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72/02 Studienrecht allgemein;Norm
AHStG §21 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des Y in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Studienkommission der Studienrichtung Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien vom 12. Oktober 1989, Zl. 1/629/87 b), betreffend Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen gemäß § 21 Abs. 1 und 5 des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer suchte am 3. November 1988 unter Anschluß verschiedener Beilagen bei der Wirtschaftsuniversität Wien um Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen (Fremdenverkehrsbetriebswirtschaft), die er an der Universität Uludag (Türkei) absolviert hatte, für die Studienrichtung Betriebswirtschaft, an.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1988 rechnete der Vorsitzende der betriebswirtschaftlichen Studienrichtung die bisher vom Beschwerdeführer abgelegten Studien und Prüfungen an und anerkannte "als gleichwertig die nachstehenden Semester und Prüfungen der angestrebten Studienrichtung":
"1. STUDIENABSCHNITT:
Nachweis d. Kenntnis d. RECHNUNGSWESENS: Kostenrechnung I;
ÜBUNG UND 1. DIPLOMPRÜFUNG Österr.bürgerl.Recht, Handels- u. Wertpapierrecht;
Übung: Englische Wirtschaftssprache II; 1. DIPLOMPRÜFUNG:
Englische Wirtschaftssprache;
II. STUDIENABSCHNITT:
ÜBUNG UND SEMINAR: Spez. Betriebswirtschaftslehre:
Fremdenverkehr;"
Mit einem weiteren Bescheid vom 5. Dezember 1988 lehnte der Vorsitzende der genannten Studienkommission das Ansuchen des Beschwerdeführers "um Anrechnung II. STUDIENABSCHNITT: ÜBUNGEN:
Buchhaltung II und Kostenrechnung II; 2. DIPLOMPRÜFUNG:
"Spez. BWL: Fremdenverkehr"" nach § 21 Abs. 1 und 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG) im wesentlichen mit der Begründung ab, nach Prüfung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sei festgestellt worden, daß eine Gleichwertigkeit der Studien nach Inhalt und Umfang der Anforderungen bzw. eine Gleichwertigkeit der Prüfungen im Hinblick auf die angestrebte Studienrichtung nicht gegeben sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer ein an die Studienkommission gerichtetes als "Einspruch" bezeichnetes Rechtsmittel, in dem er darauf hinwies, er habe bezüglich des Faches Fremdenverkehr als Teil der speziellen Betriebswirtschaftslehre vom Inhalt und der Stundenanzahl her mehr Fächer belegt. Er ersuche daher, diese Wochenstunden und deren Anzahl sowie ihren Inhalt zu berücksichtigen. Bei den Fächern "BH II" und "KORE II" sei er, wenn dies nötig sei, bereit, "nach Inhalt" Unterlagen zu bringen.
Die belangte Behörde holte hierauf zwei Stellungnahmen von Fachvertretern der angesprochenen Fächer ein.
Mit Schreiben vom 21. April 1989 teilte Univ.Prof.Dr. M. vom Institut für Fremdenverkehr mit, aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, daß die in der "speziellen Betriebswirtschaftslehre Fremdenverkehr" derzeit sehr stark gewichteten Themenkreise der touristischen Marktforschung und des touristischen Marketings im bisherigen Studiengang des Beschwerdeführers "zweifellos nicht ausreichend abgedeckt" seien. Er sehe daher für eine diesbezügliche Anrechnung keine hinreichende Rechtfertigung.
Mit Schreiben vom 26. Mai 1989 erstattete ein Angehöriger des Institutes für Industrie, Gewerbe und Fertigungswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien ein "kurzes Vorgutachten" zum Anrechnungsantrag des Beschwerdeführers, soweit er das Fach Kostenrechnung II betraf. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, daß die Lehrveranstaltung "Kostenrechnung I" angerechnet worden sei. Buchhaltung II und Kostenrechnung II seien nicht anerkannt worden, weil "keine Gleichwertigkeit ersichtlich" sei. Auf Grund der beglaubigten Übersetzung (der vorgelegten Unterlagen) dürfte eine Anrechnung schon deshalb nicht in Frage kommen, weil bereits der Stundenumfang (der absolvierten Lehrveranstaltungen) wesentlich unter den Anforderungen der Wirtschaftsuniversität Wien läge. Sofern überhaupt noch eine inhaltliche Überprüfung notwendig sei, wies der Gutachter darauf hin, der Beschwerdeführer habe eine äußerst spezialisierte Ausrichtung der Kostenrechnung kennengelernt, "was ebenfalls gegen eine Anrechnung spricht".
Mit Schreiben vom 22. August 1989 übermittelte die Universitätsdirektion der Wirtschaftsuniversität Wien dem Beschwerdeführer diese beiden Fachgutachten zur Stellungnahme. Ob der Beschwerdeführer dieses Schreiben erhalten hat, läßt sich aus der Aktenlage nicht entnehmen. Eine Stellungnahme hat er dazu jedenfalls nicht abgegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. Oktober 1989 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und sprach aus, daß die vom Beschwerdeführer an der Universität Uludag erbrachten Leistungen nicht als Übungen "Buchhaltung II" und "Kostenrechnung II" und als Teilprüfung der 2. Diplomprüfung aus "Fremdenverkehr" gemäß § 21 Abs. 1 und 5 AHStG angerechnet werden würden. Die Begründung für diesen Bescheid lautet:
"Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, daß eine Anrechnung als Buchhaltung II und Kostenrechnung II schon deshalb nicht in Frage kommt, weil bereits der Stundenumfang wesentlich unter den Anforderungen der Wirtschaftsuniversität liegt. Weiters ist den Unterlagen zu entnehmen, daß die in der Speziellen Betriebswirtschaftslehre "Fremdenverkehr" stark gewichteten Themenkreise der touristischen Marktforschung und des touristischen Marketings in Ihren bisherigen Studien zweifellos nicht ausreichend abgedeckt sind."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvosrchriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 21 Abs. 5 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966 (im Beschwerdefall ist die Fassung der Novelle BGBl. Nr. 306/1992 nicht anzuwenden), sind die an einer inländischen Hochschule für das Studium einer anderen Studienrichtung oder die an einer ausländischen Hochschule abgelegten Prüfungen von der zuständigen Prüfungskommission oder der zuständigen akademischen Behörde anzuerkennen, soweit sie den nach der anzuwendenden Studienordnung vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind.
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 des Universitäts-Organsiationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975, ist zur Entscheidung über Anträge Studierender in Studienangelegenheiten in erster Instanz der Vorsitzende der Studienkommission (§ 59 Abs. 4 und 5), in zweiter und letzter Instanz die Studienkommission (§ 58 lit. e) zuständig. Nach der abschließenden Aufzählung der Studienangelegenheiten in Abs. 3 zählen hiezu gemäß dessen lit. c auch die Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen (§ 21 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes).
Die belangte Behörde hatte in dem der Beschwerde zugrundeliegenden Verfahren gemäß § 7 Abs. 4 UOG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) anzuwenden.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach der Anordnung des § 58 Abs. 2 AVG 1950 sind Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, zu begründen. Gemäß § 60 AVG 1950 sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Aus der Begründung eines Bescheides muß demnach erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde den festgestellten Sachverhalt nach einem bestimmten Tatbestand beurteilt (vgl. z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1981, Zlen. 81/11/0009, 0041, und vom 20. November 1984, Zl. 84/07/0042).
Diesen an die Begründung eines Bescheides gestellten gesetzlichen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid in keiner Weise gerecht.
Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde zutreffend geltend gemacht hat, läßt sich dem angefochtenen Bescheid nicht der maßgebende Sachverhalt entnehmen. Weder wird dargelegt, in welchem Umfang der Beschwerdeführer für die im Beschwerdefall in Betracht kommenden Fächer an der Universität Uludag Studien und Prüfungen abgelegt hat, noch in welchem Umfang er diese nach dem in seinem Fall in Betracht kommenden Studienplan an der Wirtschaftsuniversität Wien für die in Aussicht genommene Studienrichtung Betriebswirtschaft ablegen müßte. Dies gilt insbesondere für die zur Nichtanrechnung betreffend Buchhaltung II und Kostenrechnung II gegebene Begründung, die solcherart nicht nachvollziehbar ist. In der Gegenschrift kann die erforderliche Begründung nicht nachgeholt werden. Abgesehen davon, daß auch nicht klargestellt wird, ob sich die Schwerpunkte in der speziellen Betriebswirtschaftslehre "Fremdenverkehr" (die stark gewichteten Themenkreise der touristischen Marktforschung und des touristischen Marketings) aus den einschlägigen studienrechtlichen Vorschriften ableiten lassen oder es sich hiebei bloß um Aussagen über die derzeitige tatsächliche Art der Durchführung der studienrechtlichen Vorschriften an der Wirtschaftsuniversität Wien handelt - letzteres hat bei der Gleichwertigkeitsprüfung im Sinne des § 21 Abs. 5 AHStG keine Rolle zu spielen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1991, Zl. 90/12/0248) - ist die von der belangten Behörde getroffene Aussage, die bisherigen Studien des Beschwerdeführers deckten zweifellos nicht die Anforderungen dieses Faches ab, keiner nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, insbesondere unter Heranziehung der jeweils zur Anwendung kommenden studienrechtlichen Vorschriften darzulegen, welcher Stoff in welchem Schwierigkeitsgrad und in welchem Umfang durch die zu vergleichenden Lehrveranstaltungen vermittelt wird (vgl. dazu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1987, Zl. 86/12/0125).
Der Umstand, daß der Beschwerdeführer zur behördlichen Aufforderung vom 22. August 1989 keine Stellungnahme abgegeben hat, ist schon deshalb bedeutungslos, weil nach der Aktenlage kein Zustellnachweis vorliegt und der Beschwerdeführer außerdem in seiner Beschwerde ausdrücklich die Verletzung des Parteiengehörs gerügt hat.
Daraus ergibt sich, daß einerseits infolge fehlender Sachverhaltsfeststellung der angefochtene Bescheid ergänzungsbedürftig geblieben ist, andererseits die belangte Behörde Verfahrensvorschriften über die Begründungspflicht außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG im Zusammenhang mit der nach ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes angeführt wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1989120233.X00Im RIS seit
06.03.2001