TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/22 93/07/0054

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Veröffentlicht am 22.06.1993
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Index

L66504 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
80/06 Bodenreform;

Norm

B-VG Art139;
FlVfGG §1 Abs1;
FlVfGG §10 Abs1;
FlVfGG §2 Abs1;
FlVfGG §2 Abs3;
FlVfLG OÖ 1979 §1 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §2 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §3 Abs1;
FlVfLG OÖ 1979 §3 Abs2;
FlVfLG OÖ 1979 §4 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Aumayr, über die Beschwerde des B in L, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in M, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Februar 1993, Zl. Bod-4367/8-1993, betreffend Besitzstandsausweis und Bewertungsplan im Zusammenlegungsverfahren A, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Verordnung vom 5. Mai 1988 leitete die Agrarbezirksbehörde Linz (AB) das Zusammenlegungsverfahren A. ein, in welches auch 36 Besitzkomplexe des Beschwerdeführers und seiner Gattin im Gesamtausmaß von ca. 29,61 ha einbezogen wurden. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dessen Verlauf die Verfahrensparteien über die Art und Weise der Ermittlung der Eigentumsverhältnisse für bestimmte Teile des Zusammenlegungsgebietes ein Übereinkommen getroffen hatten, erließ die AB den Besitzstandsausweis und Bewertungsplan im Sinne des § 13 Abs. 1 des

O.ö. Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979 (O.ö. FLG 1979).

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer ins Treffen, daß die Behörde bei korrekter Gesetzesanwendung erkennen hätte müssen, daß seine Besitzkomplexe gemäß § 4 O.ö. FLG 1979 zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung nicht benötigt würden. Die meisten seiner Besitzkomplexe seien groß genug, um sie maschinell zweckmäßig nutzen zu können, hinsichtlich der übrigen Besitzkomplexe sei festzuhalten, daß gerade in nächster Zeit die Nutzung kleiner, überschaubarer Anbauflächen den Landwirten günstigere Erträge und Entwicklungschancen beschere als undifferenzierte Produktion auf großen Flächen. Bei der gegenwärtigen und in Zukunft zu erwartenden Entwicklung der Landwirtschaft sei eine Zusammenlegung nicht mehr geeignet, die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft zu verbessern. Es drohe im Zusammenhang mit der Zusammenlegung zudem der Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen, wobei auch eine großflächige Umverteilung die Umwidmung bisheriger landwirtschaftlicher Nutzflächen in Bauland begünstigen würde. Die Zusammenlegung stifte volks- und betriebswirtschaftlich mehr Schaden als Nutzen und sei deshalb nicht durchzuführen. Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Berufung, den bekämpften Bescheid der AB dahin abzuändern, daß entweder seine Besitzkomplexe zur Gänze oder zu einem bestimmt bezeichneten Teil aus dem Zusammenlegungsverfahren ausgeschieden werden, hilfsweise begehrte er, das Zusammenlegungsverfahren hinsichtlich aller einbezogenen Grundstücke "für nichtig zu erkennen".

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 1 AgrVG 1950 als unbegründet ab. Die belangte Behörde führte nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, daß in einem Berufungsverfahren betreffend den Besitzstandsausweis die Einbeziehung von Grundstücken in das Zusammenlegungsgebiet auf ihre Gesetzmäßigkeit hin auch dann zu prüfen sei, wenn bei der Erstbehörde ein Ausscheidungsantrag noch gar nicht gestellt gewesen sei. Diese von der belangten Behörde vorgenommene Prüfung habe aber zur Einsicht zu führen, daß die Besitzkomplexe des Beschwerdeführers und seiner Gattin zur Erreichung der Ziele des Zusammenlegungsverfahrens benötigt würden, welche Beurteilung die belangte Behörde an Hand konkret geboten erscheinender Veränderungsvorhaben begründete. Die objektive Betrachtung aller in das Zusammenlegungsgebiet einbezogener Grundstücke zeige eine starke Gemengelage, eine mangelhafte Verkehrserschließung und ungünstige Formen etlicher Grundstücke, woraus sowohl ein Interesse der Grundeigentümer, als auch ein öffentliches Interesse an planmäßiger und nachhaltiger Verbesserung der Agrarstruktur resultiere; Umstände, welche Agrarstrukturverbesserungen im Zusammenlegungsgebiet verhindern würden, seien nicht erkennbar. Die Flächen- und Wertdaten des Besitzstandsausweises und Bewertungsplans habe der Beschwerdeführer unbekämpft gelassen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Ausscheidung von Grundstücken aus einem Zusammenlegungsverfahren verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 O.ö. FLG 1979 können Grundstücke, die zur Erreichung der Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung (§ 1) nicht benötigt werden, mit Bescheid aus dem Zusammenlegungsgebiet ausgeschieden werden.

Nicht zu teilen ist die dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde gemeinsame Beurteilung des Bestandes eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers auf Ausscheidung seiner Grundstücke aus dem Zusammenlegungsverfahren im Beschwerdefall. Ein solches Recht hätte der Beschwerdeführer nur dann erworben, wenn er die Ausscheidung seiner Grundstücke nach § 4 Abs. 2 O.ö. FLG 1979 im Verfahren erster Instanz ausdrücklich beantragt hätte. Das hat er aber nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht getan. Auf eine amtswegige Ausscheidung von Grundstücken aus dem Zusammenlegungsgebiet hat die Verfahrenspartei jedoch keinen Rechtsanspruch (vgl. das zur im wesentlichen vergleichbaren Rechtslage nach dem seinerzeitigen Stmk. ZLG 1971 ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1977, 1611, 1612/76). Für die Ausscheidung von Grundstücken sieht das Gesetz ein gesondertes, vor der Agrarbehörde erster Instanz anhängig zu machendes Verfahren vor. Es geht die Kritik der belangten Behörde an den hg. Erkenntnissen vom 10. November 1992, 92/07/0131, und vom 1. Dezember 1992, 92/07/0142, daher insofern ins Leere, als die Berechtigung eines Ausscheidungsanspruchs des Beschwerdeführers nach den in diesen Erkenntnissen dargestellten Kriterien mangels Vorliegens eines Ausscheidungsantrags hier gar nicht zu prüfen war. Der Vollständigkeit halber sei allerdings noch bemerkt, daß das angefochtene Erkenntnis die dem Verwaltungsgerichtshof inhaltlich im wesentlichen vorgeworfene Unvollziehbarkeit der in den kritisierten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung dadurch selbst widerlegt, daß es den in den dort erhobenen Anforderungen an die Begründung eines einen Ausscheidungsantrag abweisenden Bescheides hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der angestellten Erwägungen gerecht geworden wäre.

In seinem Recht auf Ausscheidung seiner Grundstücke aus dem Zusammenlegungsgebiet wurde der Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis somit schon deswegen nicht verletzt, weil er einen Ausscheidungsantrag im Verfahren erster Instanz nicht gestellt hatte und auf amtswegiges Vorgehen der Behörde keinen Rechtsanspruch hatte. Es gebietet eine nicht am Buchstaben haftende Interpretation des vom Beschwerdeführer genannten Beschwerdepunktes dessen Verständnis aber auch unter dem Aspekt, daß er sich durch die Einbeziehung seiner Grundstücke in das Zusammenlegungsgebiet in seinen Rechten verletzt sieht. Auch die belangte Behörde hat im angefochtenen Erkenntnis das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers in dieser Richtung verstanden und mit dem Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1982, B 464/77, Slg. 9500, die Auffassung vertreten, daß im Berufungsverfahren betreffend den Besitzstandsausweis die Einbeziehung von Grundstücken in das Zusammenlegungsgebiet auf ihre Gesetzmäßigkeit hin auch dann geprüft werden müsse, wenn bei der Erstbehörde noch kein Ausscheidungsantrag gestellt worden sei.

In dem von der belangten Behörde zitierten, zur vergleichbaren Rechtslage nach dem seinerzeitigen Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1969 ergangenen Erkenntnis brachte der Verfassungsgerichtshof zum Ausdruck, daß die Einbeziehung von Grundstücken in das Zusammenlegungsgebiet auch dem den Besitzstandsausweis betreffenden Bescheid zugrunde liege und von dessen Rechtskraft in der Weise mitumfaßt werde, daß die Frage der Einbeziehung von Grundstücken in das Zusammenlegungsgebiet in einer späteren Phase des Zusammenlegungsverfahrens nicht mehr aufgerollt werden könne. Spätestens mit einem Rechtsmittel gegen den Bescheid über den Besitzstandsausweis und den Bewertungsplan könne die Einbeziehung von Grundstücken in das Zusammenlegungsgebiet in der Weise angefochten werden, daß die Gesetzmäßigkeit der Einleitungsverordnung seitens der Betroffenen (letztlich im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes durch Anregung einer Verordnungsprüfung) in Frage gestellt werde. Dies sei ein zumutbarer Weg, Rechtsschutz gegen die Einleitungsverordnung zu erreichen.

Wie sich dem im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers ebenso wie seinen Beschwerdeausführungen an den Verwaltungsgerichtshof entnehmen läßt, hat der Beschwerdeführer diesen im zitierten Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis aufgezeigten Weg auch zu beschreiten versucht; sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren ebenso wie vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft nämlich nahezu ausschließlich die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens als solchen überhaupt und vornehmlich die Miteinbeziehung seiner Grundstücke in dieses Verfahren. Die belangte Behörde irrt allerdings insofern, als sie erkennbar vermeint hat, auch unter diesem Aspekt die Gesetzmäßigkeit der Einbeziehung von Grundstücken des Beschwerdeführers in das Zusammenlegungsverfahren prüfen zu müssen. Diese Frage durfte die belangte Behörde gar nicht prüfen. Sie war nämlich - ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof - an die Einleitungsverordnung der AB gebunden. Anders als dem Verwaltungsgerichtshof kam ihr auch das Recht nicht zu, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der Einleitungsverordnung der AB auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu beantragen, sodaß die belangte Behörde im Ergebnis auf das vom Beschwerdeführer vorgetragene Berufungsvorbringen überhaupt nicht einzugehen gehabt hätte.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Beschwerdeausführungen nicht dazu veranlaßt, von seinem ihm nach Art. 139 Abs. 1 B-VG zukommenden Antragsrecht zur Prüfung der Einleitungsverordnung der AB auf ihre Gesetzmäßigkeit durch den Verfassungsgerichtshof Gebrauch zu machen. Die Ausführungen der Beschwerde sind nicht dazu angetan, eine Gesetzwidrigkeit der Einbeziehung der Grundstücke des Beschwerdeführers in das Zusammenlegungsgebiet oder der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens überhaupt erkennen zu lassen. Die vom Beschwerdeführer angestellten agrarpolitischen Erwägungen allgemeiner Art vermögen nicht aufzuzeigen, daß sich die im § 1 Abs. 1 O.ö. FLG 1979 angeführten Ziele der Zusammenlegung im Beschwerdefall nicht erreichen ließen, sie widerlegen auch nicht die im angefochtenen Erkenntnis dargestellten Nachteile des Zusammenlegungsgebietes, deren Abwendung, Milderung oder Behebung das Zusammenlegungsverfahren nach dem zweiten Absatz des § 1 des zitierten Gesetzes zu dienen hat. Insoweit der Beschwerdeführer die Auffassung erkennen läßt, daß er für seinen Besitz eines Zusammenlegungsverfahrens nicht bedürfe und sich davon mehr Nachteile als Vorteile erwarte, begründete dies ebensowenig eine Gesetzwidrigkeit der dennoch eingeleiteten Zusammenlegung. Dient doch das Zusammenlegungsverfahren von seinem gesetzlichen Auftrag her der Förderung des betroffenen Gebietes und nicht lediglich jener einzelner Eigentümer (§ 1 Abs. 1 des angeführten Gesetzes). Sieht sich demnach der Verwaltungsgerichtshof zu einem Herantreten an den Verfassungsgerichtshof zum Zwecke der Gesetzmäßigkeitsprüfung der Einleitungsverordnung der AB nicht veranlaßt, dann gehen unter dem Aspekt der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Rechtskontrolle die gegen das Zusammenlegungsverfahren als solches und die Einbeziehung seiner Grundstücke gerichteten Ausführungen des Beschwerdeführers angesichts der bindenden Verordnungswirkung ins Leere.

Gegen den Inhalt des Besitzstandsausweises und Bewertungsplanes trägt der Beschwerdeführer auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nichts vor. Soweit der Beschwerdeführer schließlich noch geltend macht, daß die Eigentümer entgegen der Bestimmung des § 3 Abs. 3 O.ö. FLG 1979 über die voraussichtliche Dauer und voraussichtlichen Kosten des Verfahrens nicht aufgeklärt worden wären, geht diese Rüge schon deswegen ins Leere, weil ein derartiger Verfahrensmangel vorliegendenfalls von der Erstbehörde zu verantworten wäre, Gegenstand der Überprüfung aber ausschließlich die Entscheidung der belangten Behörde ist (vgl. etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 10. November 1992, 92/07/0131); der Beschwerdeführer unterläßt es zudem auch, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993070054.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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