipulationsflächen im Nahbereich der Donau", der Stellungnahme des Vertreters der Bundesstraßenverwaltung bei der mündlichen Verhandlung am 8. Mai 1990 und des Vertreters für Wasserbau - und Schiffahrtsangelegenheiten entnehmen lasse, bestehe für den Straßenbau im Raum Sauwald - Oberes Mühlviertel und Innviertel Schotterbedarf in bedeutendem Umfang. Der Bezug des Schotters vom geplanten Standort bedeute eine Einsparung von mindestens sechs Millionen Schwerfuhrwerkskilometern, also eine bedeutende Ersparnis, die den Trägern des öffentlichen Straßenbaues und somit der gesamten öffentlichen Hand zugute komme. Die belangte Behörde habe es jedoch verabsäumt, dieses Beweisergebnis aufzugreifen und bei der Beurteilung der für das Projekt sprechenden Interessen dazu Stellung zu nehmen.

Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht.

Dem diesbezüglichen Vorbringen der beschwerdeführenden Partei hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides lediglich entgegengehalten, das Argument, das geplante Projekt erspare umweltbelastende Transporte, sei nicht stichhältig, zumal der aus der Donau stammende Schotter von der geplanten Deponie ebenfalls mittels LKW antransportiert werden müßte, wobei es dadurch in diesem sensiblen Uferbereich zu zusätzlichen Belastungen käme.

Falls durch einen Schotterbezug aus der geplanten Deponie tatsächlich Schwerfuhrwerkskilometer in nennenswertem Umfang vermieden werden könnten, läge dies im öffentlichen Interesse an der Einsparung von Treibstoff, der Verminderung der Straßenabnützung, der Lärmvermeidung sowie der Hintanhaltung umweltschädlicher Emissionen. Ob bzw. in welchem Ausmaß bei Realisierung des Deponieprojektes tatsächlich Schwerfuhrwerkstransporte eingespart werden könnten, ist weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen. Zu Recht verweist die beschwerdeführende Partei darauf, daß ihre Behauptung eine Stütze im Raumordnungskonzept "Oberösterreichische Donau, Schottermanipulationsflächen im Nahbereich der Donau" findet. Dort heißt es bezüglich des Standortes Oberranna, der Schotterbedarf sei u.a. in bedeutendem Umfang für den Straßenbau im Innviertel und oberen Mühlviertel gegeben, wobei bei einer dem Verwendungsort nahegelegenen Bezugsquelle teure und umweltbelastende Transportwege vermieden werden könnten. Durch die Nähe der Donaubrücke Niederranna sei der Standort für einen größeren Einzugsbereich lagegünstig. Als Beleg für diese Aussage wird auf ein Schreiben der Abteilung Bau S-VI der Abteilungsgruppe Landesbaudirektion des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung verwiesen. Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, die Landesbaudirektion zu einer Präzisierung dieser Aussage (voraussichtliches Ausmaß des Schotterbedarfes, Ort und zeitlicher Rahmen seines Anfalles, Bezugsquellen bei Nichtrealsierung des Deponieprojektes, Gegenüberstellung der Schwerfuhrwerkskilometer bei Realisierung des Deponieprojekts auf der einen und bei Nichtrealisierung auf der anderen Seite etc) aufzufordern. Erst bei Vorliegen entsprechender Feststellungen, die naturgemäß nur eine grobe Prognose sein können, kann beurteilt werden, ob die diesbezüglich von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten öffentliche Interessen vorliegen und ob sie den entgegenstehenden öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes gleichwertig sind bzw. sie überwiegen. Die belangte Behörde hat zwar - in anderem Zusammenhang - ausgeführt, das "Raumordnungskonzept Oberösterreichische Donau, Schottermanipulationsflächen im Nahbereich der Donau", gehe bezüglich des Standortes Oberranna von nicht mehr zutreffenden Voraussetzungen aus, da die Prämisse, die Schotterdeponierung sei für die Ausbaggerung der Schiffahrtsrinne erforderlich, weggefallen sei. Dies trifft zwar zu, weshalb die belangte Behörde auch zu Recht davon ausgegangen ist, daß aus diesem Raumordnungskonzept keinerlei öffentliche Interessen aus dem Titel Freihaltung der Schiffahrtsrinne abgeleitet werden könnten. Dies bedeutet aber nicht, daß gleichzeitig auch jener Teil des Konzeptes, der sich mit dem Schotterbedarf beschäftigt, hinfällig geworden wäre.

Die beschwerdeführende Partei bemängelt auch zu Recht, die belangte Behörde liefere keine konkrete Begründung dafür, warum die mit dem Betrieb der Deponie verbundenen und von der beschwerdeführenden Partei abzuführenden Steuern und Abgaben nur vordergründig einen Einnahmenausfall für das Gemeindebudget darstellten.

Die belangte Behörde hat das Argument der beschwerdeführenden Partei, mit dem Betrieb der Deponie fielen Einnahmen für die Gemeinde Engelhartszell an, damit abgetan, der Radfahr- und Wandertourismus auf dem Donauuferweg, der letztlich aufgrund der einzigartigen Schönheit der Donaulandschaft in den vergangenen Jahren außergewöhnlich zugenommen habe, bilde eine nicht unwesentliche Einnahmequelle im Gemeindehaushalt. Es könne nicht im Interesse einer Gemeinde gelegen sein, zu Lasten eines Landschaftsraumes, der ihr Einnahmen aus dem Fremdenverkehr sichere, Nutzen aus einer landschaftsbeeinträchtigenden Maßnahme zu ziehen, ohne konkret darzutun, worauf sich die Annahme, daß bei Errichtung und Betrieb der Deponie mit einem Rückgang des Fremdenverkehrs in der Gemeinde Engelhartszell zu rechnen sei, stützt. Es ist zwar durchaus möglich, daß aus der Errichtung und dem Betrieb der Schotterdeponie eine fremdenverkehrsbeeinträchtigende Wirkung resultiert; eine solche Konsequenz ist aber nicht so zwingend und offensichtlich, daß sich eine nähere Begründung erübrigen würde. Die belangte Behörde hätte daher darzulegen gehabt, welche konkreten Umstände (z.B. Nähe der Deponie zu Fremdenverkehrsbetrieben oder zu für den Fremdenverkehr besonders relevanten Einrichtungen und dgl.) einen Rückgang des Fremdenverkehrs in der Gemeinde Engelhartszell befürchten ließen.

Die beschwerdeführende Partei meint schließlich, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Vorliegen "regionaler öffentlicher Interessen" der Marktgemeinde Engelhartszell mit dem Hinweis auf den Flächenwidmungsplan verneint. Der Flächenwidmungsplan vermöge schon seiner Rechtsnatur nach künftige konkrete Projekte vom Standpunkt des Landschaftsbildschutzes nicht abschließend zu beurteilen. Der Flächenwidmungsplan sei daher nicht als Ausdruck des aktuellen Gemeindeinteresses geeignet, zumal der für den Standort gültige Flächenwidmungsplan auch bereits geraume Zeit bestehe. Demgegenüber sei der Stellungnahme des Vertreters der Gemeinde Engelhartszell das konkrete Projekt zugrunde gelegen und sei diese Stellungnahme entgegen der Ansicht der belangten Behörde als die Bekundung des aktuellen Interesses der Gemeinde an der Projektdurchführung zu werten. Abgesehen davon liege der von der belangten Behörde angenommene Widerspruch der Deponie zum Flächenwidmungsplan nicht vor. Deponien seien im Grünland zulässig, ohne daß hiefür eine gesonderte Ausweisung erforderlich sei. Die belangte Behörde habe sich auch über die in ihrem Bescheid vom 23. Jänner 1990, mit welchem der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 15. September 1989 aufgehoben worden sei, geäußerte Rechtsansicht hingeweggesetzt, daß für die Errichtung der Deponie eine Flächenwidmungsplanänderung nicht erforderlich sei.

Die beschwerdeführende Partei macht das Vorliegen eines "regionalen öffentlichen Interesses" der Marktgemeinde Engelhartszell zusätzlich zu den bereits behandelten finanziellen Aspekten für diese Gebietskörperschaft und ohne erkennbaren Zusammenhang mit diesen geltend, behauptet damit offenbar das Vorliegen von über die finanziellen hinausgehenden Interessen, ohne darzulegen, worin diese öffentlichen Interessen bestehen sollen. Aus der Äußerung des Vertreters der Marktgemeinde Engelhartszell bei der mündlichen Verhandlung vor der Naturschutzbehörde erster Instanz ergibt sich entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei für das Vorliegen solcher öffentlicher Interessen kein Anhaltspunkt, hat dieser doch lediglich erklärt, seitens der Marktgemeinde Engelhartszell bestünden gegen die Errichtung der geplanten Schotterdeponie keine grundsätzlichen Bedenken. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht das Fehlen von - über die finanziellen Aspekte hinausgehenden - regionalen öffentlichen Interessen der Marktgemeinde Engelhartszell angenommen, ohne daß es dazu einer Auseinandersetzung mit dem Flächenwidmungsplan bedürfte.

Ob der Flächenwidmungsplan einer Verwirklichung des Deponieprojektes entgegensteht, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht untersucht zu werden. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde dies für sich allein nicht zwingend zu einer Abweisung des Feststellungsantrages der beschwerdeführenden Partei führen. Weder das zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Geltung stehende oberösterreichische Raumordnungsgesetz 1972 noch das Oö NSchG 1982 enthalten eine Bestimmung, die eine positive Festellung nach § 6 Abs. 2 Oö NSchG 1982 untersagen, wenn ein Flächenwidmungsplan der Realisierung des Eingriffes in das Landschaftsbild entgegensteht. Bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes sind zwar Aspekte des Naturschutzes zu berücksichtigen (vgl. § 15 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 4 des Oö ROG 1972); der Flächenwidmungsplan ersetzt aber nicht das spezielle Verfahren nach § 6 Abs. 2 Oö NSchG 1982. Dies zeigt der vorliegende Fall mit besonderer Deutlichkeit. Die Marktgemeinde Engelhartszell wollte ihren Flächenwidmungsplan in bezug auf das in Rede stehende Areal bereits einmal abändern, um eine Verwendung dieser Flächen als Schotterdeponie und in geringerem Umfang als Betriebsbaugebiet zu ermöglichen. Dieser Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 1987 die Genehmigung versagt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. November 1987, Zl. 87/05/0120, ausgesprochen hat, erfolgte diese Versagung zu Recht, da der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz die Auffassung vertreten hatte, der gegenständliche Raum könne als Natur- bzw. Kulturlandschaft mit intaktem Landschaftsbild eingestuft werden, welches erhaltungswürdigen Charakter aufweise; die Realsierung des geplanten Vorhabens hätte eine aus naturschutzfachlicher Sicht nicht gewünschte Umgestaltung der Landschaft zur Folge, die das Landschaftsbild maßgeblich beeinträchtigen würde. Eine Umwidmung - so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis - widerspreche damit dem im § 2 Abs. 11 Z. 1 des Oö ROG 1972 formulierten Raumordnungsgrundsatz, daß landschaftsschädigende Eingriffe nach Möglichkeit zu vermeiden sind. Würde man nun die Auffassung vertreten, eine der Realisierung des Deponieprojektes allenfalls entgegenstehende Ausweisung der betroffenen Flächen als Grünland stehe auch zwingend einer positiven Feststellung nach § 6 Abs. 2 Oö NSchG 1982 entgegen, so würde dadurch das Feststellungsverfahren nach der zitierten Bestimmung unterlaufen, da bei der Flächenwidmungsplanerstellung bzw. bei der Ablehnung der beantragten Änderung lediglich naturschutzfachliche Aspekte berücksichtigt werden mußten, während eine Interessenabwägung nicht erforderlich war.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991100136.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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