TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/17 93/06/0059

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Veröffentlicht am 17.06.1993
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Index

L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs4 Z4;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 litb;
BauRallg;
GdO Tir 1966 §108 Abs3;
GVG Tir 1983 §17 Abs1;
GVG Tir 1983 §17 Abs2;
ROG Tir 1984 §15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der X in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Jänner 1993, Zl. Ve1-551-578/2, betreffend Nichtigerklärung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. August 1992 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 31 der Tiroler Bauordnung die Baubewilligung zur Errichtung eines landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes (Aussiedlerhof) sowie eines Zwischentraktes auf Gst-Nr. 687, KG. F, erteilt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hat als Aufsichtsbehörde erster Instanz den genannten Bescheid des Bürgermeisters mit ihrem Bescheid vom 5. Oktober 1992 gemäß § 113 Abs. 1 der Tiroler Gemeindeordnung in Verbindung mit § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG und § 52 Abs. 1 lit. b TBO sowie § 17 des Grundverkehrsgesetzes 1983 wegen Nichtigkeit behoben. Zur Begründung dieses Bescheides wurde u.a. ausgeführt, der Amtssachverständige der Tiroler Landesregierung habe in seinem Gutachten vom 26. Juni 1991 und 28. November 1991 festgestellt, daß die Errichtung des gegenständlichen Aussiedlerhofes gerade an jener Stelle in F geplant sei, an der die Grünlandflächen zwischen M und F die größte Einengung erfahren. Es sei daher unbedingt notwendig, daß diese restlichen Freilandflächen, an denen bereits vom Nordosten her ein massiver Baulandvorstoß erfolgte, freigehalten würden, sollte ein ordentliches Ortsbild erhalten bleiben. Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit zur Errichtung dieses Bauvorhabens habe der Sachverständige nur unter der Bedingung gesehen, daß der vorliegende Schenkungsvertrag abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin und G.F. (ihrem Vater) von der Grund- bzw. Höfekommission genehmigt worden bzw. die Übernehmerin des Hofes grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft geworden sei. Dieses Gutachten sei schon der Bauverhandlung vom 30. Jänner 1992 zugrunde gelegen.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen. Zur Begründung führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, nach § 17 des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. Nr. 69, dürfe eine in anderen landesgesetzlichen Vorschriften vorgesehene Genehmigung (Bewilligung), die das Verfügungsrecht über ein Grundstück oder die Zustimmung des Eigentümers oder Bauberechtigten, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten, zur Voraussetzung habe, erst dann erteilt werden, wenn dem Rechtserwerb, der dieses Verfügungsrecht begründet, oder der Erteilung der Zustimmung des Eigentümers oder Bauberechtigten die erforderliche Zustimmung nach § 3 Abs. 1 des Grundverkehrsgesetzes 1983 rechtskräftig erteilt worden sei. Bescheide, mit denen eine solche Genehmigung (Bewilligung) vor Erteilung der erforderlichen Zustimmung nach § 3 Abs. 1 erteilt wurden, litten an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler. Bei einer Bewilligung nach der Tiroler Bauordnung (TBO) handle es sich um eine Genehmigung im Sinne vorgenannter Bestimmung, die mit Nichtigkeit bedroht sei, wenn die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Eigentumsübergang bzw. zur Einräumung eines Baurechtes auf fremdem Grund bzw. zur Zustimmung des Eigentümers zur Bauführung fehle. Die geplante Bauführung solle auf einem Grundstück erfolgen, auf das die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes anzuwenden seien. Nach § 3 dieses Gesetzes bedürfe jeder derivativer Eigentumserwerb bzw. die Zustimmung, auf fremdem Grund zu bauen, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde. Im Bauakt erliege ein Schenkungsvertrag vom 25. Februar 1991, in dem unter Punkt 1 u.a. die Gp. 687, KG. F, der Beschwerdeführerin übertragen werde. Diesem Vertrag fehle jedoch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung, sodaß dieser Vertrag (vgl. dessen Punkt 5) aufschiebend bedingt sei. Die Beschwerdeführerin sei also nicht grundbücherliche Eigentümerin der genannten Grundparzelle. Aus Punkt 3 dieses Vertrages gehe jedoch die Übergabe und Übernahme auch der oben genannten Grundparzelle durch die Beschwerdeführerin hervor, sodaß die Zustimmung zur Bauführung durch den grundbücherlichen Eigentümer G.F. dokumentiert sei. Der baubehördliche Bescheid als landesrechtliche Bewilligung sei auf Grund des § 17 des Grundverkehrsgesetzes 1983 mit Nichtigkeit behaftet. Nach § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 sei im wesentlichen nur die Errichtung und Anlegung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe bzw. der Zu- und Umbauten in geringerem Umfang im Freiland zulässig. Dies bedeute, daß die Errichtung von Bauten im Freiland nur im Zusammenhang mit bestehenden oder neu zu gründenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zulässig sei. Diese Bestimmung sei bei der Beurteilung von Bauvorhaben nach den Bestimmungen der TBO heranzuziehen und es sei von der Baubehörde - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - sehr wohl zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin Eigentümerin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sei oder die Eigenschaften erfülle, einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu gründen. Gemäß § 27 Abs. 3 lit. b der Tiroler Bauordnung sei für Neu-, Zu- oder Umbauten die Zustimmung des Grundeigentümers sowie die Bestätigung des Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde nach § 2 Abs. 2 des Grundverkehrsgesetzes 1983 oder der Bescheid der Grundverkehrsbehörde, mit dem sie die Zustimmung erteilte, dem Ansuchen anzuschließen. Durch diese Bestimmung solle sichergestellt werden, daß land- und forstwirtschaftliche Grundstücke nur von im Sinne des § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 berechtigten Personen bebaut werden können. Eine solche Bestätigung bzw. ein solcher Bescheid sei von der Beschwerdeführerin nie vorgelegt worden, wie eine Einsichtnahme in den Bauakt der mitbeteiligten Gemeinde ergeben habe. Es liege also hier bereits ein Mangel im Bauverfahren vor, zumal der landwirtschaftliche Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 26. Juni 1991 darauf hingewiesen habe, daß die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit zur Errichtung des neuen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes mit dem landwirtschaftlichen Nebengebäude nach § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes nur unter der Bedingung gegeben sei, daß der vorliegende Schenkungsvertrag von der Grund- bzw. Höfekommission genehmigt sei bzw. die Übernehmerin des Hofes (die Beschwerdeführerin) grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft, also des geschlossenen Hofes "Mangen", geworden sei. Dies bedeute, daß - da die vorgenannten Bewilligungen nicht erteilt wurden - nach genauer Prüfung des Antrages auf Erteilung der Baubewilligung der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan hätte erkennen und das Bauansuchen gemäß § 31 Abs. 3 der TBO abweisen müssen. Gemäß § 52 Abs. 2 lit. b TBO liege ein Nichtigkeitsgrund vor, wenn eine Bewilligung erteilt wurde, obwohl ein Abweisungsgrund nach § 31 Abs. 4 lit. a, b oder d vorliege. Es sei aber auch die Nichtigkeitserklärung als schärfstes Aufsichtsmittel gerechtfertigt gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe mehrfach festgestellt, daß ein Widerspruch eines Baubewilligungsbescheides zum Flächenwidmungsplan eine Aufhebung rechtfertige. Die Durchsetzung der Flächenwidmung sei schon wegen eines möglichen Zusammenhanges mit überörtlichen Gesichtspunkten von solcher Bedeutung, daß sie Nichtigerklärungen nach § 68 Abs. 4 lit. d AVG rechtfertigte. Als überörtlicher Gesichtspunkt sei die eingeschränkte Möglichkeit der Verbauung land- und forstwirtschaftlicher Grundflächen gemäß § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes zu bezeichnen. Ziel dieser Bestimmung sei die Freihaltung unverbauter, zusammenhängender land- und forstwirtschaftlicher Flächen. Es habe der Gesetzgeber genaue Vorgaben normiert, um diesem Grundsatz der überörtlichen Raumplanung Rechnung zu tragen und Bauten für land- und forstwirtschaftliche Zwecke quasi privilegiert. Dadurch werde die Baubehörde verpflichtet, genauestens das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen zu prüfen. Eine solche Prüfung sei aber durch die Baubehörde nicht in ausreichendem Maß durchgeführt worden, sodaß mit dem Aufsichtsmittel der Nichtigerklärung vorzugehen gewesen sei. Nur so könne die Einhaltung der oben vorgenannten Grundsätze sichergestellt werden. Im übrigen schloß sich die Behörde der Begründung der Bezirkshauptmannschaft vollinhaltlich an.

Gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Jänner 1993 richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Auffassung der belangten Behörde, der Baubewilligungsbescheid sei auf Grund des § 17 des Grundverkehrsgesetzes 1983 mit Nichtigkeit behaftet, sei unzutreffend. Nach Maßgabe der Tiroler Bauordnung reiche für die Baubewilligung im Hinblick auf das Eigentum aus, daß der bücherliche Eigentümer gegenüber der Baubehörde erkläre, mit der Bauführung der Bauwerber einverstanden zu sein. Diese Zustimmungserklärung im Bauverfahren sei jedoch nicht mit der Einräumung eines Rechtes, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten, zu verwechseln. Damit sei aber auch § 17 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes für diese Zustimmungserklärung nicht anzuwenden, sodaß keine Nichtigkeit des Baubescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde gegeben sei. Ob die Stellungnahmen, Gutachten- und Bescheidbegründungen allenfalls davon ausgingen, daß die Beschwerdeführerin Eigentümerin sei, spiele im Hinblick auf die vorgenannte Gesetzesstelle keine Rolle und möge allenfalls ein Formfehler, jedoch keinesfalls ein die Nichtigkeit herstellender Mangel sein. Es erübrige sich daher ein weiteres Eingehen auf Gutachten und sonstige Verfahrensgrundlagen des Verfahrens vor der Baubehörde. Selbst wenn man zur Ansicht gelangen sollte, daß das Verfahren vor der Baubehörde nicht in allen Einzelheiten den Bestimmungen des AVG, der Tiroler Bauordnung und des Tiroler Raumordnungsgesetzes entspreche, sei davon auszugehen, daß keine im Sinne des § 68 Abs. 4 lit. d AVG Nichtigkeit begründende Gesetzesverletzung vorliege. Es sei auch unzutreffend, wenn davon gesprochen werde, daß das gegenständliche Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid an einem durch gesetzliche Vorschriften ausdrücklich mit Nichigkeit bedrohten Fehler leidet. Gemäß § 27 Abs. 3 lit. b der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, ist einem Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer bzw. Bauberechtigter ist, sowie die Bestätigung des Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde nach § 2 Abs. 2 des Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. Nr. 69, oder der Bescheid der Grundverkehrsbehörde, mit dem sie feststellt, daß die Erteilung dieser Zustimmung nicht der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, oder der Bescheid der Grundverkehrsbehörde, mit dem sie die Zustimmung erteilt, anzuschließen. Nach § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG 1984), LGBl. Nr. 4/1984, ist zufolge des Abs. 3 die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräume im Freiland nur zulässig, soweit diese nach Art und Größe für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind. Die Errichtung solcher Bauten für bestehende land- und forstwirtschaftliche Betriebe ist nur dann als erforderlich anzusehen, wenn dies im Zuge einer Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur, insbesondere für die Auflösung materiell geteilten Hauseigentums, für die Verlegung von Betrieben aus wirtschaftlich ungünstigen Orts- oder Hoflagen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des Umweltschutzes notwendig ist. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist die Errichtung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden im Zuge einer Neugründung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Freiland nur zulässig, wenn die Neugründung dieses Betriebes dem öffentlichen Interesse an der Schaffung und Erhaltung wirtschaftlich gesunder und leistungsfähiger land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe dient. Zur Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Landeslandwirtschaftskammer zu hören. Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung ist die Baubewilligung für die Errichtung von Gebäuden, die nach den Abs. 3 und 4 im Freiland zulässig ist, zu versagen, wenn die Lage des Gebäudes dem Ziel der örtlichen Raumordnung im Sinne des § 8 Abs. 2 lit. b widerspricht. Gemäß § 31 Abs. 2 TBO hat die Behörde ein Bauansuchen zurückzuweisen, wenn die nach § 27 erforderlichen Unterlagen trotz Setzung einer Nachfrist nach § 13 Abs. 3 AVG nicht vollständig beigebracht wurden. Nach § 31 Abs. 3 TBO ist ein Bauansuchen ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich bereits aus dem Bauansuchen ergibt, daß das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspricht, nach Abs. 4 lit. a ist ein Bauansuchen schließlich abzuweisen, wenn sich bei der Bauverhandlung ergibt, daß ein Abweisungsgrund nach Abs. 3 vorliegt. Gemäß § 52 Abs. 1 lit. b TBO leiden Bescheide an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler, wenn die Bewilligung erteilt wurde, obwohl ein Abweisungsgrund nach § 31 Abs. 4 lit. a, b oder d vorliegt.

Nach § 1 Abs. 1 des (Tiroler) Grundverkehrsgesetzes 1983, LGBl. Nr. 69/1983, in der Fassung LGBl. Nr. 74/1991 (GVG), unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, wobei für die Berurteilung, ob ein Grundstück ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück ist, nicht seine Bezeichnung im Grundsteuer- oder Grenzkataster, sondern seine Beschaffenheit oder bisherige Verwendung maßgebend ist. In der Beschwerde wurde nicht bestritten, daß das gegenständliche Grundstück bisher landwirtschaftlich verwendet wurde. Nach § 3 Abs. 1 lit. a und c dieses Gesetzes bedarf jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb sowie die Einräumung des Rechtes oder die Erteilung der Zustimmung, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten, der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde, soweit im Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist. Daß die Voraussetzungen nach Abs. 2 dieser Bestimmung vorlägen, wurde in der Beschwerde nicht einmal behauptet. Nach § 17 Abs. 1 GVG darf eine in anderen landesrechtlichen Vorschriften vorgesehene Genehmigung (Bewilligung), die das Verfügungsrecht über ein Grundstück oder die Zustimmung des Eigentümers oder Bauberechtigten, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten, zur Voraussetzung hat, erst erteilt werden, wenn dem Rechtserwerb, der dieses Verfügungsrecht begründet, oder der Erteilung der Zustimmung des Eigentümers oder Bauberechtigten die erforderliche Zustimmung nach § 3 Abs. 1 rechtskräftig erteilt worden ist. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung leiden Bescheide, mit denen eine im Abs. 1 bezeichnete Genehmigung (Bewilligung) vor Erteilung der erforderlichen Zustimmung nach § 3 Abs. 1 erteilt wurde, an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.

Daß eine Baubewilligung eine Bewilligung im Sinne des § 17 Abs. 1 GVG ist, ergibt sich aus dieser Bestimmung selbst, weil sie ausdrücklich auf die Errichtung von Bauwerken auf fremdem Grund mit Zustimmung des Eigentümers oder Bauberechtigten Bezug nimmt und sich daher nicht nur auf die Einräumung eines Baurechts bezieht, wie die Beschwerdeführerin meint. Unbestritten ist, daß der Baubehörde weder die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Schenkungsvertrages vom 25. Februar 1991, betreffend die Gp. 687, KG. F, auf dem die Errichtung des Aussiedlerhofes erfolgen soll, noch die gemäß § 27 Abs. 3 lit. b TBO für Neu-, Zu- oder Umbauten erforderliche Bestätigung des Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde bzw. der Bescheid der Grundverkehrsbehörde vorgelegt wurde; dem Bauakt liegt auch keine dieser Bestätigungen ein. Unbestritten ist weiters, daß die Beschwerdeführerin sogar bis zum Zeitpunkt der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides mangels Eintragung in das Grundbuch noch nicht Eigentümerin des zu bebauenden Grundstückes war. Die Zustimmung des Eigentümers (G.F., Vater der Beschwerdeführerin) zur Durchführung des Bauvorhabens vermochte die gemäß § 27 Abs. 3 lit. b TBO zusätzlich erforderliche Zustimmung der Grundverkehrsbehörde nicht zu ersetzen. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde hätte daher gemäß § 31 Abs. 2 TBO die Beschwerdeführerin zunächst gemäß § 13 Abs. 3 AVG unter Setzung einer Nachfrist zur Beibringung der gemäß § 27 TBO erforderlichen Unterlagen auffordern müssen. Nach fruchtlosem Fristverstreichen hätte er das Bauansuchen zurückzuweisen gehabt. Da die beantragte Baubewilligung trotz Fehlens der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde erteilt wurde, litt die Baubewilligung gemäß § 17 Abs. 2 GVG entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.

Die (demnach noch zu prüfende) Vereinbarkeit der Aufhebung dieses Bescheides mit der in § 108 Abs. 3 TGO 1966 angeordneten möglichsten Schonung erworbener Rechte Dritter bejahte die belangte Behörde unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 4. September 1980, Zl. 2996/79, und der darin zum Ausdruck kommenden Ansicht, daß die Durchsetzung der Flächenwidmung schon wegen eines möglichen Zusammenhanges mit überörtlichen Gesichtspunkten von solcher Bedeutung sei, daß sie die Nichtigerklärung nach § 68 Abs 4 lit. d AVG rechtfertige. Als überörtlichen Gesichtspunkt sah die belangte Behörde die eingeschränkte Möglichkeit der Verbauung land- und forstwirtschaftlicher Grundflächen gemäß § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 an. Dieser Bestimmung sei nämlich die Freihaltung unverbauter, zusammenhängender land- und forstwirtschaftlicher Flächen zu entnehmen. Die Baubehörde werde verpflichtet, genauestens das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen zu prüfen. Da die Baubehörde eine solche Prüfung nicht in ausreichendem Maße durchgeführt habe, sei mit dem Aufsichtsmittel der Nichtigerklärung vorzugehen gewesen.

Daß die Annahme des Vorliegens des so definierten überörtlichen Gesichtspunktes durch die Aufsichtsbehörde unrichtig erfolgt sei, hat die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet. Unter den gegebenen Umständen kann auch der Verwaltungsgerichtshof in der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung im Sinne eines Prävalierens der öffentlichen Interessen keine Verletzung des Schonungsprinzipes des § 108 Abs. 3 TGO erkennen, zumal Umstände in dieser Hinsicht weder in der Beschwerde behauptet werden noch sonst erkennbar sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993060059.X00

Im RIS seit

27.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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