TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/29 93/05/0025

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Veröffentlicht am 29.06.1993
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs1;
BauRallg;
VStG §19;
VStG §22 Abs1;
VStG §31;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen zwei Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. November 1992,

Zlen. UVS-06/25/00238/91, betreffend Übertretungen der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegenüber dem Beschwerdeführer wurde seitens des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, ein mit 8. Oktober 1991 datiertes Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hat:

"Sie sind als Verwalter der Liegenschaft und des Hauses in

W 47, ident mit G-Gasse 2, dafür verantwortlich, daß Sie ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers entgegen den Bestimmungen des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien diese Baulichkeit nicht in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechenden Zustand erhalten haben, da Sie

1)

in der Zeit vom 23.2.1989 bis 11.1.1991 das Mauerwerk der Rauchfangköpfe, den Verputz an Wänden und Decken im erdgeschoßigen Gangbereich, die äußeren Fensterflügel im Gangbereich, den Verputz an der rechten Feuermauer, an den straßenseitigen Schauflächen und an den hofseitigen Schauflächen sowie das Dach des gemauerten linken Seitengebäudes nicht instandsetzen haben lassen (Punkt 1 bis 6 des Bescheides der MA 37/12 vom 26.5.1988,

2)

in der Zeit vom 18.12.1990 bis 11.1.1991 12 schliefbare und 4 enge Rauchfänge sowie das schadhafte Mauerwerk der 16 Rauchfänge nicht instandsetzen haben lassen (Punkt 1 und 2 des Bescheides der MA 37/12 vom 16.10.1990.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der geltenden Fassung in Verbindung mit den Punkten 1 bis 6 des Bescheides MA 37/12 vom 26.5.1988 und den Punkten 1 und 2 des Bescheides MA 37/12 vom 16.10.1990.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Gemäß § 135 der Bauordnung für Wien ad 1) eine Geldstrafe von S 12.000,- und ad 2) eine Geldstrafe von S 6.000,-, somit insgesamt S 18.000,-, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 1.800,- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d. s. 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 19.800,-.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)."

Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung erging einerseits der Bescheid (einer Kammer im Sinne des § 51c VStG) des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 18. November 1992, mit welchem der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Punktes 1) des Straferkenntnisses gemäß § 66 Abs. 4 AVG "insofern Folge gegeben" worden ist, "als die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Tage herabgesetzt wird", und andererseits der Bescheid (eines Mitgliedes gemäß § 51c VStG) des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, ebenfalls datiert mit 18. November 1992, mit welchem hinsichtlich des Punktes 2) des Straferkenntnisses gemäß § 66 Abs. 4 AVG "der Berufung insofern Folge gegeben" worden ist, "als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird". Außerdem änderte die Berufungsbehörde in beiden Fällen die Aussprüche gemäß § 44a Z. 2 und 3 VStG.

Über die gegen diese Bescheide eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen und dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.

Wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ist zufolge § 135 Abs. 3 leg. cit. für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ.

Gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 100.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten bestraft.

Aus § 129 Abs. 2 leg. cit. ergibt sich für den Hauseigentümer die Verpflichtung, seine Gebäude in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand zu erhalten, weshalb er sich eines Unterlassungsdeliktes schuldig macht und nach Maßgabe des § 135 Abs. 1 leg. cit. zu bestrafen ist, wenn er der umschriebenen Instandhaltungsverpflichtung nicht entspricht. Diese gesetzliche Verbindlichkeit des Hauseigentümers stellt sich als eine einheitliche Verpflichtung dar, weil sie den gesamten Zustand eines bestimmten Gebäudes betrifft. Die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes begangenen Verstöße gegen diese Instandhaltungsverpflichtung sind daher als eine einzige Verwaltungsübertretung zu ahnden, wovon der Verwaltungsgerichtshof auch bisher stets ausgegangen ist, da in Fällen wie dem vorliegenden, in welchen die Nichterfüllung der Instandhaltungsverpflichtung während eines bestimmten Zeitraumes hinsichtlich verschiedener Teile eines Hauses Gegenstand der Bestrafung war, immer eine einzige Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 leg. cit. angenommen worden ist (vgl. in diesem Zusammenhang u.a. die

hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1976, Zl. 267/76, vom 13. Dezember 1976, Zl. 1259/76, vom 23. Mai 1977, Zl. 1652/76, vom 21. Juni 1979, Zl. 433/77, und vom 20. April 1982, Zl. 05/2019/79). Die Richtigkeit dieser Überlegung ergibt sich auch daraus, daß es sonst möglich wäre, durch eine Zerlegung der einen jeweiligen bestimmten Teil eines Hauses betreffenden Unterlassungen der Instandhaltungsverpflichtung in verschiedene Übertretungen und ihre abgesonderte Bestrafung den Strafrahmen des Gesetzes zu überschreiten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 1968, Slg. N.F. Nr. 7461/A).

Im Beschwerdefall war es daher ungeachtet des Umstandes, daß der Strafrahmen des § 135 Abs. 1 leg. cit. nicht überschritten worden ist, rechtswidrig, den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Verwalter des Hauses wegen der Verletzung der Instandhaltungsverpflichtung hinsichtlich verschiedener Teile des in Rede stehenden Hauses zweier Übertretungen des § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 3 leg. cit. schuldig zu erkennen und zwei gesonderte Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) über ihn zu verhängen. Die Behörde erster Instanz hätte vielmehr unter Zugrundelegung des gesamten Tatzeitraumes, also der Zeit vom 23. Februar 1989 bis 11. Jänner 1991 (hinsichtlich der im Punkt 2. des Straferkenntnisses enthaltenen Vorwürfe eingeschränkt auf den dort genannten Zeitraum vom 18. Dezember 1990 bis 11. Jänner 1991), davon auszugehen gehabt, daß der Beschwerdeführer eine einzige Verwaltungsübertretung nach § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 135 Abs. 3 leg. cit. begangen hat, und dafür über ihn nur eine einzige Strafe verhängen dürfen, was zur Folge gehabt hätte, daß wegen der dem Beschwerdeführer angelasteten Unterlassung auch nur ein Berufungsbescheid der belangten Behörde zu erlassen gewesen wäre.

Die belangte Behörde hat daher schon insoweit die Rechtslage verkannt, weshalb die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben waren, ohne auf die Frage eingehen zu müssen, ob die belangte Behörde die Verschuldensfrage richtig gelöst hat und die Strafbemessung dem Gesetz entspricht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993050025.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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