TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/23 91/15/0129

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Veröffentlicht am 23.06.1993
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §12 Abs1;
GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
GebG 1957 §14 TP6;
StMG §7 Abs1;
StMG §7 Abs3;
StMGDV §1 Abs3 idF 1983/615;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Juli 1991, Zl. GA 11 - 1139/91, betreffend Stempelgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. April 1990 trat der Beschwerdeführer den Feststellungen eines Sachverständigen und den Ausführungen in einer behördlichen Niederschrift betreffend Genehmigung von Buschenschankterminen entgegen und zog sämtliche Berufungen betreffend seine "Buschenschankanmeldungen für die Jahre 1982 - 1989", nämlich jene gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 1.) 18. November 1986,

2.)

3. Juni 1987, 3.) 24. Juli 1987, 4.) 18. November 1987,

5.)

31. Mai 1988, 6.) 8. September 1988 und

7.)

11. November 1988, zurück. Das Schreiben war mit einer verwaschenen S 120,-- Bundesstempelmarke versehen. Da dieses Schreiben inhaltlich neben dem bereits erwähnten Vorbringen insgesamt sieben Zurückziehungen von Berufungen enthielt, setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Bescheid vom 26. September 1990 für insgesamt "8 Ansuchen" die Gebühr gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz (GebG) in Höhe von

S 960,-- samt Erhöhung im Ausmaß von 50 Prozent fest.

In einer dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das Ansuchen habe ausschließlich den Buschenschanktermin August 1989 betroffen und die "Rückziehung von Berufungen sei bereits rechtskräftig erledigt" gewesen; es bestehe daher schon dem Grunde nach keine über die Gebühr für den Monat August 1989 hinausgehende Gebührenpflicht, keinesfalls seien acht, sondern sei nur EIN Ansuchen gestellt worden.

Nachdem das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung über die Berufung abweislich entschieden hatte, stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie führte in ihrer Begründung sinngemäß aus, im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer in der nicht vorschriftsmäßig vergebührten Eingabe den Ausführungen in einer Niederschrift widersprochen und überdies die Berufungen gegen sieben Bescheide zurückgezogen. Da die Möglichkeit von divergierenden Erledigungen bestanden habe, sei der Tatbestand des § 14 TP 6 iVm § 12 Abs. 1 GebG in dem vom Finanzamt angenommenen Umfang erfüllt. Im übrigen sei die vom Beschwerdeführer verwendete Bundesstempelmarke sehr stark ausgewaschen und daher zur Gebührenentrichtung ungeeignet gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, daß für seine Eingabe vom 2. April 1990 keine S 120,-- übersteigende Gebühr, hilfsweise eine geringere als die ihm vorgeschriebene Gebühr festgesetzt werde.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Außer Streit steht, daß die Eingabe vom 2. April 1990, insoweit sie sich auf die Zurückziehung der Berufung betreffend den Buschenschanktermin August 1989 bezieht, der Gebührenpflicht unterliegt.

Strittig ist hingegen, ob die Zurückziehung von sechs weiteren Berufungen betreffend Verfahren, die bereits (teilweise) rechtskräftig mit Bescheid erledigt waren (1982 bis 1988) sowie die Eingabe, soweit mit ihr den Ausführungen eines Sachverständigen und in einer behördlichen Niederschrift widersprochen wurde, der Gebührenpflicht unterliegen. Der Beschwerdeführer bestreitet auch, daß er eine ungültige Stempelmarke verwendet habe.

Gemäß § 14 TP 6 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaft in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, der festen Gebühr von S 120,--.

Gemäß § 12 Abs. 1 GebG ist, wenn in einer Eingabe mehrere Ansuchen gestellt werden, für jedes dieser Ansuchen die Eingabegebühr zu entrichten.

Eine Eingabe ist ein schriftliches Anbringen, wodurch ein bestimmtes Verhalten einer Privatperson zur amtlichen Kenntnis gebracht oder im Interesse einer Privatperson eine Anordnung oder Verfügung der Behörde innerhalb ihres gesetzlichen Wirkungskreises veranlaßt werden soll (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1991, Zl. 90/15/0003).

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer mit seinem Schreiben an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung private Interessen in einer Angelegenheit des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises der Gebietskörperschaft, nämlich der Genehmigung von Buschenschankterminen, verfolgt, also an diese Behörde mehrere Eingaben gerichtet.

Das Gebührengesetz 1957 enthält keine taxative Aufzählung von gebührenpflichtigen Eingaben, sondern es knüpft die Gebührenpflicht an äußere formale Tatbestände. Das Gesetz verlangt nicht, daß die angerufene Behörde auf die Eingabe hin auch tätig wird, es macht aber auch die Gebührenpflicht nicht von einer bestimmten Art der Tätigkeit der Behörde abhängig. Insbesondere kommt es für die Beurteilung der Gebührenpflicht nicht darauf an, ob der Einschreiter mit seiner Eingabe ein neues Tätigwerden der Behörde verursachte oder bezweckte bzw. ob er nur einen früher gestellten Antrag zurückziehen wollte. Denn auch für den Fall der Rücknahme eines Ansuchens hat die Behörde bestimmte Verfügungen zu treffen, namentlich die Rückziehung zur Kenntnis zu nehmen (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1960, Zl. 2100/57); diese amtliche Kenntnisnahme ist auch bei bereits beendeten Verfahren erforderlich. Dementsprechend unterliegen Rückziehungen von Berufungen, auch wenn über letztere bereits rechtskräftig entschieden war, der Gebühr nach § 14 TP 6 GebG.

Auch im weiteren Beschwerdepunkt, es sei nur eine einzige Zurückziehung vorgenommen worden, vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen. Denn Sinn des § 12 Abs. 1 GebG ist es, eine Umgehung der Gebührenpflicht durch Kumulierung von verschiedenen Anträgen in einer Eingabe zu verhindern, wobei eine solche Kumulierung mehrerer Anträge anzunehmen ist, wenn in ein und demselben Schriftstück mehrere Amtshandlungen begehrt werden, die untereinander in keinem Zusammenhang stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1990, Zl. 89/15/0006).

Jedes dieser vom Beschwerdeführer zunächst gestellten Ansuchen um Genehmigung von Buschenschankterminen war von der Behörde selbständig und unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu beurteilen; die beantragten Genehmigungen stehen zueinander in keinem anderen Zusammenhang, als daß es sich bei dem Genehmigungswerber um ein und dieselbe Person handelt. Besteht jedoch zwischen verschiedenen Verfahren kein innerer Zusammenhang - beispielsweise ein solcher, daß sich ein Antrag nur als Akzessorium zu einem anderen Antrag darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1988, Zl. 87/15/0097) -, so liegen soviele Eingaben vor, als Amtshandlungen beantragt wurden. Bei der erfolgten Zurückziehung von Berufungen handelt es sich daher in Wahrheit um sieben Anträge in sieben verschiedenen Buschenschank-Genehmigungsverfahren. Der Umstand, daß die Zurückziehung der Berufungen in einem einzigen Schreiben erfolgte, ändert daran nichts.

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, die von ihm verwendete Stempelmarke sei "gültig" gewesen - da er von nicht entwerteten Stempelmarken spricht, meint er offenbar "unbeschädigt" iS des § 7 Abs. 1 und 3 Stempelmarkengesetz 1964 (StMG) -, kann der Beschwerde aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg verhelfen:

Gemäß § 7 Abs. 1 StMG dürfen zur Abgabenentrichtung nur gültige, unbeschädigte Stempelmarken verwendet werden. Gemäß § 7 Abs. 3 leg. cit. sind nur solche Stempelmarken unbeschädigt, die noch nicht verwendet wurden.

Die nähere Bestimmung des äußeren Erscheinungsbildes einer Stempelmarke wurde in der Verordnung zur Durchführung des StMG 1964 idF BGBl. Nr. 615/1983 getroffen.

Gemäß § 1 Abs. 3 der eben zitierten Verordnung sind die Stempelmarken auf einem dünnen, transparenten Spezialpapier in einfarbigem Rastertiefdruck auf der Vorderseite und einfarbigem Buchdruck über dem Klebstoff auf der Rückseite hergestellt. ... Ovalband, Wertziffer und die Bezeichnung "Schilling" oder "Groschen" sind in einem dunkleren Ton der Farbe des Rückseitenuntergrundes gehalten. Die Farbe der Werte von .... 100 S bis 500 S ist braun ....

Gerade die in der oben zitierten Verordnung beschriebene Herstellungsweise - nämlich die beidseitige Bedruckung des Spezialpapiers, wobei auf der Rückseite der Klebstoff überdruckt wird - bedingt jedoch, daß bei Lösen einer beklebten Stempelmarke vom Papier der rückseitige Druck oder Teile davon am Papier haften bleiben, sodaß die Rückseite der abgelösten Stempelmarke entweder unbedruckt oder nur teilweise bedruckt verbleibt. Wird eine solche Stempelmarke nunmehr wiederverwendet, fehlt dieser daher zur Gänze oder zum Teil der rückseitige Aufdruck, nämlich das von einem Kreis umgebene österreichische Staatswappen, das positive Guillochendessin und der Untergrund. Das äußere Erscheinungsbild stellt sich verwaschen, unscharf und unvollständig bedruckt dar.

Auf Grund des Erscheinungsbildes der dem Verwaltungsgerichtshof im Original vorliegenden Stempelmarke, das mit jenem für abgelöste Stempelmarken, wie oben beschrieben, identisch ist, vermag der Verwaltungsgerichtshof die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht als rechtswidrig zu erkennen, die auf der Eingabe vom 2. April 1990 angebrachte Bundesstempelmarke sei schon früher anderweitig verwendet worden. Wiederverwendete Stempelmarken sind aber im Sinne des vorher Gesagten zur Gebührenentrichtung nicht geeignet. Die Entscheidung der belangten Behörde war daher auch in diesem Beschwerdepunkt rechtens.

Da somit der Bescheid der belangten Behörde weder an der Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch an der Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991150129.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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