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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GehG 1956 §13a Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle über die Beschwerde der R in M, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundeskanzlers vom 27. März 1992, Zll. 104.272/1-I/2/92 betreffend Ersatz von Übergenüssen nach § 13 a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stand bis 30. Juni 1989 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre letzte Dienststelle war das Bundeskanzleramt. Seit dem 20. Juni 1987 befand sich die Beschwerdeführerin gemäß § 75 Abs. 1 des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 im Karenzurlaub gegen Entfall der Bezüge.
Mit Bescheid des Bundeskanzlers vom 9. Juni 1989 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführerin gemäß § 26 iVm § 27 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 eine Abfertigung in der Höhe von drei Monatsbezügen gebühre.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 13 a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 festgestellt, daß die Beschwerdeführerin "eine von der Buchhaltung des Bundeskanzleramtes am 28. Dezember 1989 angewiesene Überweisung in der Höhe von S 12.790,10 erhalten habe, die eine zu Unrecht erhaltene Leistung darstellt," die die Beschwerdeführerin nicht im guten Glauben empfangen habe und deshalb dem Bund zu ersetzen sei. Nach der Begründung dieses Bescheides wurde mittels ZVA vom 9. Juni 1989 irrtümlicherweise das Ende des Dienstverhältnisses mit Ablauf des 31. MAI 1989 (statt richtigerweise mit 30. Juni 1989) eingegeben. Diese Fehleingabe habe aber keinerlei Auswirkungen gehabt, da die Beschwerdeführerin aufgrund des Karenzurlaubes ohnedies keinen Anspruch auf Bezüge gehabt habe. Dieser Eingabefehler sei im Dezember 1989 entdeckt und berichtigt worden. Durch die korrekte Eingabe des Dienstendes sei aber - wiederum irrtümlich - bewirkt worden, daß für Juni 1989 ein Monatsbezug samt der anteilsmäßigen Sonderzahlung angewiesen worden sei - aus für das Bundeskanzleramt nicht vorhersehbaren, innerhalb des Bundesrechenamtes gelegenen Gründen - da vergessen worden sei, zusätzlich zu der Neueingabe des Dienstendes für den Monat Juni 1989 das Bestehen eines Karenzurlaubes einzugeben. Daher sei rund sechs Monate nach dem Ende des Dienstverhältnisses irrtümlicherweise nachträglich ein Monatsbezug samt anteilsmäßigen Sonderzahlungen überwiesen worden. Mit der Überweisung sei auch eine Anweisungsbestätigung dem Kreditinstitut, auf dessen Konto die Überweisung erfolgt sei, übermittelt worden. Die Beschwerdeführerin sei mit Schreiben der Buchhaltung des Bundeskanzleramtes vom 11. Juli 1991 um Rückzahlung des Betrages von S 12.790,10 bis längstens 11. August 1991 ersucht worden, dennoch sei dieser Betrag trotz Setzung einer Nachfrist bis 2. September 1991 nicht überwiesen worden. Bei dem Betrag von S 12.790,10 handle es sich um den Nettobetrag von S 11.316,60, der auf dem Konto der Beschwerdeführerin gutgebucht worden sei, sowie S 527,20 an von der Beschwerdeführerin zu tragenden Sozialversicherungsbeiträgen (Krankenversicherung, Sozialversicherung, Wohnbauförderungsbeitrag), S 1.438,70 an Pensionsbeitrag, S 1.347,50 an Lohnsteuer und S 126,-- an von der Beschwerdeführerin zu leistenden Gewerkschaftsbeitrag, welche Beträge von der auszahlenden Stelle auf direktem Wege an die Anspruchsberechtigten überwiesen worden seien. Da diese Zahlungen für die Beschwerdeführerin geleistet worden seien, müsse der Bruttobetrag abzüglich jener Beiträge, deren Rückforderung durch die begünstigten Stellen auf direktem Wege gelungen sei (Pensionsbeitrag und Sozialversicherungsbeiträge) von der Beschwerdeführerin geltend gemacht werden. In Anbetracht der bereits ausgezahlten Abfertigung in der vollständigen Höhe von drei Monatsbezügen am 21. Juni 1989 im Zusammenhang mit dem Bescheid des Bundeskanzlers vom 9. Juni 1989 betreffend Gebührlichkeit und Höhe dieser Abfertigung, hätte eine weitere Zahlung von der Beschwerdeführerin nicht mehr gutgläubig empfangen werden können. Vielmehr sei objektiv für jedermann erkennbar gewesen, daß eine weitere Zahlung, überdies nach rund sechs Monaten nach Ende des Dienstverhältnisses nicht mehr gebühre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin stützt ihre Beschwerde zum Grunde des Rückforderungsanspruchs im wesentlichen auf zwei Argumente, nämlich
1.
sie habe keine Zahlung empfangen und - eventualiter -
2.
sie sei beim Empfang gutgläubig gewesen.
Zu Punkt 1 macht die Beschwerdeführerin zunächst Aktenwidrigkeit geltend, die darin gelegen sein soll, daß die belangte Behörde die Feststellung getroffen habe, die hier gegenständliche Leistung sei VON DER BESCHWERDEFÜHRERIN empfangen worden, sie habe selbst mit Schreiben vom 15. Juli 1991 geltend gemacht, daß der gegenständliche Betrag am 28. Dezember 1989 auf IHR Gehaltskonto von der Buchhaltung des Bundeskanzleramtes angewiesen worden sei. Richtigerweise aber handle es sich um das Konto DES GATTEN der Beschwerdeführerin.
Dazu ist zunächst aus dem Akt festzustellen, daß die Beschwerdeführerin anläßlich der Beendigung ihres Dienstverhältnisses ihre Bankverbindung zwecks Überweisung der ihr zustehenden Abfertigung mit Schreiben vom 15. Dezember 1988 mit "Konto Nr. nnn bei der Bank für Arbeit und Wirtschaft" bekanntgegeben hat, auf welches Konto auch die hier gegenständliche Zahlung erfolgte.
Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 26. Februar 1992 gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Stellungnahme zu jenen, nunmehr auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Beweisergebnissen binnen einer Frist von zwei Wochen aufgefordert. Dennoch erfolgte keine inhaltliche Stellungnahme der Beschwerdeführerin. Lediglich am 16. März 1992 wurde ihre Vertretung durch den auch im Beschwerdeverfahren einschreitenden Rechtsvertreter bekanntgegeben.
Der Verfahrensgrundsatz, daß die Verwaltungsbehörde von amtswegen vorzugehen hat, befreit die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Daher ist die Rüge einer Partei, die Sachverhaltsgrundlage sei nicht ausreichend ermittelt worden, es seien insbesondere Feststellungen der Entscheidung zugrunde gelegt worden, die von der im Verwaltungsverfahren untätig gebliebenen Partei unsubstantiiert bestritten worden seien, abzulehnen, wenn diese erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung ablegt und das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen versucht, an dem sie trotz der gebotenen Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. u.a. hg. Erkenntnis vom 11. Jänner 1984, Zl. 83/09/0153). Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht als ein Mittel zur Nachholung der im Verwaltungsverfahren versäumten Parteihandlungen betrachtet werden (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 6. Juni 1966, Zl. 434/1966).
Ist daher die belangte Behörde mangels einer Äußerung der Beschwerdeführerin zu dem ihr vorgehaltenen Sachverhalt davon ausgegangen, das von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit ihrem Anspruch auf Auszahlung einer Abfertigung angegebene Konto sei "ihres" bzw. eines, über welches sie zumindest mitverfügungsberechtigt ist, ist darin eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.
Als aktenwidrig erweisen sich hingegen die Beschwerdeausführungen dort, wo behauptet wird, Anweisungsempfänger sei nicht die Beschwerdeführerin, sondern deren Gatte gewesen. Anweisungsempfänger ist jene Person, zu deren Gunsten die Zahlung geleistet wird. Wie aus dem im Akt erliegenden Überweisungbeleg ersichtlich ist, war dies jedoch im gegenständlichen Fall die Beschwerdeführerin. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Nennung einer Zahlstelle durch den Anweisungsempfänger (Begünstigten) ist es überdies rechtlich ohne Bedeutung, ob der hier rückgeforderte Betrag auf ein nicht auf die Beschwerdeführerin lautendes Konto überwiesen wurde. Daß ein Widerruf der der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Auszahlung der Abfertigung genannten Zahlstelle durch die Beschwerdeführerin erfolgt sei, wurde nicht dargetan. Daher erweist sich in diesem Punkte der angefochtene Bescheid als richtig.
Zur Frage der Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen hat ein verstärkter Senat des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 30. Juni 1965, Zl. 1278/63 (Slg. Nr. 6.736/A) bereits Stellung genommen. Danach ist guter Glaube beim Empfang der in Rede stehenden Leistung schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen. Die Beschwerdeführerin bringt dazu vor, der Abfertigungsbetrag errechne sich nach dem jeweiligen Bruttobetrag; der aber auf eine Besteuerung der Abfertigung anwendbare Steuersatz sowie allfällige sozialrechtliche Abgaben seien bei der Berechnung der Abfertigung wesentlich niedriger als beim laufenden Gehalt. Ausgehend von dieser geringeren Belastung der Abfertigung in Relation zum normalen Nettogehalt hätte ihr nicht auffallen müssen, daß jener, dem Konto des Gatten angewiesene Betrag überhöht gewesen sei. Infolge der verhältnismäßig geringen "Überzahlung" hätte ihr die Differenz zum tatsächlich zustehenden Betrag auch bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt (der Beschwerdeführerin) nicht auffallen müssen.
Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Es kommt bei der Beurteilung der Redlichkeit beim Empfange eines Übergenusses - wie bereits oben dargestellt - auf die objektive Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle an. Besteht der Irrtum in einer offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm, so ist er als objektiv erkennbar anzusehen (vgl. unter vielen anderen das Erkenntnis vom 11. April 1983, Zl. 82/12/0007 und vom 25. September 1989, Zl. 89/12/0138 sowie vom 21. Mai 1990, Zl. 89/12/0177).
In Anbetracht des Umstandes, daß die Beschwerdeführerin vor Beendigung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gemäß § 75 BDG 1979 unter Entfall der Bezüge karenziert war, stand ihr ausschließlich die, der Höhe nach bescheidmäßig festgestellte Abfertigung zu; einen Anspruch auf weitere Entgeltleistungen hatte sie nicht. Überdies ist für die objektive Erkennbarkeit der Unrechtmäßigkeit der empfangenen Leistungen nicht entscheidend, ob die Beschwerdeführerin in Besoldungsfragen gebildet ist oder nicht bzw. ob sie verpflichtet ist, Überprüfungen vorzunehmen. Wesentlich ist vielmehr, ob aufgrund der gegebenen Rechtslage in Verbindung mit dem Sachverhalt es möglich und zumutbar gewesen wäre, den Umstand des Vorliegens eines Übergenusses zu erkennen. Auch unter diesem Aspekt läßt sich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkennen.
Letztendlich bestreitet die Beschwerdeführerin auch die Höhe des zurückgeforderten Übergenusses. Dazu hat die belangte Behörde ausgeführt, bei dem hier in Rede stehenden Betrag handle es sich um den Bruttobezug abzüglich der bereits wieder hereingebrachten Sozialversicherungsbeiträge und des Pensionsbeitrags. Wie bereits im Erkenntnis vom 22. Oktober 1990, Zl. 89/12/0110 ausgesprochen wurde, stellt die Lohnsteuer, die auf einen zu Unrecht angewiesenen Bezugsteil entfällt, zwar für die Berechnung des an den Beamten auszuzahlenden Betrages eine Abzugspost dar, sie mindert aber nicht die zu Unrecht empfangene Leistung, weil die Abfuhr der Lohnsteuer, die der Arbeitgeber an die Abgabebehörde vorzunehmen hat, für Rechnung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmers erfolgt. Am Charakter einer zu Unrecht empfangenen Leistung vermag daher der Umstand, daß der Arbeitgeber kraft gesetzlicher Vorschrift oder behördlicher Verfügung für Rechnung des Arbeitnehmers die Auszahlung an einen Dritten vorzunehmen hat, nichts zu ändern. Gleiches gilt auch für den aufgrund zivilrechtlichen Vertrages in ihrem Auftrag direkt für die Beschwerdeführerin entrichteten Gewerkschaftsbeitrag.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992120105.X00Im RIS seit
11.07.2001