Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des O in Z, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. April 1993, Zl. IIb2-K-2645/1-1993, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für neun Monate vom 18. Jänner 1993 an (somit bis 18. Oktober 1993) entzogen wurde.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Anlaß für die bekämpfte Entziehungsmaßnahme war, daß der Beschwerdeführer nach der Annahme der belangten Behörde am 22. Dezember 1992 eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen habe. Sie stützte sich dabei auf das Ergebnis der Untersuchung der Atemluft des Beschwerdeführers ungefähr eine halbe Stunde nach der Tat (0,48 mg/l). Die belangte Behörde führte ferner eine Androhung der Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 3 KFG 1967 im Zusammenhang mit einer bestimmten Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 und eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung für vier Wochen im Zusammenhang mit einem Alkoholdelikt - beide Maßnahmen wurden im Jahre 1992 gesetzt - an.
Der Beschwerdeführer bestreitet, am 22. Dezember 1992 ein Alkoholdelikt begangen zu haben. Er wirft der belangten Behörde vor, sie habe sich in dieser Frage "auf die formale Bestimmung des § 38 AVG zurückgezogen". Er habe im anhängigen Verwaltungsstrafverfahren betreffend das Alkoholdelikt "die Aufnahme eines medizinischen Sachbefundes beantragt ..., um den Nachweis zu führen, daß er im Tatzeitpunkt keinesfalls alkoholisiert war".
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, die eine Aufhebung nach sich zu ziehen hätte, darzutun. Die belangte Behörde war berechtigt, die Frage, ob der Beschwerdeführer am 22. Dezember 1992 ein Alkoholdelikt begangen hat, als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu beurteilen. Der Beschwerdeführer zeigt keinen Umstand auf, daß die Behörde von ihrem nach § 38 AVG eingeräumten Ermessen in dem Sinn Gebrauch zu machen gehabt hätte, das Entziehungsverfahren auszusetzen. Es kann daher dahinstehen, ob es einen solchen Anspruch überhaupt gibt, weil für die Aussetzung eines Verfahrens nach § 38 AVG - zumindest in erster Linie - der Grundsatz der Verfahrensökonomie spricht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Februar 1986, Zl. 85/11/0239, in Form von Rechtssätzen abgedruckt in Slg. Nr. 12019/A) und dieser Umstand im Bereich der Wahrung öffentlicher Interessen liegt. Die vorfrageweise Beurteilung beruht auch auf ausreichenden Feststellungen, da ein Ergebnis einer Atemluftprobe mit einem sogenannten Alkomatgerät nur durch das Ergebnis einer Blutalkoholuntersuchung widerlegt werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1990, Zl. 90/11/0113). Eine Blutabnahme aber hat der Beschwerdeführer seinem eigenen Vorbringen nach nicht einmal verlangt.
Hinsichtlich der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 hegt der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls keine Bedenken. Wenn die belangte Behörde beim Beschwerdeführer, der in Ansehung von Alkoholdelikten ein Wiederholungstäter innerhalb von weniger als einem Jahr ist, mit einer Zeit von ungefähr zehn Monaten von der Begehung der strafbaren Handlung bis zur Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit das Auslangen finden zu können geglaubt und auch nur eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung verfügt hat, hat sie das Gesetz keinesfalls zum Nachteil des Beschwerdeführers verletzt. Das Beschwerdevorbringen in diesem Zusammenhang zeigt einerseits die Tendenz zur Verharmlosung der Verwerflichkeit von Alkoholdelikten auf (wonach "der beim Beschwerdeführer festgestellte Atemluftalkoholgehalt von 0,48 mg/l nur geringfügig über der tolerablen Größe liegt") und verkennt andererseits, daß es im gegebenen Zusammenhang auf die Schwere allfälliger Unfallfolgen nicht ankommt (wonach "bei Verkehrsunfällen, welche den Tod eines anderen Verkehrsteilnehmers zur Folge haben, der alkoholisierte Fahrzeuglenker ebenfalls (bei einem ersten Vergehen nach § 5 StVO) einer Führerscheinentzugsdauer im Ausmaß von 9 Monaten ausgesetzt ist"). Der Beschwerdeführer ist vielmehr im Gegensatz zu seinen Behauptungen "durchaus eine besonders verkehrsunzuverlässige Person".
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993110117.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
17.08.2010