Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Z in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. August 1992, Zl. O/92-8314/5-1992, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. August 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. März 1991 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 11a in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die zur Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers führende Auffassung vertreten, daß dieser die (auch nach § 11a leg. cit. erforderliche) Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG - wonach die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden kann, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet - nicht erfülle. Sie stellte fest, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1972 bis 1984 wegen der Begehung näher angeführter Straftaten insgesamt achtmal gerichtlich rechtskräftig verurteilt worden sei, welcher Umstand - wie sie weiters ausführte - zeige, daß er keinerlei Achtung vor Bestimmungen des Strafrechtes jeder Art habe. Es ergebe sich auf Grund dieser, wenn auch bereits getilgten Straftaten ein Charakterbild, welches einen Menschen darstelle, der - wie im Falle des schweren Betruges (im Jahre 1983), wobei es sich darum handelte, daß er Manipulationen an Kassabons in einem Gasthof, in dem er als Kellner arbeitete, durchführte - sogar sehr erfindungsreich gewesen sei, um sich betrügerisch einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Tatsache, daß er ebenso in anderen Rechtsbereichen, wie z.B. hinsichtlich der Unterhaltspflicht (im Jahre 1974), des Devisenrechtes (im Jahre 1976) oder des Lebensmittelrechtes (in den Jahren 1973 und 1975) - (erwähnt wurde in diesem Zusammenhang nicht mehr ausdrücklich das Vergehen gegen das Urheberrechtsgesetz im Jahre 1973) -, die entsprechenden Bestimmungen mißachtet habe, zeige, daß es sich hier auch nicht um eine einmalige Entgleisung gehandelt habe, sondern der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, Vorschriften, in welchem Bereich auch immer, zu beachten. Weiters mißachte der Beschwerdeführer aber nicht nur das Rechtsgut des Vermögens, sondern auch das der körperlichen Unversehrtheit (womit auf seine beiden Vergehen wegen Körperverletzung im Jahre 1972 Bezug genommen wurde). Ebenfalls in das Gesamtbild sei einzubeziehen, daß "bei acht getilgten strafgerichtlichen Verurteilungen" auch die Häufigkeit der Mißachtung von Rechtsvorschriften die negative Einstellung des Beschwerdeführers zu den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck bringe. Das sich aus den begangenen Straftaten ergebende Charakterbild des Beschwerdeführers biete daher keine Gewähr dafür, daß er in Zukunft keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Auch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer seit 1983 nicht mehr straffällig geworden sei und sich in den letzten Jahren wohlverhalten habe, biete diese Gewähr nicht; dies stelle kein ausreichendes Indiz dafür dar.
Mit dieser Begründung befindet sich die belangte Behörde im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Danach ist bei der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorzunehmenden Beurteilung der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus den von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, weshalb - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - in die Beurteilung auch Tathandlungen einbezogen werden können, hinsichtlich derer die Verurteilung bereits getilgt ist (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 19. September 1990, Zl. 90/01/0065, mit weiteren Judikaturhinweisen). Maßgebend ist lediglich, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten; aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit erlassenen Gesetzen in deutlicher Weise zum Ausdruck (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 1. Juli 1992, Zl. 90/01/0055, und die dort angeführte weitere Judikatur).
Richtig ist im Sinne des Beschwerdevorbringens, daß seit Begehung der letzten Straftat (im Jahre 1983) bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides etwa neun Jahre (nach der Aktenlage fast zehn Jahre) verstrichen sind, ohne daß der Beschwerdeführer - den Feststellungen der belangten Behörde zufolge - in der Zwischenzeit nach außenhin nachteilig in Erscheinung getreten ist. Gerade die Begehung dieser Straftat macht aber deutlich, daß bis zu diesem Zeitpunkt das sich aus der Vielzahl der Begehung strafbarer Handlungen in den Jahren 1972 bis 1976 auf den verschiedensten Rechtsgebieten ergebende Charakterbild des Beschwerdeführers (wofür nicht, wie offenbar die belangte Behörde meint, erst der jeweilige Zeitpunkt der Verurteilung relevant ist) keine entscheidende Änderung zugunsten des Beschwerdeführers erfahren, sondern darin vielmehr seine Bestätigung gefunden hat und es daher eines relativ langen (bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht ausreichenden) Zeitraumes bedarf, damit der Beschwerdeführer eine derartige einschneidende Änderung seiner Persönlichkeit unter Beweis stellen und auf diese für die Zukunft geschlossen werden kann. Die eingeholten Stellungnahmen waren für die belangte Behörde, der die abschließende rechtliche Beurteilung alleine oblag, nicht bindend, sondern konnten nur als Entscheidungshilfe dienen, weshalb die Rüge des Beschwerdeführers, es hätte auf die für ihn (im Gegensatz zu jener der Bundespolizeidirektion Salzburg) positiven Äußerungen der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (die davon ausgegangen ist, daß das "Strafregister negativ" sei), des Landesarbeitsamtes Salzburg und der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg (die im übrigen gar nicht die in Rede stehende Verleihungsvoraussetzung zum Gegenstand hatten) Bedacht genommen werden müssen, ins Leere geht. Aktenwidrig ist die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe (auf Grund der ihm hiezu gebotenen Gelegenheit) zu den einzelnen (von ihm nicht bestrittenen) Vorstrafen eine Stellungnahme abgegeben, die unberücksichtigt geblieben sei; das, was der Beschwerdeführer diesbezüglich nunmehr vorbringt, ist, ohne daß darauf näher einzugehen wäre, nicht geeignet, sein in der Begehung zahlreicher diverser Straftaten zum Ausdruck kommendes Charakterbild bei objektiver Wertung in einem für ihn günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Im Hinblick darauf, daß eine behördliche Ermessensübung im gegebenen Zusammenhang erst dann in Betracht kommt, wenn unter anderem die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorliegt (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. April 1990, Zl. 89/01/0319, und vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0123), hat schließlich die belangte Behörde mit Recht von der Bestimmung des § 11 StbG keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher insbesondere auch der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sei über die Tatsache hinweggegangen, daß er Konventionsflüchtling sei, verfehlt.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Ermessen besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992011012.X00Im RIS seit
20.11.2000