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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung der Nö TierkörperbeseitigungsV mangels Legitimation; Zumutbarkeit der Erwirkung einer Ausnahmebewilligung; Zumutbarkeit der Bekämpfung des festgelegten Entgelts vor einem ZivilgerichtSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Antragsteller ist seinen Angaben zufolge Eigentümer eines Schlachthofes in R/Niederösterreich.
Mit der am 29. Oktober 1990 zur Post gegebenen (beim Verfassungsgerichtshof tags darauf eingelangten) Eingabe beantragt er gemäß Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG, die gesamte Niederösterreichische Tierkörperbeseitigungsverordnung (NÖ TKB-VO), LGBl. für NÖ 6440/1-2, (in eventu bestimmt bezeichnete Stellen dieser Verordnung) aufzuheben. Er legt mit näherer Begründung Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Verordnung dar.
Seine Antragslegitimation begründet der Einschreiter damit, daß er Eigentümer eines Schlachthofes im Land Niederösterreich sei. Durch die angefochtene Verordnung würden ihm bestimmte Rechtspflichten auferlegt, nämlich die Pflicht, in seinem Betrieb anfallende Schlachtungsabfälle ausschließlich an die Niederösterreichische Tierkörperbeseitigung Gesellschaft m.b.H. Tulln unentgeltlich abzuliefern und der Gesellschaft ein tarifmäßig bestimmtes Entgelt zu bezahlen. Diese Rechtspflichten griffen in seine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell ein, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe. Für den Fall eines Zuwiderhandelns müsse er mit empfindlichen Verwaltungsstrafen rechnen, was ihm nicht zumutbar sei. Es stehe ihm auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, sich gegen die rechtswidrige Verordnung zur Wehr zu setzen.
2. Der Landeshauptmann von Niederösterreich erstattete eine Äußerung, in der er primär begehrt, den Antrag mangels Legitimation zurückzuweisen; in eventu beantragt er, die Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben.
II. 1. Die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG setzt voraus, daß durch die vom Antragsteller bekämpfte Verordnung(sstelle) seine (rechtlich geschützten) Interessen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden; der durch die zitierte Bestimmung des B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf ist dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 10359/1985, 10481/1985, 10511/1985, 11554/1987).
2. Dem Antragsteller stehen hier zwei derartige Wege offen:
a) So wäre es dem Einschreiter möglich, gemäß §2 Abs4 NÖ TKB-VO eine Ausnahmebewilligung von der Ablieferungspflicht zu begehren und eine allfällige abweisende Entscheidung - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - beim Verfassungsgerichtshof in Beschwerde zu ziehen und in deren Rahmen die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken darzulegen. Irgendwelche Umstände, die das Beschreiten dieses Weges als unzumutbar erscheinen ließen, sind nicht erkennbar (vgl. die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung grundsätzlich zumutbar ist, zB VfSlg. 11554/1987; VfGH v. 27.9.1988, V100/88; 12.6.1990, V170/90; 24.9.1990, V215,216/90).
b) Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis VfSlg. 11259/1987, S 188 f., dargetan, daß die in der Steiermärkischen Tierkörperverwertungsverordnung vorgesehenen "Entgelte" für die Einsammlung, Abfuhr und Beseitigung der ablieferungspflichtigen tierischen Abfälle privatrechtlicher Natur sind; die Ansprüche der Tierkörperverwertungsanstalt auf das verordnungsmäßig festgelegte Entgelt sind als bürgerliche Rechtssachen iS des §1 JN anzusehen und daher vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen (vgl. hiezu auch VfSlg. 10038/1984 und 10640/1985). Dasselbe gilt für die der steiermärkischen Regelung gleichende NÖ TKB-VO.
Daraus folgt, daß es der Antragsteller auf einen Rechtsstreit vor dem Zivilgericht ankommen lassen kann. Das Zivilgericht wäre verpflichtet, wenn es die Bedenken des Antragstellers ob der Gesetzmäßigkeit der von ihm diesfalls anzuwendenden NÖ TKB-VO teilt, beim Verfassungsgerichtshof einen Prüfungsantrag nach Art139 Abs1 B-VG zu stellen.
Der Antragsteller bringt keine besonderen Umstände vor, die diesen Weg, nämlich sich in einen Zivilrechtsstreit einzulassen, unzumutbar erscheinen ließen (vgl. zB VfSlg. 9285/1981, 9685/1983, 10785/1986, 11759/1988).
c) Der Antrag war daher schon aus diesem Grund mangels Legitimation zurückzuweisen. Es war sohin entbehrlich zu klären, ob noch weitere Prozeßhindernisse bestehen, so etwa im Hinblick darauf, daß die NÖ TKB-VO idF der 2. Novelle (LGBl. 6440/1-2) bekämpft wird, obgleich bereits zum Zeitpunkt der Anfechtung die NÖ TKB-VO idF der 4. Novelle (LGBl. 6440/1-4) galt (vgl. zB VfSlg. 11365/1987).
3. Die Zurückweisung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V409.1990Dokumentnummer
JFT_10089775_90V00409_00