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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der W-Gesellschaft m.b.H. in Graz, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 15. April 1993, Zl. A17-K-5.695/1990-15, betreffend Baueinstellung und Abtragungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft mit dem Grundstück 543 (Baufläche). Mit Bescheid des Magistrates Graz, Baurechtsamt, vom 20. März 1991 wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zum Umbau einer bestehenden Betriebsanlage in eine Wohnanlage sowie von Zubaumaßnahmen auf diesem Grundstück erteilt.
Nach dem Beschwerdevorbringen habe es sich im Zuge des Baugeschehens aus statischen Gründen als erforderlich erwiesen, Teile des Altbestandes abzutragen und durch Neubauteile zu ersetzen. Das diesbezügliche Baubewilligungsverfahren sei zu A 17-K-10.010/1993 vor der Baubehörde der Stadt Graz im Laufen. Mit Bescheid vom 14. Jänner 1993 wurde gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung die sofortige Einstellung der Bauarbeiten verfügt und gleichzeitig der Auftrag ausgesprochen, sämtliche neu errichteten Mauerwerke im Bereich des mit Bescheid vom 20. März 1991 genehmigten Umbaues zu beseitigen. Die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 15. April 1993 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 70a der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 42/1991, ist bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen.
Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen. Mündlich verkündete Verfügungen sind schriftlich auszufertigen.
Die Beschwerdeführerin erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, daß die sofortige Einstellung aller Bauarbeiten verfügt wurde, anstelle der ihrer Ansicht nach erforderlichen Differenzierung, welche Arbeiten von dem Einstellungsgebot zu erfassen seien. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß eine "Teilbaueinstellung" nur dort in Betracht käme, wo Teile eines Bauvorhabens von einem anderen Teil rechtlich und auch tatsächlich trennbar sind. Selbst aus dem Beschwerdevorbringen geht hervor, daß ein erheblicher Teil des statisch unbrauchbar gewordenen Außenmauerwerkes abgebrochen wurde. Damit gibt die Beschwerdeführerin selbst zu, daß der Abbruch und die - wenn auch im selben Umfang - erfolgte Neuerrichtung aus Gründen der Statik erfolgte. Bei diesem Sachverhalt kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß ein Teil des Bauvorhabens rechtlich und tatsächlich von einem anderen Teil trennbar hätte verwirklicht werden können. Auch in der Beschwerde wird dies nicht behauptet. Es erweist sich daher sowohl der Baueinstellungsauftrag als auch der Beseitigungsauftrag als rechtmäßig. Die Beschwerdeführerin gibt selbst in der Beschwerde an, daß ein Baubewilligungsverfahren bezüglich der - bisher ohne Baubewilligung - ersetzten Neubauteile anhängig ist. Im gegenständlichen Verfahren (Baueinstellung und Abbruchauftrag) ist es aber unerheblich, ob aufgrund des Umfanges des erfolgten Abbruches der Konsens für den Altbau untergegangen ist oder nicht. Unrichtig ist jedenfalls die in der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid geäußerte und im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Rechtsansicht, wonach Zweck der Norm des § 70a der Steiermärkischen Bauordnung zum einen die Hintanhaltung von Bauwerken ohne Baubewilligung bzw. deren Beseitigung, zum anderen der Schutz von Interessen von Nachbarn sei. Da keine schutzwürdigen Interessen von Nachbarn durch die "nunmehrige unveränderte Bauführung tangiert würden", sei der Bescheid kontra legem ergangen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß eine Baueinstellung und die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung schon dann gerechtfertigt ist, wenn Bauarbeiten ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, ohne Rücksicht darauf, ob dadurch Rechte des Nachbarn verletzt werden. Den Nachbarn steht überdies nach Abs. 2 der zitierten Bestimmung das Recht zu, als Partei die Baueinstellung und die Beseitigung dann zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 ihre Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen.
Durch den angefochtenen Bescheid waren daher Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt. Die Beschwerde war somit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren abzuweisen; damit ist auch der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos, ganz abgesehen davon, daß während des anhängigen Verfahrens zur Erlangung der Baubewilligung der Abbruchauftrag nicht vollstreckt werden darf.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993060112.X00Im RIS seit
03.05.2001