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L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §8 Abs2 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Aumayr, über die Beschwerde des EB in P, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, als bestellten Verfahrenshelfer, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der NÖ LReg vom 28.11.1989, Zl. VI/3-AO-207/23, betreffend Zusammenlegung P, Kostenbeitrag (mP: Zusammenlegungsgemeinschaft P, vertr durch den Obmann F in P P 60) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Februar 1988 traf die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (AB) gegenüber dem Beschwerdeführer folgende Entscheidung:
"A) Die Beitragsvorschreibung der Zusammenlegungsgemeinschaft P vom 1.3.1985 (8. Rate) besteht zu Recht.
Die richtige Beitragshöhe ist S 6.853,72.
In Ihrem Fall bestehen keine offensichtlichen und unbilligen Härten, wenn Sie die Kosten des Verfahrens anteilig tragen.
B) Die Bestreitung der Zahlungspflicht hinsichtlich der Beitragsvorschreibung vom 1.9.1984 (7. Rate) wird als verspätet zurückgewiesen."
Die AB begründete den Spruchteil A ihrer Entscheidung im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe in das Zusammenlegungsverfahren P 20 Bewirtschaftungskomplexe eingebracht, wofür ihm fünf Komplexe als Grundabfindung zugeteilt worden seien. Durch das Zusammenlegungsverfahren seien die Mängel der Agrarstruktur, die der einbezogene Grundbesitz der Partei EB vor der Zusammenlegung aufgewiesen habe, soweit wie möglich beseitigt worden. Die alten Bewirtschaftungskomplexe hätten an Mängeln der Agrarstruktur einen zersplitterten Grundbesitz, nicht parallele Grundstücksgrenzen, ungünstige Länge/Breite-Verhältnisse, unregelmäßige Formen, unzulängliche Verkehrserschließung, keine Vermessung und Vermarkung aufgewiesen. Der Beschwerdeführer habe aus dem Verfahren keinen Nachteil erlitten, weshalb bei ihm kein Härtefall vorliege, welcher eine Kostenbefreiung nach sich ziehen würde. Die Höhe des vom Beschwerdeführer zu leistenden Beitrages ergebe sich aus der Vervielfachung des Vergleichwertes der Grundabfindung von 57.114,33 Punkte mit dem Hebesatz von S 0,12 pro Punkt.
Zu Spruchteil B führte die AB aus, der Beschwerdeführer habe die Frist von zwei Wochen nach § 116 Abs. 1 des NÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. 6650-3 (FLG) versäumt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendet sich der Beschwerdeführer im wesentlichen gegen die ihm auferlegte Zahlungspflicht. Die 24 Altgrundstücke hätten zu 70 % aus Weizenboden und 30 % leichterem Boden bestanden; die die Felder durchschneidenden Wege seien kein Nachteil gewesen. Die abgefundenen Neugrundstücke bestünden zu 30 % aus Weizenboden und 70 % Schotter bzw. Sandboden. Hinzu käme noch ein Grundverlust von 37 a. Die jährlichen Ertragsschäden betrügen dadurch 50.000,-- bis 60.000,-- Schilling. Er habe durch das Zusammenlegungsverfahren nur Nachteile erlitten; ein Abfindungsgrundstück enthalte einen Schotterfleck von 55 bis 60 a; ein anderes liege in einem Teil des Zusammenlegungsgebietes, in dessen näherer Umgebung sich keine Altgrundstücke befänden. Teile der Abfindungsgrundstücke enthielten soviel Sand, daß eine Sandgrube errichtet werden könnte, wie dies bereits nach dem Krieg der Fall gewesen sei. Andere Parteien hätten trotz Wahrung ihrer Bonität einen besseren Zusammenlegungserfolg erzielt.
Der Landesagrarsenat beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (LAS) wies die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 sowie § 115 Abs. 3 FLG mit Erkenntnis vom 28. November 1989, als unbegründet ab. Ohne dies im Spruch seiner Entscheidung ausdrücklich auszusprechen, ging der LAS in der Begründung seines Erkenntnisses davon aus, daß nur Spruchteil A des Bescheides der AB vom 11. Februar 1988 den Gegenstand des Berufungsverfahrens bilde. Mit Erkenntnis vom 16. Juli 1985 habe der LAS den Zusammenlegungsplan P in Ansehung der Abfindung der Parteien J B und M B behoben und die Angelegenheit an die AB zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück-verwiesen (zu hoher Sand- und Schotteranteil der Grundabfindung gegenüber dem Stande vor der Zusammenlegung). Die AB habe mit Bescheid vom 14. März 1986 den Zusammenlegungsplan P neuerlich in abgeänderter Form erlassen; von den darin enthaltenen Änderungen seien neben dem Ehepaar B auch die Parteien J G, R G und E G betroffen gewesen. Sowohl die Parteien B als auch G hätten gegen diesen Bescheid berufen; diesen Rechtsmitteln sei jedoch mit den Erkenntnissen des LAS vom 7. Oktober 1986, GZ. VI/3-AO-207/9, 11 und 12, keine Folge gegeben worden. Das Erkenntnis des LAS VI/3-AO-207/11 sei aufgrund einer Beschwerde von J G und R G vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden. Derzeit sei eine neuerliche Entscheidung des LAS hinsichtlich des Bescheides der AB vom 14. März 1986 betreffend die Grundabfindung B noch ausständig. Es könne jedoch erwartet werden, daß diese Entscheidung keine Verschlechterung der Bewirtschaftungsbedingungen, insbesondere der Agrarstruktur der Abfindung der Beschwerdeführer gegenüber dem mehrfach zitierten neu erlassenen Zusammenlegungsplan (Bescheid der AB vom 14. März 1986 bringen werde. Mit diesem vorzitierten Bescheid seien den Parteien B für 24 alte, zum Teil von Wegen durchschnittene Besitzstücke fünf neue zugewiesen worden. Das anstelle des mit dem ursprünglichen Zusammenlegungsplan zugewiesenen Abfindungsgrundstückes Nr. 2868 nunmehr zugeteilte Grundstück Nr. 2866 weise keinen Sand- und Schotterboden auf. Das Verhältnis zwischen Fläche und Wert sei von 2,05 m2/Punkt vor der Zusammenlegung auf 1,99 m2/Punkt nach der Zusammenlegung verringert worden, was auf eine geringfügige Bonitätsverbesserung zurückzuführen sei. Die neuen Bewirtschaftskomplexe seien ausreichend groß, wiesen ein günstiges Länge/Breite-Verhältnis auf, während mehrere Altgrundstücke sehr lang und schmal und für den Einsatz moderner landwirtschaftlicher Maschinen weniger geeignet gewesen seien. Während einzelne Altgrundstücke keinen unmittelbaren Anschluß an das öffentliche Wegenetz gehabt hätten, seien die neuen Grundstückskomplexe an beiden Kopfbreiten von öffentlichen Verkehrsflächen erschlossen. Das Abfindungsgrundstück Nr. 2985 sei als Obstgarten und mit einem Ausmaß von nur 315 m2 mit einem Weg ausreichend erschlossen. Unter Zitierung des wesentlichen Inhaltes des § 115 Abs. 3 FLG ging der LAS in seinen rechtlichen Erwägungen davon aus, daß die dem Beschwerdeführer durch das Zusammenlegungsverfahren zugekommenen Vorteile, nämlich
1.
Reduktion von 24 alten auf 5 neue Besitzstücke,
2.
Formverbesserung der einzelnen Besitzstücke- und
3.
unmittelbarer Anschluß sämtlicher neuer Grundstücke an das öffentliche Wegenetz so gravierend seien, daß eine Kostenbefreiung im Sinne der vorzitierten Gesetzesbestimmung ausscheide.
Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen im Recht auf Befreiung von den Kosten des Zusammenlegungsverfahrens gemäß § 115 Abs. 3 FLG verletzt erachtet.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der
sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 114 Abs. 1 FLG haben die Parteien unbeschadet der Bestimmungen des § 8 des Agrarverfahrensgesetzes 1950 bestimmte, im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens auflaufende Kosten zu tragen. Gemäß § 115 Abs. 1 leg. cit. sind die gemäß § 114 anfallenden Kosten, wenn nichts anderes vereinbart wurde, nach dem Verhältnis der Werte der Grundabfindungen auf die Parteien umzulegen. Die Beiträge sind nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfes in Teilbeträgen einzuheben, die, solange der Aufteilungsschlüssel noch nicht feststeht, nach einem vorläufigen Schlüssel vorzuschreiben und als Abschlagszahlungen zu verrechnen sind. Soweit es zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten für einzelne Parteien erforderlich ist, hat die Behörde gemäß § 115 Abs. 3 FLG diese Parteien zu Lasten aller übrigen oder einzelner anderer Parteien, die aus dem Verfahren unverhältnismäßig größere Vorteile ziehen, von den Kosten ganz oder teilweise zu befreien. Wird von einer Partei die ihr von der Zusammenlegungsgemeinschaft angelastete Zahlungspflicht nicht anerkannt, dann hat hierüber nach § 116 Abs. 1 FLG die Behörde zu entscheiden.
Im Beschwerdefall ist weder die Gesamthöhe der erfolgten Beitragsvorschreibungen noch der von der AB angewendete Beitragsschlüssel noch die Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Entscheidung über die Zahlungspflicht strittig. Strittig ist vielmehr die Frage, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, daß die Agrarbehörden sein Vorbringen nicht zum Anlaß einer gänzlichen oder teilweisen Befreiung von den vorgeschriebenen Kosten genommen haben.
Ob eine Partei zu Lasten aller übrigen oder einzelner anderer Parteien des Zusammenlegungsverfahrens gemäß § 115 Abs. 3 FLG von den gemäß § 114 FLG anfallenden Kosten befreit werden darf, hängt davon ab, ob dies zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten für einzelne Parteien erforderlich ist. Derartige Härten müssen mit einem aus dem Verfahren für andere Parteien erfließenden Vorteil im Zusammenhang stehen. Der Gesetzgeber stellt somit nicht auf subjektive Kriterien, wie etwa die Einkommens- oder Vermögenslage der um Befreiung ansuchenden Partei, sondern auf besondere aus dem Zusammenlegungsverfahren für die Partei entspringende Nachteile ab (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1979 Slg. Nr. 9909/A, und vom 13. Jänner 1987, 86/07/0095). Der Beschwerdeführer bestätigt in seinen Beschwerdegründen die Feststellung der Berufungsbehörde, daß für ihn das Zusammenlegungsverfahren durch die Reduktion von 24 auf 5 neue Bewirtschaftungskomplexe, Formverbesserung der einzelnen Besitzkomplexe und den unmittelbaren Anschluß sämtlicher neuen Grundstücke an das öffentliche Wegenetz einen - wenn auch keinen "gravierenden" - Vorteil brachte. Die von den Parteien aus dem Zusammenlegungsverfahren gezogenen Vorteile bzw. das Fehlen solcher Vorteile dürfen jedoch nicht isoliert am Nutzwert, d.h. der Bodenqualität, gemessen werden. Vielmehr sind sie neben und im Zusammenhalt mit anderen Gesichtspunkten als Beurteilungsgrundlage heranzuziehen (vgl. hg. Erkenntnis vom 9. April 1991, 91/07/0008). Ob die Bodenqualität der zugewiesenen Neugrundstücke mit denen der Altgrundstücke vergleichbar ist, kann dahinstehen. Dem Beschwerdevorbringen mangelt es nämlich im vorliegenden Fall deswegen an der rechtlichen Relevanz, weil die Beschwerde zum zweiten maßgeblichen Tatbestandsmerkmal des § 115 Abs. 3 FLG "unverhältnismäßig größere Vorteile" aller übrigen oder einzelner anderer Parteien - eine Kostenbefreiung nach der zitierten Gesetzesstelle setzt das Vorliegen beider Kriterien voraus (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1985, Slg. Nr. 11.668/A) - entsprechendes konkretes Vorbringen ebenso wie in der Berufung vermissen läßt. Dem Beschwerdevorbringen, es lägen offensichtliche und unbillige Härten für den Beschwerdeführer im Rahmen des gegenständlichen Zusammenlegungsverfahrens vor, welche ihn zu Lasten der Parteien, die aus dem Verfahren unverhältnismäßig größere Vorteile ziehen, von der Kostentragungspflicht befreien, ist daher nicht zu folgen.
Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991 insbesondere auch deren Artikel III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990070084.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
17.12.2010