Index
60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §11 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführer Mag. Fritz und Dr. Cerne, über die Beschwerde der r. k. Erzdiözese Wien, vertreten durch den Erzbischof von Wien, dieser vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 23. September 1991, Zl. IIc/6703 B, betreffend Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die r.k. Erzdiözese Wien hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schreiben vom 28. November 1990 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung zur Anwerbung der philippinischen Staatsangehörigen P. Im Antragsformular wurde die beabsichtigte Beschäftigung mit "Hilfskraft (Küchenhilfe)" bezeichnet, die Frage nach einem speziellen Bildungserfordernis ausdrücklich verneint und als Beschäftigungsort die Katholische Hochschulgemeinde Wien angegeben. In einem Begleitschreiben wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, die Katholische Hochschulgemeinde veranstalte gemeinsam mit den Studenten der Theologischen Falkultät jährlich in den Sommerferien eine Studienfahrt auf die Philippinen, bei der die Studenten die Möglichkeiten erhielten, in einer Basisgemeinde der Dritten Welt mehrere Wochen zu wohnen und mitzuleben. Frau P. gehöre einer solchen Basisgemeinde an, sie solle nun nach Österreich kommen und hier die pastorale Situation miterleben. Die verschiedenen pastoralen Aktivitäten fänden aber in den Wiener Gemeinden erst am späten Nachmittag und am Abend statt. P. solle aber auch die Arbeitssituation in Österreich kennenlernen und selbst einen Beitrag zum Lebensunterhalt leisten. Daher sei geplant, P. nach Erteilung der Sicherungsbescheinigung als Hilfskraft in der Mensa der Katholischen Hochschulgemeinde Wien anzustellen. Auch der Betriebsrat befürworte diese Anstellung aus pastoralen und entwicklungspolitischen Gründen.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe mit Bescheid vom 14. Dezember 1990 gemäß "§ 11 Abs. 2 lit. a" und § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) "wegen Nichtvorliegens eines unter Bedachtnahme auf die öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen bestehenden besonderen Bedürfnisses der inländischen Wirtschaft" ab.
In ihrer Berufung wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, der erstinstanzliche Bescheid gehe überhaupt nicht auf den Sachverhalt ein. Bereits im Begleitschreiben zum Antrag sei auf das pastorale und entwicklungspolitische Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Anstellung von P. hingewiesen worden. Neben der pastoralen Tätigkeit, für die P. vorgesehen sei, solle sie auch ihren Unterhalt in Österreich teilweise persönlich erwirtschaften. In diesem Zusammenhang werde ein zusätzlicher Arbeitsplatz in der Mensa der Katholischen Hochschulgemeinde Wien geschaffen. Es lägen daher wichtige pastorale und entwicklungspolitische Gründe und Interessen der Erzdiözese Wien vor, denen keine wichtigen öffentlichen oder gesamtwirtschaftlichen Interessen entgegenstünden.
Mit Schreiben vom 8. Jänner 1991 teilte die Behörde erster Instanz der beschwerdeführenden Partei mit, sie könne aus ihrem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die beantragte Tätigkeit zur Verfügung stünden. Gleichzeitig wurde in der Beilage ein Vordruck "Vermittlungsauftrag" übermittelt. Die beschwerdeführende Partei hat auf dieses Schreiben nicht reagiert.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. September 1991 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und begründete dies im wesentlichen wie folgt:
Eine Sicherungsbescheinigung dürfe gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 AuslBG u.a. nur dann ausgestellt werden, wenn gemäß § 4 Abs. 1 die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden. Daraus ergebe sich, daß für die Entscheidung über einen Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nicht der bei einem Arbeitgeber auftretende individuelle Arbeitskräftebedarf allein maßgeblich sein könne. Ein subjektiv empfundener Arbeitskräftemangel rechtfertige daher noch nicht die Beschäftigung einer ausländischen Arbeitskraft, die vielmehr erst dann vertretbar werde, wenn gesamtwirtschaftliche Interessen vorlägen, welche eine Erteilung im Einklang mit den Bedürfnissen der inländischen Wirtschaft und der Lage des ausländischen Arbeitsmarktes angemessen erschienen ließen.
Aus der Sicht eines einzelnen Unternehmens könne es verständlich erscheinen, in gewissen Fällen ausländischen Arbeitskräften den Vorzug zu geben. Gesamtwirtschaftlich müsse demgegenüber die Eröffnung von Beschäftigungsmöglichkeiten für alle arbeitswilligen Inländer Vorrang haben. Dabei sei nicht nur eine Prüfung der Lage des Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, sondern auch die Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung vor allem in struktureller und konjunktureller Hinsicht erforderlich, sodaß der Entscheidung auch Erwägungen hinsichtlich eines überschaubaren zukünftigen Zeitraumes zugrunde gelegt werden müßten. Im Hinblick auf den bestehenden Arbeitskräfteüberschuß sei eine strenge Prüfung der Erteilung von Bewilligungen für Ausländer erforderlich, um ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Dies gelte vor allem für ungelernte Arbeitskräfte, für die es nach eingetretener Arbeitslosigkeit besonders schwierig sei, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Da zum Zeitpunkt der Antragseinbringung über 500 beschäftigungslose Küchenhilfen beim zuständigen Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung gestanden seien - eine Zahl, die sich zwischenzeitlich leider nicht verringert habe - habe dem Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nicht Rechnung getragen und der Berufung nicht Folge gegeben werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragt die kostenpflichtige Abweisung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 450/1990 (Paragraphenzitate beziehen sich im folgenden, soweit nicht ausdrücklich anderes angegeben wird, auf dieses Gesetz) ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer und welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.
Die Sicherungsbescheinigung darf nach Abs. 2 der genannten Bestimmung nur ausgestellt werden, wenn
1. die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind und
2. auf Grund der Angaben des Antragstellers angenommen werden kann, daß für den Ausländer eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 5 zur Verfügung stehen wird.
Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.a.).
Die beschwerdeführende Partei bringt in ihrer Beschwerde im wesentlichen vor, die Katholische Hochschulgemeinde beabsichtige im Rahmen eines pastoralen Austauschprogrammes mit Basisgemeinden der Dritten Welt einzelnen Mitgliedern dieser Basisgemeinden in Österreich verstärkt Einblicke in die pastorale Situation der Hochschulgemeinde zu bieten. Um diesen Ausländern jedoch auch Einblick in das österreichische Wirtschaftsleben zu bieten, sollten für diese Personen unter einem Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Sie habe bereits in ihrem Antrag bescheinigt, daß das Interesse an der Erteilung einer Sicherungsbescheinigung ausschließlich durch eine bestimmte Person begründet sei, der konkrete Arbeitsplatz eigens für diese Person und auch eine Unterkunftsmöglichkeit geschaffen werden solle. Die belangte Behörde sei auf die Besonderheit dieses Sachverhaltes jedoch nicht eingegangen. Die Begründung bestehe nur aus Leerformeln und sei eine Scheinbegründung. Vorrangig gehe es der beschwerdeführenden Partei nicht um die Befriedigung eines Arbeitskräftebedarfes, sondern um die Realisierung eines im wesentlichen pastoralen und entwicklungspolitisch begründeten Vorhabens.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Die beschwerdeführende Partei hat die Erteilung einer Sicherungsbescheinigung für P. für die beabsichtigte Beschäftigung als Hilfskraft (Küchenhilfe) beantragt und kein besonderes Anforderungsprofil hiefür festgesetzt. Auch aus dem weiteren Vorbringen der beschwerdeführenden Partei (Beiblatt zum Antrag, Berufung) geht eindeutig hervor, daß der Arbeitsplatz einer Küchenhilfe neu geschaffen werden soll, um diesen mit P. zu besetzen, damit sie den Lebensunterhalt für den Aufenthalt in Österreich, der der pastoralen Tätigkeit diene, teilweise selbst finanzieren könne. Die beschwerdeführende Partei hat im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht, daß die Tätigkeit als Küchenhilfe als Teil der pastoralen Tätigkeit anzusehen sei, zumal diese (in zeitlicher Hinsicht getrennt von der Ausübung der Küchentätigkeit) erbracht werden soll. Es ergibt sich daher aus der geplanten Pastoralaktivität kein besonderes Anforderungsprofil für die hiefür getrennt zu sehende Tätigkeit als Küchenhilfe. Die für die Schaffung dieses Arbeitsplatzes ausschlaggebenden Beweggründe sind aus der Sicht des Beschwerdefalles unter dem Gesichtspunkt der anzuwendenden Rechtsvorschriften ohne rechtliche Bedeutung. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde ausschließlich davon ausging, die beschwerdeführende Partei beabsichtige P. als Küchenhilfe einzustellen, wobei - bezogen auf diesen Arbeitsplatz - keine besonderen Anforderungen gestellt wurden.
Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid im wesentlichen darauf, daß für diese nachgefragte Tätigkeit derzeit geeignete Ersatzkräfte (500 beschäftigungslos vorgemerkte Küchenhilfen) zur Verfügung stünden. Die beschwerdeführende Partei ist dem im Verwaltungsverfahren trotz gebotener Gelegenheit nicht entgegengetreten; sie hat im Verwaltungsverfahren (insbesondere auch nicht ihrer Berufung) das Anforderungsprofil für die gesuchte Küchenhilfe nicht eingeengt, sondern ausschließlich dargetan, aus welchen Gründen ihr nur P. als für die neugeschaffende Stelle geeignet erscheint.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausging, daß die beschwerdeführende Partei unbegründet eine mögliche Ersatzkraftstellung abgelehnt hat und von vornherein (aus aus der Sicht des AuslBG nicht maßgebenden Gründen) nur an der Beschäftigung der P. interessiert war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991090206.X00Im RIS seit
20.11.2000