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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ vom 13.8.1990, Zl. Ge - 7576/1 - 1990/Re/Hai, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage nach § 359b GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 28. Juni 1988 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung einer Werkstätte zur Kunststoffverarbeitung.
Unter Bezugnahme auf dieses Ansuchen wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Juni 1989 "gemäß §§ 74, 77, 78 und 259 der Gewerbeordnung 1973 ... die Errichtung einer Kunststoffverarbeitungsanlage auf dem Grst. Nr. 33/4, KG M, Marktgemeinde G, bei Erfüllung der in der beiliegenden, einen ergänzenden Bestandteil des Spruches bildenden Verhandlungsschrift vom 4.4.1989 auf Seite 5, II, Pkt. 1 bis 9, enthaltenen Auflagen auf die Dauer von drei Jahren gewerbebehördlich genehmigt". In der verwiesenen Verhandlungsschrift heißt es u.a., daß mit Rechtskraft des Genehmigungsbescheides ein Probebetrieb für die Dauer von längstens sechs Monaten eingeräumt werde; nach Durchführung des Probebetriebes sei unaufgefordert bei der Gewerbebehörde um die Erteilung der Betriebsbewilligung anzusuchen.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
In der Folge wurde um Erteilung der Betriebsbewilligung angesucht und mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 15. Mai 1990 die Betriebsbewilligung erteilt. Gegen diesen Bescheid wurden Berufungen erhoben.
Mit Schriftsatz vom 6. Juni 1990 stellte der Beschwerdeführer das "Ansuchen zur Errichtung und Betrieb der Kunststoffverarbeitungsanlage nach § 359b GewO 1973 in der geltenden Fassung, auf Parz. 33/4, KG M". Nach Ausführungen darüber, daß die Voraussetzungen des § 359b GewO 1973 erfüllt seien, wird in diesem Schriftsatz abschließend vom Beschwerdeführer der Antrag gestellt, "die Gewerbebehörde möge feststellen, daß meine gegenständliche Betriebsanlage unter das verkürzte Verfahren des § 359b GewO fällt und mir die Genehmigung zur Errichtung und Betrieb dieser Anlage erteilt wird".
Dieser Antrag vom 6. Juni 1990 wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 15. Juni 1990 "gemäß § 359b Z. 2 der Gewerbeordnung 1973 ... abgewiesen". Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe eine Feststellung im Sinne des § 359b Z. 2 GewO 1973 für seine bereits in Betrieb stehende und mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Juni 1989 auf die Dauer von drei Jahren genehmigte Betriebsanlage begehrt. Der vorliegende Antrag sei abzuweisen, weil die mit Bescheid vom 13. Juni 1989 genehmigte Anlage während des eingeräumten Probebetriebes wiederholt zu Geruchsbelästigungen geführt habe. Da die eingewendeten Geruchsbelästigungen laut Gutachten der Amtssachverständigen im zumutbaren Rahmen gelegen seien und auch in Hinkunft unzumutbare Belästigungen nicht zu erwarten seien, sei für die Betriebsanlage mit Bescheid vom 15. Mai 1990 die gewerbebehördliche Betriebsbewilligung erteilt worden. Diese Betriebsbewilligung sei nicht rechtskräftig geworden, weil der Nachbar L und auch der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid berufen hätten. In seiner Berufung habe der Nachbar L "unerträgliche Geruchsbelästigungen" an genau bezeichneten Tagen angeführt und auch eine gesundheitliche Belastung durch die genehmigte Anlage behauptet. Für die Bezirkshauptmannschaft stehe fest, daß zeitweise gewisse, wenn auch zumutbare Geruchsbelästigungen erfolgten, die auch in Hinkunft nicht absolut auszuschließen sein würden. Aus diesen Gründen sei eine wesentliche Voraussetzung für eine Feststellung nach § 359b Z. 2 GewO 1973 nicht gegeben, sodaß der vorliegende Antrag abzuweisen gewesen sei.
Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. August 1990 "abgewiesen und der bekämpfte Bescheid ... vollinhaltlich bestätigt". In der Begründung dieses Bescheides heißt es zusammenfassend, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, in seinem Ansuchen vom 28. Juni 1988 sowie dessen Beilagen nachzuweisen, daß die zur Anwendung des § 359b Z. 2 GewO 1973 erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich "in dem gesetzlichen Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides iSd § 359b Ziff. 2 GewO 1973 verletzt". Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - auf das Wesentlichste zusammengefaßt - vor, bei dem Ansuchen vom 6. Juni 1990 handle es sich um ein neu eingeleitetes Verfahren, daher sei die Begründung im angefochtenen Bescheid, daß zum Zeitpunkt des Ansuchens vom 28. Juni 1988 sowie dessen Beilagen die erforderlichen Voraussetzungen zur Anwendung des § 359b Z. 2 GewO 1973 nicht erfüllt seien, bedeutungslos. Die Behörde habe dabei offensichtlich übersehen, daß zum Zeitpunkt des Ansuchens vom 28. Juni 1988 die Regelung des § 359b GewO 1973 noch gar nicht in Geltung gestanden sei. Bezogen auf das Verfahren vom 28. Juni 1988 hätten daher sowohl die Behörde als auch der Antragsteller zum Zeitpunkt des Einbringens des Ansuchens keine Möglichkeit gehabt, die Voraussetzungen für ein mögliches Auftragsverfahren zu überprüfen. Auf Grund des Ansuchens und der zum Zeitpunkt des Ansuchens bei der Behörde vorhandenen Unterlagen hätte die Behörde daher die Feststellung treffen müssen, daß die Anlage dem § 359b Z. 2 GewO 1973 entspreche. Hätte sich die belangte Behörde insgesamt mit dem Ansuchen vom 6. Juni 1990 sachlich auseinandergesetzt bzw. entsprechende Ermittlungen angestellt, hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, daß die Anlage dem § 359b Z. 2 GewO 1973 entspreche.
Gemäß § 359b GewO 1973 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), wenn der Genehmigungswerber in seinem Ansuchen und dessen Beilagen (§ 353) nachweist, daß 1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder 2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 150 m2 beträgt, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 50 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden, mit Bescheid diese Beschaffenheit der Anlage festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.
Gemäß § 356 Abs. 1 erster Satz GewO 1973 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0175, dargelegt hat, folgt aus dieser Rechtslage, daß im § 359b GewO 1973 ein eigener auf einen Feststellungsbescheid gerichteter Antrag eines Genehmigungswerbers nicht vorgesehen ist, sondern daß die Behörde bei Vorliegen eines den Voraussetzungen des § 353 entsprechenden Genehmigungsantrages im Falle des dem Genehmigungswerber obliegenden Nachweises der in Betracht kommenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 359b GewO 1973 von Amts wegen einen Feststellungsbescheid im Sinne dieser Gesetzesstelle zu erlassen hat; dies ergibt sich insbesondere auch aus der Anordnung des § 356 Abs. 1 GewO 1973, wonach die Behörde, "ausgenommen in den Fällen des § 359b", auf Grund eines "Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage" eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen hat. Mangels eines im § 359b GewO 1973 vorgesehenen Feststellungsantrages des Genehmigungswerbers hat dieser daher auch keinen Anspruch auf Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides, sondern hat entsprechend der dargelegten Gesetzeslage ein Ansuchen im Sinne des § 353 GewO 1973 um Genehmigung einer Betriebsanlage zu stellen, IM RAHMEN DESSEN er die entsprechenden Nachweise im Sinne des § 359b GewO 1973 erbringen kann.
Bedarf aber ein behördlicher Abspruch nach § 359b GewO 1973 eines den Voraussetzungen des § 353 entsprechenden Genehmigungsantrages, so wäre der AUSSCHLIEßLICH auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne des § 359b GewO 1973 gerichtete Antrag vom 6. Juni 1990 als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Da der Antrag vom 6. Juni 1990 schon aus dem oben dargelegten Grund zurückzuweisen gewesen wäre, erübrigt sich aber auch ein Eingehen auf die von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vorgebrachte Argumentation, im Hinblick auf die im Beschwerdefall gegebene (besondere) Verfahrenskonstellation wäre der gegenständliche Antrag im Grunde der Übergangsregelung des Art. VI Abs. 4 der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, zurückzuweisen gewesen.
Da sich der der materiellen Rechtskraft fähige Abspruch eines abweislichen Bescheides aus dem Spruch in Verbindung mit der Begründung, insoweit aus ihr der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, d.h. der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung dienende Sachverhalt, ergibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 86/09/0052), vermag der Verwaltungsgerichtshof - entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift offenkundig vertretenen Ansicht - auch nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in keinem Recht verletzt worden sei.
Indem die belangte Behörde aus den oben dargelegten Gründen die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen einzugehen war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Da unter dem Begriff "Barauslagen", den der Beschwerdeführer verwendete, der Ersatz entrichteter Stempelgebühren nicht angesprochen werden kann (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1968, Slg. N.F. Nr. 7432/A) und nicht erkennbar ist, daß es sich um andere Auslagen als jene für Stempelgebühren handelt, war das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990040240.X00Im RIS seit
25.01.2001