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21/03 GesmbH-Recht;Norm
ASVG §113 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/08/0029 E 18. März 1997Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. September 1990, Zl. MA 14-W 13/90, betreffend Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: G in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. Februar 1990 stellte die beschwerdeführende Wiener Gebietskrankenkasse fest, daß der Mitbeteiligte als Geschäftsführer gemäß den §§ 67 Abs. 10 und 83 ASVG verpflichtet sei, der Beschwerdeführerin die auf dem Beitragskonto der Beitragsschuldnerin, prot. Fa. W-GmbH in Wien, rückständigen Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 31. Jänner 1990) im Betrag von S 62.558,21 zuzüglich Verzugszinsen seit 1. Februar 1990 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, berechnet von S 52.150,20, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
Nach der Begründung hätten die im angeschlossenen Rückstandsausweis vom 31. Jänner 1990 ausgewiesenen Beiträge (Dezember 1987 bis September 1988) samt Nebengebühren nicht eingebracht werden können. Der Mitbeteiligte sei als Geschäftsführer zur Vertretung der Beitragsschuldnerin berufen. Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehöre es, dafür zu sorgen, daß die Beiträge ordnungsgemäß entrichtet würden. Da dies schuldhaft unterblieben sei und die Beiträge nicht hätten eingebracht werden können, sei die Haftung für die Beiträge samt Nebengebühren auszusprechen gewesen.
Der Mitbeteiligte erhob Einspruch.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 teilweise stattgegeben und ausgesprochen, daß der Mitbeteiligte rückständige Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis 16. November 1988) in der Höhe von S 52.781,45 an die beschwerdeführende Kasse zu bezahlen habe.
In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf den Einspruch des Mitbeteiligten, in dem dieser im wesentlichen vorgebracht habe, daß ihm als Geschäftsführer an der Konkurseröffnung kein schuldhaftes Verhalten anzulasten sei, da der Konkurs der Beitragsschuldnerin (der W-GmbH.) nicht vorhersehbar gewesen sei. Der Bescheid der Gebietskrankenkasse enthalte auch keinerlei Hinweise darauf, ob und in welcher Höhe aus der Konkursmasse Zahlungen erfolgt seien. Mit dem Tag der Konkurseröffnung über die Beitragsschuldnerin sei auch der Zeitraum für die Berechnung von Zinsen und Nebengebühren unterbrochen worden. Ferner müsse eine Aufteilung in Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile erfolgen.
Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde zunächst entgegen, daß wegen der Ungleichbehandlung der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber anderen Verbindlichkeiten ein schuldhaftes Verhalten des Mitbeteiligten an der Nichtentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge bei Fälligkeit gegeben sei, weshalb er gemäß § 67 Abs. 10 ASVG hafte. Der von der Behörde erster Instanz vorgeschriebene Beitrag vermindere sich jedoch auf S 52.781,45, da die Vorschreibung 12/87 verjährt sei und Verzugszinsen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0283) nur bis zur Konkurseröffnung (im Beschwerdefall: 17. November 1988) zu berechnen seien. Hinsichtlich der weiteren Einwendungen des Mitbeteiligten verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß nur der uneinbringlich gewordene Rest der Beiträge vorgeschrieben worden sei. Da gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine Haftung sowohl für Dienstnehmer- und Dienstgeberanteile bestehe, erscheine eine Aufgliederung der entsprechenden Teilbeträge nicht erforderlich. Zum Vorbringen des Mitbeteiligten, über sein Vermögen sei am 17. Dezember 1987 das Konkursverfahren eröffnet worden, weshalb von den Beitragsforderungen nur die gerichtliche Quote in Höhe von 20 % aushafte, erwiderte die belangte Behörde, daß dem vorliegenden Verfahren Beiträge zugrunde lägen, die erst nach Konkurseröffnung fällig geworden seien. Darauf habe der über das Vermögen des Beschwerdeführers eröffnete Konkurs keinen Einfluß.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Gerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihren Rechten deshalb beschwert", weil die belangte Behörde in unrichtiger Anwendung des § 83 ASVG die Zahlungsverpflichtung des Mitbeteiligten für die nach Konkurseröffnung "fällig gewordenen und fällig werdenden" Verzugszinsen verneint habe. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes verweist die Beschwerdeführerin zunächst auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0283, und vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0217, in denen dieser unter Berufung auf das Erkenntnis vom 5. März 1979, Zl. 2645/78, die Auffassung vertreten habe, dem Geschäftsführer einer GmbH. könne die Nichtentrichtung von Zinsen der offenen Beiträge ab Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr angelastet werden. Nach dem zuletzt genannten - zur Bundesabgabenordnung (BAO) ergangenen - Erkenntnis bestehe dann keine Haftung, wenn es sich um Abgaben handle, die während des Konkurses fällig geworden seien und für deren Entrichtung der Masseverwalter verantwortlich sei. Im Beschwerdefall gehe es aber nicht um Abgaben bzw. Beiträge, für deren Entrichtung der Masseverwalter verantwortlich sei, sondern um auf Konkursforderungen entfallende, seit Konkurseröffnung aufgelaufene Zinsen, die gemäß § 58 der Konkursordnung (KO) im Zusammenhang mit § 65 Abs. 1 ASVG überhaupt nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden könnten. Sie seien im Hinblick auf § 46 KO auch keine Masseforderungen. Es sei daher für die Bezahlung dieser Zinsen auch nicht der Masseverwalter verantwortlich. Solche Zinsenforderungen seien nach Auffassung der Beschwerdeführerin auf andere Weise gegen den Gemeinschuldner geltend zu machen, nämlich aus Absonderungsrechten und ihnen gleichgestellten Rechten, wie etwa aus persönlichen Haftungen (§ 151 KO, wonach die Rechte der Gläubiger gegen Mitverpflichtete von einem Zwangsausgleich unberührt blieben) sowie aus dem konkursfreien Vermögen (vgl. Wegan, Insolvenzrecht (1973), Seite 112; Feil, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung (1983), Anmerkung 3 zu § 58 KO; ferner Bartsch-Pollak, Anmerkung 6 zu § 57 KO alte Fassung). Da für die Nichtentrichtung dieser Verzugszinsen nicht der Masseverwalter verantwortlich sei, sondern weiterhin der Geschäftsführer einer im Konkurs befindlichen GmbH., sei die belangte Behörde offenbar nur deswegen zur Verneinung der Zahlungsverpflichtung für die ab Konkurseröffnung auflaufenden Zinsen gekommen, weil sie der Ansicht sei, daß nach Konkurseröffnung dem Geschäftsführer keinerlei Mittel für die Bezahlung der Zinsen zur Verfügung gestanden seien. Diese Rechtsansicht würde jedoch bedeuten, daß das haftungsauslösende schuldhafte Verhalten des Geschäftsführers sich nicht nur auf die Beiträge als solche, sondern auch auf die täglich neu auflaufenden Verzugszinsen beziehen müßte. Es würde dann eine Haftung für die Verzugszinsen nur so lange bestehen, als Mittel zur Bezahlung der täglich fällig werdenden Zinsen zur Verfügung stünden und diese Mittel in schuldhafter Weise vom Geschäftsführer nicht zur Bezahlung dieser Zinsen verwendet würden. Da die für Verzugszinsen geltende Haftungsregel des § 83 ASVG nicht zwischen den einzelnen Haftungsfällen des § 67 ASVG unterscheide, müßte dies z.B. für eine Haftung auf Grund einer Betriebsnachfolge gemäß § 67 Abs. 4 leg. cit. bedeuten, daß der Betriebsnachfolger nur für die Verzugszinsen haften würde, die bis zum Tag des Erwerbes des Betriebes gegenüber dem Beitragsschuldner fällig geworden seien, denn nur diese Zinsen fielen in "die Zeit von höchstens 12 Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet". Weiters würde eine Person gemäß § 67 Abs. 3 ASVG nur für die Zinsen haften, die in der Zeit aufgelaufen seien, in der dieser Person "die wirtschaftliche Gefahr des Betriebes oder der erzielte Gewinn vorwiegend zugefallen" sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe jedoch die Zahlungsverpflichtung für Verzugszinsen, die nach dem Tag des Erwerbes eines Betriebes aufgelaufen seien, in den zu § 67 Abs. 4 ASVG ergangenen Erkenntnissen ausdrücklich bestätigt (vgl. das Erkenntnis vom 11. Oktober 1961, Zl. 2147/58, und vom 13. Mai 1976, Zl. 2134/75).
Die Beschwerdeführerin verweist auch auf den Umstand, daß § 83 ASVG als vorletzte Bestimmung im ersten Teil des ASVG, Abschnitt V, in dem die Mittel der Sozialversicherung geregelt werden, enthalten sei. In diesem Abschnitt sei das gesamte Beitragswesen, wie Beitragsgrundlage, Entgelt, Dauer der Beitragspflicht, sowohl für Pflichtversicherte als auch für freiwillig Versicherte, und die Mithaftung für Beitragsschulden geregelt. § 83 ASVG befinde sich am Schluß dieses Abschnittes im 5. Unterabschnitt mit der Überschrift "Gemeinsame Bestimmungen". Dadurch komme zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber den Beitragsmithaftenden, soweit nicht anders lautende Bestimmungen vorlägen, genauso habe behandeln wollen, wie den Beitragsschuldner, und daß auch der Beitragsmithaftende im selben Ausmaß für die innerhalb der elftägigen Frist des § 59 ASVG vom Beitragsschuldner nicht entrichteten Beiträge samt Verzugszinsen hafte. Dieses Ergebnis werde auch durch eine historische Betrachtung bestärkt: Die Maßnahmen zur Sicherung der Beiträge in § 67 ASVG seien nämlich durch Übernahme einiger Haftungsbestimmungen des früheren österreichischen Rechtes, nämlich des § 92 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes 1938, erweitert worden. Darin sei ausdrücklich die Verpflichtung zur Zahlung der Verzugszinsen auch für die Beitragsmithaftenden festgelegt worden. Auch ein Vergleich mit den Haftungsvorschriften der Bundesabgabenordnung (BAO) führten zu einem solchen Ergebnis: Nach § 7 BAO würden Personen, die nach den Abgabenvorschriften für eine Abgabe hafteten, durch Geltendmachung dieser Haftung zu Gesamtschuldnern. Persönliche Haftungen erstreckten sich auch auf Nebenansprüche. Nach § 3 Abs. 2 lit. d BAO zählten zu den Nebenansprüchen auch Stundungszinsen, Säumniszuschläge und Kosten. Nach Stoll, Handbuch zur BAO (1980), Seite 557, sei der Haftende nach seiner Inanspruchnahme "Gesamtschuldner", sodaß die noch später anwachsenden Nebenansprüche von der Haftungsschuld mittels einheitlichen Leistungsgebotes (§ 199) allen Gesamtschuldnern, sohin auch dem "Haftungspflichtigen" gegenüber geltend zu machen seien. Bei Zahlungsverzug sei gemäß § 217 ff BAO ein einmaliger Säumniszuschlag von 2 % vorzuschreiben. Nach Stoll, aaO., Seite 547, erstreckten sich persönliche Haftungen auch auf den Säumniszuschlag. Sei jedoch die Abgabenschuld, für die eine Haftung geltend gemacht werde, bereits mit einem Säumniszuschlag belastet, so trete bei einer Säumnis des Haftenden (wie auch bei einer neuerlichen Säumnis des Abgabenpflichtigen) keine neuerliche Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein. Das heiße, daß der Mithaftende auch für die vom Abgabepflichtigen ausgelöste Verzugsfolge des Säumniszuschlages in voller Höhe hafte. Für den Bereich des ASVG bedeute dies, daß der Mithaftende auch für die vom Beitragsschuldner zu zahlenden Verzugszinsen in voller Höhe mithafte, soweit die Haftungsvoraussetzungen des § 67 ASVG bezüglich einzelner Beitragsfälligkeiten (§ 58 ASVG) ex lege eingetreten seien.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß im Beschwerdefall von den Verwaltungsbehörden § 67 Abs. 10 ASVG in der Fassung der 48. Novelle zum ASVG zur Anwendung gebracht wurde. Dies erweist sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zutreffend: Wird der erstinstanzliche Bescheid erst NACH dem 1. Jänner 1990, und damit bereits nach der durch die 48. Novelle mit Wirkung vom 1. Jänner 1990 vorgenommenen Änderung dieser Gesetzesbestimmung erlassen, so ist § 67 Abs. 10 ASVG in der durch Art. I Z. 4 der 48. Novelle zum ASVG gegebenen Fassung anzuwenden (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/08/0055, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Diese Bestimmung lautet nunmehr wie folgt:
"Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommandititgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern, für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."
§ 59 Abs. 1 ASVG lautet auszugweise:
"Werden Beiträge nicht innerhalb von elf Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundersatz der rückständigen Beiträge zu entrichten ..."
Die mit "Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze" überschriebene Bestimmung des § 83 ASVG hat folgenden Inhalt:
"Die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen gelten entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung."
Ihrem ausdrücklichen Vorbringen nach erachtet sich die Beschwerdeführerin nur deshalb in ihren Rechten verletzt, weil die belangte Behörde dem Mitbeteiligten ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der Beitragsschuldnerin die Entrichtung von Zinsen für offene Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr vorgeschrieben hat.
Dieser Argumentation kommt aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:
Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge verletzt hat (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zlen. 92/08/0072, 0073). Bei den Pflichten, deren Verletzung eine der Voraussetzungen für die Haftung des Vertreters ist, handelt es sich um die Pflicht zur rechtzeitigen Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge namens des Beitragsschuldners und aus dieser Verpflichtung allenfalls resultierende Nebenpflichten (vgl. das Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl. 89/08/0331). Dazu gehört auch die Verpflichtung zur Entrichtung von Verzugszinsen, wenn die Beiträge im Sinne des § 59 Abs. 1 ASVG nicht fristgerecht eingezahlt werden. Aus § 83 ASVG in Verbindung mit § 67 Abs. 10 leg. cit. ist auch im Lichte des § 59 ASVG davon auszugehen, daß die Zinsenforderung ein Akzessorium der Kapitalforderung ist und daher aus der Haftung für die Kapitalforderung die Haftung für die Zinsen folgt: Die Verpflichtung, Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG zu entrichten, ist nur die gesetzliche Folge des Verzuges bei Einzahlung der rückständigen und fälligen Beiträge. Das Institut der Verzugszinsen trägt keinen pönalen Charakter, sondern stellt ein wirtschaftliches Äquivalent für den Zinsenverlust dar, den der Beitragsgläubiger dadurch erleidet, daß er die geschuldete Leistung nicht innerhalb von elf Tagen nach der Fälligkeit erhält. Wie aus dem in § 59 Abs. 1 erster Satz ASVG (zweimal) verwendeten Ausdruck "rückständige Beiträge" hervorgeht, stellt der Anspruch auf Verzugszinsen einen Annex zu dem Anspruch in der Hauptsache dar und teilt so dessen rechtliches Schicksal (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0177). Der Rechtsgrund für die Entrichtung der Zinsen liegt VOR Konkurseröffnung. Entgegen der von der belangten Behörde zitierten Vorjudikatur kommt es nicht darauf an, ob die Zinsen in einem angenommenen Fälligkeitszeitraum aus Verschulden des Geschäftsführers nicht entrichtet worden sind. Daher ist es auch bei der Prüfung der Frage der Haftung für die Zinsen nicht entscheidend, ob der Geschäftsführer für den (gesamten) Zeitraum des Zinsenlaufes über Geldmittel der Gesellschaft verfügungsberechtigt war und ob sich die Hauptschuldnerin in einem bestimmten Zeitraum in einem Insolvenzverfahren befunden hat, sondern nur, ob und in welchem Umfang gegen die Hauptschuldnerin Zinsen laufen. Dem Umstand, daß der Haftende nach Konkurseröffnung über keine Mittel mehr verfügen kann, kommt daher für den Lauf der Verzugszinsen keine Bedeutung zu.
Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Dabei konnte von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0283, und vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0217) ohne verstärkten Senat im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG abgegangen werden. Ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung im Sinne der genannten Bestimmung liegt nämlich unter anderem dann nicht vor, wenn die Entscheidung aufgrund einer anderen Vorschrift ergeht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, auf Seite 162 f. wiedergegebene Rechtsprechung). Die zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ergingen zu § 67 Abs. 10 ASVG in der Fassung der 41. NOVELLE, BGBl. Nr. 111/1986. Der gegenständliche Beschwerdefall betraf jedoch eine Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 leg. cit. in der Fassung der 48. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 642/1989.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. 1991/104, die gemäß ihrem Art. III Abs. 2 auf das gegenständliche Verfahren anzuwenden ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990080196.X00Im RIS seit
20.11.2000