TE Vfgh Erkenntnis 1990/12/15 B1354/87, B345/89, B346/89

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Veröffentlicht am 15.12.1990
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Index

L3 Finanzrecht
L3701 Getränkeabgabe, Speiseeissteuer

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §10 Wr GetränkesteuerG 1971 mit E v 27.11.90, G24/89, G276-278/89 ua.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihrer Beschwerdevertreter die mit je 15.000 S bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit dem angefochtenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 19. November 1987 wurde der Beschwerdeführer zu B1354/87 gemäß §10 Abs1 des Wiener Getränkesteuergesetzes 1971 mit einer Geldstrafe von 4.000 S, bei Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzarreststrafe von 6 Tagen belegt, weil er es als Masseverwalter der Konkursmasse einer Gesellschaft mbH bis zum 13. März 1987 unterlassen habe, die Getränkesteuer für die Zeit vom 14. Oktober 1986 bis 31. Dezember 1986 für den Betrieb in Wien im Betrag von 3.976 S einzubekennen und zu entrichten, und dadurch die Getränkesteuer in der Zeit vom 11. Februar 1987 bis 31. März 1987 mit dem Betrag von 3.976 S verkürzt habe.

Angefochten sind ferner Bescheide der Wiener Landesregierung vom 26. Jänner 1989 und vom 17. Februar 1989. Über die Beschwerdeführerin zu B346/89 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 S verhängt, da sie es unterlassen habe, die Getränkesteuer für ihren Betrieb in Wien für die Zeit von 1. Jänner 1977 bis 31. Dezember 1982 im Betrag von 73.175 S einzubekennen und zu entrichten, über die Beschwerdeführerin zu B345/89 eine Geldstrafe in Höhe von 125.000 S, weil sie die Getränkesteuer für denselben Betrieb im Zeitraum von 1. Jänner 1983 bis 31. Dezember 1986 in Höhe von 62.477 S nicht einbekannt und entrichtet habe.

Die angefochtenen Bescheide stützen sich jeweils auf §10 des Wiener Getränkesteuergesetzes 1971, LGBl. 2, demzufolge Handlungen oder Unterlassungen, wodurch die Steuer verkürzt oder der Verkürzung ausgesetzt wird, als Übertretungen bis zum fünfzigfachen des verkürzten Betrages bestraft werden. Die Beschwerdeführer erachten sich durch Anwendung dieser als verfassungswidrig bezeichneten Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat unter anderem aus Anlaß dieser Beschwerdeverfahren beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §10 Abs1 und 2 Wiener Getränkesteuergesetz 1971 einzuleiten (G 276-278/89).

Mit dem Erkenntnis vom 27.11.1990, G24/89, 276-278/89 u.a. hat er §10 des Wiener Getränkesteuergesetzes 1971, LGBl. 2, als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Die Beschwerden sind begründet.

Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (z.B. VfSlg. 10404/1985).

Die Bescheide sind daher aufzuheben (§19 Abs4 Z3 VerfGG).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist jeweils Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B1354.1987

Dokumentnummer

JFT_10098785_87B01354_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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