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L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 2. Dezember 1991, Zl. MD-VfR - D 14/91/Str, betreffend Übertretung des Wiener Gebrauchsabgabengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, vom 14. November 1989 bis 22. November 1989 vor der Liegenschaft in Wien, X-Straße 24, durch das Abstellen eines nach Marke, Fahrgestell- und Motornummer bestimmten Kraftfahrzeuges ohne behördliches Kennzeichen den öffentlichen Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis widmungswidrig benützt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 1 im Verbindung mit § 16 Abs. 2 lit. a des Gebrauchsabgabengesetzes (GAG) vom 8. Juli 1966, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 20, in der derzeit geltenden Fassung, begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag) verhängt wurde.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, einer Meldung der Bundespolizeidirektion Wien zufolge seien die behördlichen Kennzeichen vom Fahrzeug des Beschwerdeführers behördlicherseits abgenommen worden, weil die Bereifung des Fahrzeuges vorschriftswidrig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe auf Grund der vorschriftswidrigen Bereifung mit der Abnahme der behördlichen Kennzeichen rechnen müssen und sei daher nicht berechtigt gewesen, sein Fahrzeug auf der Straße abzustellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in der als belangte Behörde das "Amt der Wiener Landesregierung" bezeichnet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist zu bemerken, daß die Beschwerde zulässig ist, obwohl als belangte Behörde unrichtig das "Amt der Wiener Landesregierung" bezeichnet worden ist, denn die belangte Behörde geht aus dem angefochtenen Bescheid einwandfrei hervor (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Zl. 81/11/0119, VwSlg. 11.625/A).
Gemäß § 1 Abs. 1 Gebrauchsabgabengesetz 1966, in der Fassung der Novelle vom 26. Februar 1982, LGBl. Nr. 13 (GAG), ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.
Gemäß § 16 Abs. 2 lit. a GAG, in der Fassung LGBl. Nr. 41/1987, ist die widmungswidrige Benutzung von öffentlichem Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis durch das Abstellen von Fahrzeugen ohne Kennzeichen als Verwaltungsübertretung zu bestrafen.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch eine Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/09/0141). Unbestritten ist, daß der PKW, Marke Oldsmobile-Mietwagen, Fahrgestell-Nr. 3X69K7M327424, vom 14. November 1989 bis 22. November 1989 ohne behördliche Kennzeichen vor der Liegenschaft X-Straße 24 abgestellt und der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges war.
Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, ihn treffe an der Übertretung des GAG kein Verschulden, weil er von der Abnahme der behördlichen Kennzeichen durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Wien nicht verständigt worden sei. Zu diesem Vorbringen findet sich im Verwaltungsakt eine Stellungnahme dieses Polizeibeamten vom 13. Dezember 1990, in der er angegeben hat, den Zulassungsbesitzer von der Abnahme der Kennzeichentafeln "mittels Verständigungszettels, Lg. 127" verständigt zu haben. Weder dieser Stellungnahme noch sonstigen Ermittlungsergebnissen oder Feststellungen der belangten Behörde ist aber zu entnehmen, ob bzw. in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer von der Abnahme der Kennzeichen Kenntnis erlangt hat. Daraus folgt, daß die belangte Behörde nicht davon ausgehen durfte, der Beschwerdeführer hätte während des ihm vorgeworfenen Tatzeitraumes überhaupt von der objektiv rechtswidrigen Benützung öffentlichen Gemeindegrundes durch sein KFZ, das er ja - was die Rechtmäßigkeit der Benützung des öffentlichen Gutes anbelangt - in einem insoweit ordnungsgemäßen Zustand abgestellt hatte, Kenntnis gehabt.
Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht kann der im Beschwerdefall unbestritten gebliebene Umstand des Abstellens eines KFZ, welches sich nicht in einem verkehrssicheren Zustand befindet, nicht dazu führen, daß auch ein weiterer Staftatbestand, der erst durch das Hinzutreten behördlichen Handelns - nämlich durch die Abnahme der Kennzeichen - erfüllt wird, dem Beschwerdeführer, ohne daß er von der Kennzeichenabnahme und damit von dem Verstoß gegen das GAG Kenntnis erlangt, zur Last gelegt wird. Daß aber - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt - dem Beschwerdeführer eine Verpflichtung träfe, sich um sein von ihm im Einklang mit den Bestimmungen des GAG abgestelltes KFZ "zu kümmern", um dadurch von ihm nicht veranlaßte Änderungen an dem KFZ wahrzunehmen, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.
Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 44 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits berücksichtigt ist.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010128.X00Im RIS seit
08.06.2001