TE Vwgh Beschluss 1993/6/17 93/09/0183

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Veröffentlicht am 17.06.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §61;
AVG §61a idF 1982/199;
AVG §61a;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs2;
VwGG §46;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):93/09/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat 1) über den Antrag des A in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gemäß § 46 Abs. 1 VwGG und 2) über die Beschwerde des Genannten gegen die Erledigung des Disziplinarvorgesetzten vom Assistenzkommando "Süd"/Landwehrstammregiment 13 vom 5. März 1993, Zl. 423-Ass/10/93, betreffend eine Mitteilung von der Einstellung des Disziplinarverfahrens, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1) Dem Wiedereinsetzungsantrag wird gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattgegeben.

2) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Über den Beschwerdeführer war mit Disziplinarerkenntnis des Kommandanten der "2. AssKp" vom 23. Juli 1992 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von S 1.000,-- verhängt worden, weil durch seine große Sorglosigkeit und grobe Fahrlässigkeit - trotz bestehender Befehle - der Verlust eines Feldstechers "zustande kam".

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Kommandanten des Assistenzkommandos "Süd" vom 29. Juli 1992 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof (Zl. 92/09/0228). Daraufhin wurde der vorher genannte Bescheid mit Bescheid des Disziplinarvorgesetzten vom Militärkommando Burgenland vom 15. Oktober 1992 aufgehoben und die Disziplinarsache an den Kommandanten des Assistenzkommandos "Süd" gemäß § 63 Abs. 1 Z. 2 lit. a des Heeresdisziplinargesetzes (HDG) zurückverwiesen, weil gravierende Unterschiede hinsichtlich Tathandlung und Schuldform zwischen den Disziplinarerkenntnissen erster und zweiter Instanz bestanden hätten und auch sonst Verfahrensmängel vorgelegen wären. Auf Grund dessen wurde das verwaltungsgerichtliche Verfahren mit Beschluß vom 4. November 1992 wegen Klaglosstellung des Beschwerdeführers gemäß § 33 VwGG eingestellt.

In weiterer Folge erging nachstehende Erledigung an den Beschwerdeführer:

"Mitteilung von der Einstellung des Disziplinarverfahrens

Das gegen Sie anhängige Disziplinarverfahren wird eingestellt, weil eine entschuldbare Fehlleistung vorliegt.

PINKAFELD, 05 03 93

Der Disziplinarvorgesetzte:

Unterschrift eh.

(D, Obst)"

Gegen diese von der belangten Behörde als Bescheid qualifizierte Erledigung erhob der Beschwerdeführer Berufung, weil er durch die Wertung seines Verhaltens als entschuldbare Fehlleistung belastet sei.

Mit Bescheid des Militärkommandanten von Burgenland und Disziplinarvorgesetzten vom 4. Mai 1993 wurde das vorher wiedergegebene Schreiben des Disziplinarvorgesetzten vom Assistenzkommando "Süd"/Landwehrstammregiment 13 vom 5. März 1993 ebenfalls als Bescheid gewertet, weil dem Schreiben die entscheidende Behörde zu entnehmen, dieses mit einem Datum versehen sei und die Mitteilung über die Einstellung des Disziplinarverfahrens den Spruch darstelle. Es sei daher - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - vom Vorliegen einer Berufungsentscheidung gemäß § 36 Abs. 2 HDG auszugehen gewesen, gegen die eine Berufung nicht mehr zulässig sei, was zur Zurückweisung dieser Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid führte.

Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird im wesentlichen vorgebracht, die Qualifikation der vorher wiedergegebenen Erledigung als Bescheid sei zutreffend. Verfehlt sei hingegen die Annahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers gewesen, daß gegen diesen Bescheid eine Berufung möglich gewesen wäre. Der Bescheid des Assistenzkommandos "Süd"/Landwehrstammregiment 13 vom 5. März 1993 enthalte keine Rechtsmittelbelehrung bzw. keinen Hinweis darauf, daß ein ordentliches Rechtsmittel nicht möglich wäre. Das Bundesministerium für Landesverteidigung habe dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers unter dem Datum 15. Oktober 1992 einen Bescheid zugemittelt, durch den seinerzeit die Disziplinarsache an den Kommandanten des Assistenzkommandos "Süd" zurückverwiesen worden sei. Diese Telefax-Sendung sei zum Teil nur schwer leserlich gewesen. Auf S. 3 könne man die Worte "Disziplinarbehörde zweiter Instanz" nicht lesen. Auf Grund dieser besonderen Umstände sei es dazu gekommen, daß der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der Annahme gewesen sei, daß mit dem Bescheid des Assistenzkommandos "Süd" vom 5. März 1993 ein erstinstanzlicher Bescheid vorliege. Hierin liege zweifellos ein Verschulden, welches der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zu vertreten habe; andererseits handle es sich wohl um ein Versehen minderen Grades, das einem Anwalt, der sich im allgemeinen zumindest bemühe, sorgfältig zu arbeiten, unterlaufen könne.

Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei gemäß § 46 Abs. 1 VwGG auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.

Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof gemäß Abs. 3 der genannten Bestimmung in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses, in den Fällen des Abs. 2 spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides zu stellen, der das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Diesen Erfordernissen entspricht der vorliegende Schriftsatz.

Der Beschwerdeführer stützt seinen Wiedereinsetzungsantrag in erster Linie auf das Fehlen einer entsprechenden Belehrung in der Erledigung vom 5. März 1993.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Partei, die eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen einen Bescheid unterlassen hat, weil sie irrigerweise die Berufung für zulässig erachtet hat, mit diesem Irrtum keinen Wiedereinsetzungsgrund verwirklicht, es sei denn, es wäre dieser Irrtum durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verursacht worden (vgl. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juni 1949, Slg. N. F. Nr. 122/F, und vom 9. Februar 1984, Zl. 84/08/0013). Nur die fälschliche Einräumung eines Rechtsmittels - das dann auch in der Folge ergriffen wurde - und nicht eine fehlende Rechtsmittelbelehrung stellt einen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 46 Abs. 2 VwGG dar (vgl. Beschluß vom 27. Oktober 1948, Slg. N. F. Nr. 553/A, u.v.a.). Auch das Fehlen des Hinweises auf die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde (§ 61a AVG) in einem letztinstanzlichen Bescheid stellt keinen Grund für die Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist nach § 46 Abs. 2 VwGG dar (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1984, Zl. 83/06/0237, Slg. Nr. 11.444 nur RS, und Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes5, Tz 424), weil es sich bei diesem Hinweis nicht um eine Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 61 AVG handelt und ein fehlender Hinweis keine prozessuale Folgen hat. Aber auch dafür, daß durch den fehlenden Hinweis die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG erfüllt wären, bringt der Beschwerdeführer weder konkret etwas vor noch ist dies bei der gegebenen Sachlage anzunehmen.

Auch wenn im vorliegenden Fall der Erledigung vom 5. März 1993 jede Rechtsmittelbelehrung gefehlt hat, ist dieser Fall nach der vorher wiedergegebenen Rechtsprechung nicht mit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung gleichzusetzen. Es liegt daher kein Wiedereinsetzungsgrund nach § 46 Abs. 2 VwGG vor.

Insoweit der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen konkret einen Wiedereinsetzungsgrund nach § 46 Abs. 1 VwGG dadurch anspricht, er sei durch die schwere Leserlichkeit des ihm übermittelten Telefax-Bescheides vom 15. Oktober 1992 daran gehindert gewesen, zu erkennen, daß die Zurückverweisung an die Disziplinarbehörde zweiter Instanz erfolgt sei, so ist dem entgegenzuhalten, daß auf Grund des leserlichen Spruches dieses Bescheides in Verbindung mit den leserlichen Teilen der Begründung und dem Verfahrensablauf im ersten Rechtsgang, die zu einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den Bescheid derselben Behörde geführt hatte, ihm jedenfalls hätte klar sein müssen, daß der Disziplinarvorgesetzte vom Assistenzkommando "Süd"/Landwehrstammregiment 13 als Behörde zweiter Instanz tätig war.

Es liegt daher auch kein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG vor.

Da der Beschwerdeführer gegen die Erledigung der Behörde zweiter Instanz vom 5. März 1993, die ihm am 10. März 1993 zugestellt worden ist, mit Schreiben vom 22. März 1993 Berufung erhoben hat, zeigt sich, daß die sechswöchige Beschwerdefrist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG für die nunmehr erhobene Beschwerde abgelaufen ist. Da dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers - wie vorher dargelegt - nicht stattgegeben werden konnte, mußte die Beschwerde schon wegen der Überschreitung der Sechs-Wochen-Frist als verspätet gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090183.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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