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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache des J in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. April 1993, Zl. 6 - 56 Go 1/6 - 1993, betreffend Entschädigung nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 21. Oktober 1992 begehrte der Beschwerdeführer von der belangten Behörde die Zuerkennung einer Entschädigung im Betrage von S 16.428,-- mit folgender Begründung: Ein Grünspecht habe die Fensterläden und den Holzgiebel des Hauses des Beschwerdeführers beschädigt. Dem Beschwerdeführer sei es im Hinblick auf die Unterschutzstellung des Tieres durch § 4 der Naturschutzverordnung, LGBl. der Steiermark Nr. 52/1987, verwehrt, dieses abzuschießen. Es gebühre ihm daher eine Entschädigung nach § 25 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 (Stmk NSchG), LGBl. Nr. 65/1976.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers "als unbegründet zurück" (richtig: ab). In der Begründung des Bescheides vertrat sie die Auffassung, bei den Schäden am Wohnhaus des Beschwerdeführers handle es sich weder um eine erhebliche Minderung des Ertrages noch um eine nachhaltige Erschwernis der Wirtschaftsführung im Sinne des § 25 Abs. 1 lit. a Stmk NSchG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltendmachende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich, wie aus der Beschwerdebegründung hervorgeht, in seinem Recht auf Zuerkennung einer Entschädigung nach § 25 Abs. 1 lit. b Stmk NSchG verletzt.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
§ 25 Stmk NSchG lautet auszugsweise:
"Entschädigung
(1) Wer durch Auswirkungen einer Verordnung oder eines Bescheides nach den §§ 5, 6, 7, 11 und 13
a) gehindert wird, sein Grundstück oder seine Anlage auf die Art und in dem Umfang zu nutzen, wie er zur Zeit der Einleitung des Verfahrens auf Grund von Bewilligungen oder Genehmigungen, soweit solche erforderlich sind, berechtigt und in der Lage ist, und dadurch eine erhebliche Minderung des Ertrages oder eine nachhaltige Erschwernis der Wirtschaftsführung erleidet, oder
b) zu wirtschaftlich nicht zumutbaren Aufwendungen verpflichtet wird,
hat gegenüber dem Land Anspruch auf angemessene Entschädigung.
(2) ...
(3) Die Landesregierung hat über
a)
das Bestehen des Anspruches und gegebenenfalls
b)
Art und Ausmaß der Entschädigung
nach Anhörung wenigstens eines Sachverständigen mit Bescheid zu entscheiden.
(4) Falls zwischen dem Land und dem Grundeigentümer keine gütliche Vereinbarung über Art und Ausmaß der Entschädigung zustande kommt, ist der Antrag auf Entschädigung bei sonstigem Anspruchsverlust vom Grundeigentümer innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung bzw. nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides bei der Landesregierung einzubringen.
(5) Jede Partei kann innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides (Abs. 3) die Festsetzung der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel das Grundstück oder die Anlage liegt. Mit dem Einlangen des Antrages bei Gericht tritt der Bescheid außer Kraft. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die im Bescheid festgesetzte Entschädigung als vereinbart. Eine erneute Anrufung des Gerichtes in dieser Sache ist unzulässig.
(6) Für das Verfahren nach Abs. 3 sowie für die Wahrnehmung der Ansprüche, die dritten Personen auf Grund dinglicher Rechte zustehen, ist das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71, sinngemäß anzuwenden."
In dem (zu § 49 Abs. 5 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 - Krnt NSchG - ergangenen) Beschluß vom 19. März 1990, Zl. 89/10/0181, vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, die in der zuletzt erwähnten Vorschrift normierte sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte umfasse den gesamten Anspruch einschließlich des Falles der Abweisung des Entschädigungsbegehrens. Wenn in der zitierten Vorschrift von der "Festsetzung", "Festlegung" und "Neufestsetzung" der Entschädigung und vom "festgesetzten Betrag" die Rede sei, so schließe dies im Umfang des äußerstmöglichen Wortsinnes auch die Null-Festsetzung, die prozessual in der Abweisung des Entschädigungsbegehrens ihren Ausdruck finde, ein. Für diese Deutung des möglichen Wortsinnes sei auch nicht ohne Bedeutung, daß die vorliegende Regelung von "(Neu-)Festsetzung" bzw. "Festlegung" der Entschädigung als solcher spreche und nicht - wie andere Entschädigungsregelungen - zwischen einer Entscheidung dem Grunde und einer solchen der Höhe nach differenziere, wobei nur hinsichtlich der letzteren die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für gegeben erachtet worden sei (VfSlg 7431/1974 zum Bundesstraßengesetz 1971). Entschädigungsansprüche nach § 49 Abs. 1 Krnt NSchG zum Ausgleich für hinzunehmende vermögensrechtliche Nachteile oder Wirtschaftserschwernisse seien - ungeachtet des Zusammenhanges mit einem Hoheitsakt - begrifflich, schon wegen § 1 ABGB, und systematisch, wegen der Nähe zum Schadenersatzrecht, dem Zivilrecht zugeordnet. Diese Entschädigungsansprüche seien darüber hinaus als zivilrechtliche Ansprüche (civil rights) nach Art. 6 Abs. 1 MRK anzusehen. Die Entscheidung über die Entschädigung müsse umfassend, also auch im Fall der gänzlichen Versagung einer Entschädigung (und nicht bloß hinsichtlich der Höhe) einer dem Art. 6 Abs. 1 MRK entsprechenden Kontrolle der Tat- und Rechtsfrage durch ein Tribunal im Sinne dieser Verfassungsbestimmung zugeführt werden. Aus dieser Erwägung folge, daß "Festsetzung" und "Festlegung" der Entschädigung in § 49 Abs. 5 Krnt NSchG in einem weiten, auch die Versagung des geltend gemachten Entschädigungsanspruches umfassenden Sinn zu verstehen seien. Die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichte im Falle der gesetzlich vorgesehenen sukzessiven Zuständigkeit schließe die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in derselben Angelegenheit aus.
Diese Rechtsauffassung hat der Verwaltungsgerichtshof auch seinen Beschlüssen vom 2. Juli 1990, Zl. 89/10/0227 (zu § 35 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977, LGBl. Nr. 86, in Verbindung mit § 15 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. Nr. 119), und vom 23. Oktober 1991, Zl. 91/06/0170 (betreffend § 20 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. Nr. 26, idF. der Novelle LGBl. Nr. 87/1982) zugrunde gelegt.
Nach der insoweit im Beschwerdefall maßgebenden Vorschrift des § 25 Abs. 5 Stmk NSchG kann jede Partei innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides (Abs. 3) die Festsetzung der Entschädigung beim Bezirksgericht begehren. Von den oben dargelegten Grundsätzen ausgehend ergibt sich in verfassungskonformer Auslegung der zuletzt zitierten Vorschrift, daß die Anrufung der ordentlichen Gerichte auch im Falle der Abweisung des Entschädigungsbegehrens wegen Nichtbestehens des geltend gemachten Anspruches zulässig ist.
Dieses Ergebnis legt auch der Wortlaut der Vorschrift nahe:
§ 25 Abs. 5 erster Satz Stmk NSchG enthält einen ausdrücklichen Verweis auf den nach Abs. 3 der zitierten Vorschrift erlassenen Bescheid; dieser umfaßt nach der verwiesenen Vorschrift (lit. a) das Bestehen des Anspruches und "gegebenenfalls" (lit. b) die Höhe der Entschädigung. Aus § 25 Abs. 5 zweiter Satz, wonach mit dem Einlangen des Antrages bei Gericht der Bescheid außer Kraft tritt (ohne daß das Außerkrafttreten - wie in anderen gesetzlichen Regelungen - auf das "Ausmaß" oder die "Höhe" der Entschädigung beschränkt wird), folgt, daß der Gesetzgeber - die Anordnung der sukzessiven Zuständigkeit betreffend - nicht nach der Entscheidung über Grund und Höhe des Entschädigungsanspruches unterscheidet. Das Ergebnis der grammatikalischen Interpretation der Vorschrift steht somit mit jenem, das verfassungsrechtlich geboten erscheint, im Einklang. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes weist in diese Richtung; war doch in der Regierungsvorlage (vgl. Blg.Nr. 30 zu den stenographischen Berichten des Steiermärkischen Landtages, VIII. Periode, 1975, Einl.Zl. 438/1) noch davon die Rede, daß die Partei die Festsetzung DER HÖHE der Entschädigung beim Bezirksgericht begehren könne (§ 25 Abs. 4 erster Satz).
Anders als im Fall des § 28 Abs. 4 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes - OÖ NSchG, LGBl. Nr. 80, bestehen somit auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier anzuwendenden Vorschrift. § 28 Abs. 4 dritter Satz OÖ NschG sieht eine Antragstellung an das Gericht ausdrücklich betreffend die "Festlegung DES AUSMAßES der Entschädigung" vor. Diese an den ersten Satz der zitierten Vorschrift anknüpfende Regelung schließt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes eine Auslegung, wonach die sukzessive Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte den gesamten Entschädigungsanspruch (somit auch den Fall der Abweisung desselben) umfaßt, aus (vgl. den Beschluß vom 30. April 1992, Zl. A 41/92 (92/10/0051,0052)). Anders als die soeben zitierte Vorschrift normiert § 25 Abs. 5 Stmk NSchG die Anrufung des Bezirksgerichtes ausdrücklich betreffend die FESTSETZUNG DER ENTSCHÄDIGUNG; dies ist - wie bereits oben dargelegt wurde - in Richtung der Begründung der sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte betreffend den gesamten Entschädigungsanspruch zu verstehen. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 25 Abs. 5 Stmk NSchG unter den im zitierten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigten Gesichtspunkten sind somit nicht entstanden.
Dem Beschwerdeführer fehlt im Hinblick auf die ihm offenstehende Möglichkeit, die ordentlichen Gerichte im Rahmen der durch § 25 Abs. 5 Stmk NSchG normierten sukzessiven Zuständigkeit anzurufen, die Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde; diese war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993100112.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
19.07.2009