TE VwGH Erkenntnis 1993/06/21 91/15/0151

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Veröffentlicht am 21.06.1993
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 23. Oktober 1991, Zl 6/3-3384/89-09, betreffend Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 1982 bis 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

    Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer am 4. November 1988 abgeschlossenen abgabenbehördlichen Prüfung im Betrieb der Beschwerdeführerin vertrat die Prüferin die Rechtsansicht, daß für die im Rahmen des "XY" ausgeführten Umsätze - es handle sich um die Erteilung von Nachhilfeunterricht und um die Abhaltung von "Paukerkursen (Lernhilfekursen)" in den Schulferien - die Steuerbefreiung des § 6 Z 11 UStG nicht gebühre, weil diese Tätigkeit keine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit darstelle.

    Das Finanzamt folgte dieser Rechtsansicht und erließ für die Streitjahre, und zwar für das Jahr 1982 im wiederaufgenommenen Verfahren, Umsatzsteuerbescheide, in denen die in Rede stehenden Umsätze als umsatzsteuerpflichtig behandelt wurden.

    Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung(en).

    In der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht festgestellt, daß der im Beschwerdefall streitgegenständliche Unterricht - bestimmte andere Tätigkeiten wurden steuerfrei belassen - zwei Kategorien umfasse, nämlich

    a) Ergänzungsunterricht für Teilnehmer an der Maturaschule, und

    b) Blockveranstaltungen für Schüler, die eine Nachprüfung zu bestehen hatten.

    Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde(n) die Berufung(en) der Beschwerdeführerin abgewiesen; dies, soweit vor dem Verwaltungsgerichtshof noch von Bedeutung, im wesentlichen mit folgender Begründung:

    Hinsichtlich der als Lernhilfeangebot in den Sommerferien durchgeführten KURZLEHRGÄNGE (INTENSIVKURSE) sei im Hinblick darauf, daß diese Kurse getrennt nach Unterrichtsgegenständen und Jahrgängen zur Einzelbelegung angeboten würden und von den Teilnehmern nicht als Ersatz für den regulären Schulbesuch - ob dieser nun im Besuch einer privaten oder öffentlichen Schule bestanden habe - in Anspruch genommen worden seien, weder vom Umfang noch vom (abgeschlossenen) Lehrziel her eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit gegeben. Dem Argument der Beschwerdeführerin, daß den Schülern jeweils der gesamte Jahresstoff und nicht nur von diesen nicht beherrschte Teile desselben vermittelt worden seien, daß der Lehrstoff für die Schüler oftmals neu sei bzw den Schulbesuch im Falle einer Wiederholung einer Schulstufe ersetze, weswegen der Unterricht nicht als Nachhilfeunterricht bezeichnet werden dürfe, könne nicht gefolgt werden. Nachhilfeunterricht liege nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn der Unterricht zusätzlich zu einem (regulär) besuchten Unterricht als Unterstützung zur Erreichung des dort geforderten Lernzieles besucht werde. Die von der Beschwerdeführerin veranstalteten Intensivkurse hätten den Charakter von Nachhilfeunterricht, ermöglichten sie doch die Erreichung des Lernzieles eines bereits erfolgten Unterrichtsbesuches in einem Hauptgegenstand und auf einer Schulstufe sowohl für Schüler der privaten Maturaschule XY als auch für Schüler öffentlicher Schulen. Daraus folge aber, daß die vom Lernzentrum abgehaltenen Intensivkurse nicht mit der Tätigkeit öffentlicher Schulen vergleichbar seien.

    In den vom Lernzentrum durchgeführten KURZKURSEN (LERNHILFEKURSEN) könne eine mit der Tätigkeit öffentlicher Schulen vergleichbare Tätigkeit nicht erblickt werden, weil diese einerseits dem Umfang des Lehrstoffes, der an öffentlichen Schulen geboten werde, nicht gerecht würde, andererseits ein abgeschlossenes Lehrziel nicht gegeben sei. Die vorstehenden Ausführungen zum Nachhilfeunterricht würden für die Lernhilfekurse (Kurzkurse) entsprechend gelten. Ein Vergleich solcher Kurse mit dem nach dem Schulunterrichtsgesetz (SchuG) vorgesehenen Förderunterricht sei nicht "stichhältig", weil der an öffentlichen Schulen gesetzlich vorgeschriebene Förderunterricht lediglich in bestimmten Fällen zusätzlich zum Normalunterricht geboten werden müsse, also bloß "einen in den öffentlichen Schulen zu bietenden Nachhilfeunterricht" darstelle. Ein Vergleich zwischen der von der Beschwerdeführerin gebotenen Lernhilfe und der Tätigkeit von öffentlichen Schulen verbiete sich schon deswegen, weil in den Kurzkursen kein neues Unterrichtsfach zu erblicken sei bzw darin kein neuer Unterrichtsstoff vermittelt werde.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf Steuerbefreiung nach § 6 Z 11 UStG 1972 betreffend Umsätze von privaten Schulen bzw anderen allgemeinbildenden Einrichtungen" verletzt.

    Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Gemäß § 6 Z 11 UStG sind von den unter § 1 Abs 1 leg cit fallenden Umsätzen die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausübung dienenden Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, daß eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird.

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Anwendung der in Rede stehenden Befreiungsvorschrift bei privaten Schulen und allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen die Klärung der Frage, ob eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird. Maßstab dafür ist in erster Linie der Lehrstoff. Ein den öffentlichen Schulen vergleichbarer Lehrstoff liegt nicht schon dann vor, wenn eine Einrichtung einzelne Gegenstände unterrichtet, die zum Lehrstoff öffentlicher Schulen gehören, es ist vielmehr erforderlich, daß der Lehrstoff in den unterrichteten Gegenständen auch dem Umfang und dem Lehrziel nach wenigstens annähernd dem von öffentlichen Schulen Gebotenen entspricht. Die Unterstützung von Schülern in sogenannten "Lernhilfekursen" bei der Erreichung ihres Lernzieles an einer Höheren Schule oder Maturaschule genügt als bloßer "Nachhilfeunterricht" zur Vergleichbarkeit nicht. Auch der Unterricht in kleineren Gruppen, wobei der gesamte Stoff eines bestimmten Gegenstandes klar verständlich durchgenommen wird, kann Nachhilfeunterricht darstellen. Entscheidend ist, daß er ZUSÄTZLICH zu einem regulär besuchten Unterricht als Unterstützung bei der Erreichung des dort geforderten Lernzieles besucht wird (vgl zu allen diesen Rechtssätzen die hg. Erkenntnisse vom 17. März 1986, Slg Nr 6091/F, vom 14. April 1986, Slg Nr 6106/F, und vom 9. Juni 1986, Slg Nr 6127/F).

    Da auch den von der Beschwerdeführerin abgehaltenen Intensiv- und Kurzkursen nach dem Gesagten der Charakter von "Nachhilfeunterricht" zukommt, ist eine Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit öffentlicher Schulen nicht gegeben. Der angefochtene Bescheid ist daher frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit. Die Beschwerde mußte somit gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl Nr 104/1991.

Im RIS seit
20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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