TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/17 93/18/0104

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Veröffentlicht am 17.06.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der S in U, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 13. Jänner 1993, Zl. III 124/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 6 in Verbindung mit §§ 19, 20 und 21 FrG ein mit drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführerin am 7. Februar 1991 vom österreichischen Generalkonsulat in Istanbul ein bis zum 6. Mai 1991 gültiger Sichtvermerk ausgestellt worden. In ihrem Sichtvermerksantrag habe die Beschwerdeführerin als Einreisezweck den Besuch des Sohnes H. in P angegeben und eine Erklärung unterfertigt, wonach sie nur für die im Sichtvermerksantrag angegebene Zeit und nur zu einem Besuchsaufenthalt nach Österreich reisen werde. Tatsächlich habe sie jedoch die Absicht gehabt, nicht nur den Sohn in Österreich zu besuchen, sondern über den Weg des "Besuchervisums" nach Österreich zu gelangen und dort für immer zu bleiben. Die Beschwerdeführerin sei noch im Februar 1991 in das Bundesgebiet eingereist und lebe bei ihren drei Kindern, die schon lange in Österreich und hier gut integriert seien. Die belangte Behörde erachtete den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG verwirklicht und die in § 18 Abs. 1 Z. 1 umschriebene Annahme gerechtfertigt. Der mit dem Aufenthalt verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin sei zur Erreichung des in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles des Schutzes der Ruhe und Ordnung dringend geboten. Mit Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten "Einwanderungs- bzw. Fremdenpolizeiwesens" wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin macht der belangten Behörde zwar den Vorwurf, "gravierende Unterlassungen bei der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes" begangen zu haben, zeigt jedoch nicht auf, welche konkreten Sachverhaltsfeststellungen unterblieben sein sollen. Insbesondere bestreitet sie nicht, vor dem österreichischen Generalkonsulat in Istanbul die ihr zur Last gelegten unrichtigen Angaben über den Zweck und die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthaltes gemacht zu haben, um sich die Einreise zu verschaffen. Nach ihrem Vorbringen sei sie "aufgrund der gegebenen Umstände zu dieser Vorgangsweise gezwungen" gewesen, weil man ihr, wenn sie von vornherein "den Aufenthalt in Österreich" angegeben hätte, eine Sichtvermerksbescheinigung nicht erteilt hätte.

Bei dieser Sachlage stößt es auf keine Bedenken, wenn die belangte Behörde von der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG ausging; ebensowenig ist die darauf gründende rechtliche Beurteilung, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde, als rechtswidrig zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0112).

Mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier zum Schutz der öffentlichen Ordnung) dringend geboten.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist auch die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet. Die Intensität der Bindungen der Beschwerdeführerin an die schon lange in Österreich lebenden Kinder kann nicht entscheidend ins Gewicht fallen, wurde sie doch erst durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich herbeigeführt, der allerdings zum Großteil illegal ist und dem eine Einreise aufgrund eines durch unrichtige Angaben erwirkten Sichtvermerks vorausgegangen ist. Von einer mit der Rückkehr in die Türkei für die Beschwerdeführerin verbundenen "besonderen Härte" kann schon deshalb keine Rede sein, weil die Beschwerdeführerin rechtens von vornherein nicht mit einer dauernden Aufenthaltsberechtigung in Österreich rechnen durfte. Einer allfälligen Bereitschaft der Kinder der Beschwerdeführerin, für deren Unterhalt aufzukommen, kommt aus der Sicht des § 20 Abs. 1 FrG keine Bedeutung zu.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180104.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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