TE Vwgh Beschluss 1993/6/21 91/04/0328

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Veröffentlicht am 21.06.1993
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Index

L74007 Fremdenverkehr Tourismus Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs7;
B-VG Art141 Abs1 lite;
TourismusG Tir 1991 §39 Abs1;
TourismusG Tir 1991 §39 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und Senatspräsident Dr. Weiss sowie Hofrat Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, in der Beschwerdesache des J in L, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. April 1991, Zl. IIc-3/7226/424, betreffend Anfechtung der Wahl des Aufsichtsrates und des Vorstandes eines Tourismusverbandes, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Tiroler Landesregierung gab mit Bescheid vom 17. April 1991 gemäß § 39 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991, LGBl. Nr. 24, dem Antrag des Beschwerdeführers, die am 31. Jänner 1991 durchgeführte Wahl des Aufsichtsrates und des Vorstandes des Tourismusverbandes wegen Rechtswidrigkeit der Wahlvorgänge aufzuheben, keine Folge. Zur Begründung wurde - nach Darstellung der vom Beschwerdeführer für die von ihm begehrte Aufhebung genannten Gründe - im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 13 Abs. 1 Tiroler Tourismusgesetz 1991 werde die Wahl des Aufsichtsrates vom Obmann oder über dessen Verlangen vom anwesenden Vertreter der Landesregierung geleitet. Der anwesende Vertreter der Landesregierung sei vom Obmann gebeten worden, den Tagesordnungspunkt Neuwahlen abzuwickeln. Somit seien dem Vertreter der Landesregierung bei der Durchführung der Wahl alle Befugnisse des Obmannes, somit auch die Sitzungspolizei, zugekommen. Weiters legte die belangte Behörde dar, aus § 13 Abs. 8 leg. cit. in Verbindung mit § 17 Abs. 1 lit. b leg. cit. gehe klar hervor, daß das aktive und passive Wahlrecht in den Vorstand den Aufsichtsratsmitgliedern, das passive Wahlrecht überdies auch den Ersatzmitgliedern des Aufsichtsrates und sogar Mitgliedern aus der Vollversammlung zustehe. Ein Ersatzmitglied erhalte das aktive Wahlrecht bzw. Stimmrecht im Aufsichtsrat erst dann, wenn es ein verhindertes Aufsichtsratsmitglied zu vertreten habe. Zuletzt meinte die belangte Behörde, aus den Wahlunterlagen gehe eindeutig hervor, daß die gewählten Ersatzmitglieder N und W bereits vor der Wahl des Aufsichtsrates ihre schriftliche Zustimmungserklärung zur Annahme einer allfälligen Wahl ihrer Person gegeben hätten. Somit hätten die Genannten gemäß § 13 Abs. 6 leg. cit. zu Recht als Ersatzmitglieder in die Stimmgruppe I gewählt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen bzw. mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung wegen Fehlens einer Rechtsverletzung in Bezug auf Individualrechte des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.

In der Beschwerde wird als Beschwerdepunkt folgende Rechtsverletzung geltend gemacht:

"Mit dem angefochtenen Bescheid wird zu Unrecht mein Antrag, daß die am 31. Jänner 1991 durchgeführte Wahl des Aufsichtsrates und des Vorstandes des Tourismusverbandes wegen Rechtswidrigkeit der Wahlvorgänge aufgehoben werde, abgewiesen."

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (zusammengefaßt) im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid führe zwar in seiner Begründung aus, der anwesende Vertreter der Landesregierung Hofrat Dr. A sei vom Obmann des Aufsichtsrates gebeten worden, den Tagesordnungspunkt Neuwahlen abzuwickeln, lasse jedoch nicht erkennen, worauf sich diese Feststellung stütze; sie sei, durch die Aktenlage nicht gedeckt. Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf das Vollversammlungsprotokoll, auf Aussagen von Auskunftspersonen sowie einschlägige Zeitungsnotizen, aus denen auch hervorgehe, daß der Wahlleiter im Zuge einer Auseinandersetzung mit dem Beschwerdeführer über die Frage, ob bei der Wahl des Vorstandes neben den gewählten Aufsichtsratsmitgliedern auch Ersatzmitgliedern das aktive Wahlrecht zukomme, seine Befugnis als Wahlleiter dadurch überschritten habe, daß er dem Beschwerdeführer nicht erlaubt habe, Passagen aus dem Tiroler Tourismusgesetz 1991 vorzulesen, und auf den Antrag des Beschwerdeführers nicht eingegangen sei, die Wahlversammlung zur Klärung dieser Frage zu unterbrechen; er habe den Beschwerdeführer mit dieser Frage lediglich auf den Berufungsweg verwiesen. Weiters legt der Beschwerdeführer dar, er habe neben den schon erwähnten Zeitungsberichten auch mehrere Zeugen und eine Tonbandaufnahme als Beweismittel für sein Vorbringen angeboten, die belangte Behörde sei aber darauf nicht eingegangen. Auch sei die Einvernahme durch den dem Wahlleiter unterstellten Dr. K unstatthaft gewesen. Außerdem habe er sich auch dagegen gewandt, daß die Zeugen bei ihrer Zeugeneinvernahme jeweils gegenseitig die Aussagen der beiden anderen Zeugen hätten mitanhören können. Darüber hinaus sei die Auffassung der belangten Behörde, das aktive und passive Wahlrecht in den Vorstand stehe lediglich den Aufsichtsratsmitgliedern zu und ein Ersatzmitglied erlange das aktive Wahlrecht bzw. Stimmrecht im Aufsichtsrat erst dann, wenn es ein verhindertes Aufsichtsratsmitglied zu vertreten habe, unzutreffend; dem sei nämlich entgegenzuhalten, daß § 17 Tiroler Tourismusgesetz 1991 nichts darüber aussage, ob den Ersatzmitgliedern das aktive Wahlrecht nur dann zustehe, wenn ein Aufsichtsratsmitglied verhindert sei. § 12 Abs. 3 liefere vielmehr einen klaren Hinweis darauf, daß auch den Ersatzmitgliedern das aktive Wahlrecht zustehen müsse. Danach werde nämlich bestimmt, daß der Gemeinderat die betreffenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des betreffenden Aufsichtsrates aus seiner Mitte so rechtzeitig zu wählen habe, daß sie an der Wahl der Vorstandes teilnehmen könnten, was überflüssig wäre, wenn dem Ersatzmitglied das aktive Wahlrecht ohnehin nicht zukomme. § 13 Abs. 8 bekräftige dies, da danach der Aufsichtsrat nach Möglichkeit im Anschluß an seine Wahl unter dem Vorsitz des Wahlleiters und unter Beteiligung des (der) Vertreter(s) der Gemeinde(n) aus den nach § 12 Abs. 1 gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrates einschließlich der Ersatzmitgliedern in getrennten Wahlgängen den Obmann, den ersten und den zweiten Obmannstellvertreter zu wählen hätten. Zuletzt bringt der Beschwerdeführer vor, es hätten die schriftlichen Zustimmungserklärungen der gewählten Ersatzmitglieder zur Annahme einer allfälligen Wahl ihrer Person gefehlt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Tiroler Tourismusgesetz 1991 bilden die Unternehmer (§ 2 Abs. 1) einer Gemeinde einen Tourismusverband, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist. Die Tourismusverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes.

Das Tiroler Tourismusgesetz 1991 regelt in seinem

5. Abschnitt die Aufsicht über Tourismusverbände. Nach dem diesen Abschnitt einleitenden § 39 (Aufsichtsbehörde, allgemeine Maßnahmen) Abs. 1 untersteht der Tourismusverband der Aufsicht der Landesregierung.

Gemäß § 39 Abs. 3 Tiroler Tourismusgesetz 1991 hat der Tourismusverband das Ergebnis von Wahlen in den Aufsichtsrat sowie die Namen und die Adressen der Mitglieder des Vorstandes und des Geschäftsführers nach jeder Änderung unverzüglich der Landesregierung und der Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich bekanntzugeben. Die Landesregierung hat auf Antrag eines bei der Wahl anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Mitgliedes oder von Amts wegen Wahlen der Organe des Tourismusverbandes wegen Rechtswidrigkeit ganz oder teilweise aufzuheben, wenn die Rechtswidrigkeit erwiesen ist und auf das Wahlergebnis von Einfluß war. Der Antrag muß innerhalb einer Woche nach Durchführung der Wahl eingebracht werden. Von Amts wegen darf eine Wahl nur innerhalb von zwei Monaten aufgehoben werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0135, zu - dem diesbezüglich inhaltlich entsprechenden - § 36 Abs. 3 des Tiroler Fremdenverkehrsgesetzes 1979 - dargetan hat, wird die Landesregierung bei Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben in aufsichtsbehördlicher Funktion tätig, was sich, abgesehen von dem systematischen Zusammenhang mit der Bestimmung nach Abs. 1 dieses Paragraphen insbesondere auch daraus ergibt, daß die Wahlen der Organe eines Tourismusverbandes - innerhalb der hiefür vorgesehenen Frist von zwei Monaten nach Ablauf ihrer Durchführung - bei Vorliegen der hiefür maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen auch von Amts wegen aufzuheben ist, wobei hiefür maßgebliche Umstände uneingeschränkt der amtswegigen Prüfung unterliegen. Dieser - uneingeschränkte - Prüfungsumfang gilt aber auch für ein derartiges aufsichtsbehördliches Verfahren dem ein - innerhalb einer Woche nach Durchführung der Wahl eingebrachter - Antrag auf Ungültigerklärung (nunmehr: Aufhebung) des Wahlverfahrens eines bei der Wahl anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Mitgliedes zugrunde liegt, weil auch bei Vorliegen einer derartigen Antragstellung - systematisch dem dargestellten aufsichtsbehördlichen Aufgabenbereich entsprechend - das Verfahren nicht - wie dies etwa im Art. 141 Abs. 1 lit. e B-VG für die Prüfung des Wahlverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof gilt - auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens abzustellen ist. Die im § 36 Abs. 3 Tiroler Fremdenkehrsgesetz 1979 (nunmehr: § 39 Abs. 3 Tiroler Tourismusgesetz 1991) vorgesehene Antragstellung von Mitgliedern des Fremdenverkehrsverbandes (nunmehr: des Tourismusverbandes) normiert daher - anders als dies im § 68 Abs. 7 AVG vorgesehen ist - ein subjektives öffentliches Recht der Genannten auf Ausübung des Aufsichtsrechtes durch die Landesregierung.

Der Annahme, daß der Beschwerdeführer in einem derartigen ihm nach § 39 Abs. 3 Tiroler Tourismusgesetz 1991 eingeräumten Recht verletzt worden wäre - wie dies etwa bei Zurückweisung eines Antrages nach § 39 Abs. 3 leg. cit. als verspätet der Fall sein könnte -, steht aber schon der Umstand der Erlassung des angefochtenen Bescheides entgegen und es wird in dieser Hinsicht auch in der Beschwerde nichts geltend gemacht.

Eine andere sich aus Bestimmungen des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 ergebende, zu einer Beschwerdeführung gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof berechtigende Rechtsverletzung in bezug auf Individualrechte des Beschwerdeführers - etwa betreffend Ausübung des Stimmrechtes nach § 9 Tiroler Tourismusgesetz 1991 - wurde aber nicht geltend gemacht. Der behauptete Verstoß betreffend die Ausübung des Stimmrechtes durch Ersatzmitglieder des Aufsichtsrates trifft weder nach den Beschwerdeausführungen noch auch nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides auf den Beschwerdeführer selbst zu; es wird vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, er selbst sei in seinem aktiven oder passiven Wahlrecht verletzt worden. Das Tiroler Tourismusgesetz 1991 sieht aber - wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt - kein subjektives Individualrecht auf Einhaltung der Gesetzmäßigkeit des Wahlvorganges schlechthin vor (vgl. auch hiezu den hg. Beschluß vom 22. November 1988, Zl. 88/04/0135).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig, was gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zu ihrer Zurückweisung zu führen hatte.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991040328.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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