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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §2 Z12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde
1.) des FG und 2.) der MG in P, beide vertr durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom 13.1.1993, Zl. R/1-V-92131/00, betr eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) G reg. Gen.m.b.H., W,
2) Stadtgemeinde P, vertr durch den Bgm), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 29. Mai 1992 wurde der mitbeteiligten Bauwerberin die baubehördliche Bewilligung "für Niveauveränderungen sowie Errichtung einer Wohnhausanlage, bestehend aus vier Häusern (60 Wohnungen) samt Außen- und Nebenanlagen (Müllplätze, Trafostation, 60 Pkw-Abstellplätze, Kinderspielplatz mit 2-Weg-Drahtseilbahn, Schallschutzmauer und Sickerschächte etc.), Anschluß an die öffentliche Wasserleitung und an den öffentlichen Schmutzwasserkanal" auf dem Grundstück Nr. 400, EZ 755 des Grundbuches über die KG P, erteilt. Auf die von den Beschwerdeführern als Anrainern anläßlich der vorausgegangenen Bauverhandlung erhobenen Einwendungen, welche sich u.a. gegen die Gebäudehöhe gerichtet haben, wurde in diesem Bescheid nicht eingegangen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. Juni 1992 wurde die gegen diesen Baubewilligungsbescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Unter Bezugnahme auf die Einwendungen der Beschwerdeführer wurde in der Begründung dieses Bescheides lediglich festgehalten, daß "der anwesende Bausachverständige sofort mündlich geantwortet und die eingebrachten Einwendungen an Ort und Stelle behandelt" habe, weshalb es nicht mehr notwendig gewesen sei, "die bereits anläßlich der Bauverhandlungen behandelten Einwendungen nochmals in die Begründung des Bescheides aufzunehmen".
Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 13. Jänner 1993 wurde die gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.
Zur Frage der Gebäudehöhe führte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, daß der Amtssachverständige anläßlich einer während des Vorstellungsverfahrens durchgeführten Verhandlung festgestellt habe, daß die Gebäudehöhe mit 8 m in den Plänen ausgewiesen sei. Dieser Abstand beziehe sich "vom Schnittpunkt des Niveaus mit der Gebäudefront bis zum Schnittpunkt der Gebäudefront mit der Dachfläche". Auf Grund des Bebauungsplanes sei die Bauklasse für das in Rede stehende Grundstück mit I, II festgelegt, woraus sich eine zulässige mittlere Gebäudehöhe von höchstens 8 m unter Beachtung des § 22 Abs. 6 der NÖ Bauordnung 1976 ergebe. Bei dem der Bemessung der Gebäudehöhe zugrunde gelegten Niveau sei von Anschüttungen ausgegangen worden, welche im Baubewilligungsbescheid genehmigt worden seien. Zu diesen Anschüttungen werde vom Sachverständigen auf Grund des durchgeführten Lokalaugenscheines festgestellt, daß dadurch im Bereich der Stiege 1 zum Grundstück der Beschwerdeführer die Bebaubarkeit dieses Anrainergrundstückes nicht beeinträchtigt werde. Der Abstand zwischen dem Gebäude (Stiege 1) und der Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführer betrage laut Plan 10,75 m. Auf Grund dieses Abstandes und der Gebäudehöhe sei auch keine Beeinträchtigung der Belichtung für das Gebäude der Beschwerdeführer gegeben. Zu dem damit im Zusammenhang stehenden Einwand, daß die Traufenhöhe an der Front überschritten werde, und zwar 9,50 m aufweise, habe der Sachverständige festgestellt, daß für die Bemessung der Gebäudehöhe nach § 22 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 die mittlere Höhe der Gebäudefront über dem verglichenen Niveau maßgeblich sei. Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Bestimmung ergebe sich für die in Rede stehende Gebäudefront eine Gebäudehöhe (mittlere Höhe der Gebäudefront) über dem verglichenen Gelände von 8,39 m. Diese Gebäudefront sei aber nicht direkt dem Grundstück der Beschwerdeführer zugekehrt, sondern stehe im rechten Winkel dazu. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne jedoch der Nachbar nur eine Verletzung der ihm zugewandten Gebäudefront durchsetzen, sodaß das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer ins Leere gehen müsse. Dem Einwand, es lägen drei Vollgeschoße und ein Kellergeschoß vor, da das Dachgeschoß ein "zurückgesetzes" Geschoß sei, weil von diesem, zum Unterschied von einem Dachgeschoß, die Last des Daches zur Gänze getragen werde, weshalb die Deckenoberkante des zurückgesetzten Geschoßes für die Gebäudehöhe maßgebend sei, werde die im § 2 Z. 12 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) angeführte Definition des Begriffes "Dachgeschoß" entgegengehalten, wonach darunter das oberhalb des letzten Vollgeschosses liegende Geschoß zu verstehen sei, welches nach außen ganz oder teilweise durch das Dach umschlossen werde. Wie beim Lokalaugenschein anhand des bereits im Rohbau fertiggestellten Gebäudeteiles der Stiege 1 habe festgestellt werden können, träfen diese Kriterien beim gegenständlichen Objekt zu, bei welchem im Bereich der Raumschräge das oberste Geschoß durch das Dach begrenzt werde, sodaß eindeutig und klar ein Dachgeschoß im Sinne der NÖ Bauordnung 1976 vorliege. Der bautechnische Amtssachverständige habe ergänzend festgestellt, daß die Frage, wie die Dachlasten letztendlich statisch abgetragen würden, in der Definition des § 2 Z. 12 leg. cit. nicht Gegenstand der Beurteilung sei. Beim vorliegenden Objekt sei das Dachgeschoß in brandbeständiger Bauweise gemäß den Bestimmungen der Bauordnung ausgeführt, wobei selbstverständlich die Dachlasten über die raumabschließende Tragkonstruktion des Dachgeschosses abgetragen werden könnten. Bei dem dargestellten Dachgeschoß handle es sich somit um kein zurückgesetztes Vollgeschoß.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich entsprechend ihrem Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Einhaltung der Gebäudehöhe gemäß § 118 Abs. 9 Z. 4 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) verletzt und bringen im Rahmen des damit umschriebenen Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) im wesentlichen vor, daß die zulässige Gebäudehöhe von 8 m überschritten werde, weil bei der Bestimmung dieser Höhe von der Deckenoberkante des zurückgesetzten Obergeschoßes auszugehen sei, welches nicht als ausgebautes Dachgeschoß angesehen werden könne.
Gemäß § 22 Abs. 1 BO ist die Gebäudehöhe nach der mittleren Höhe der Gebäudefront über dem verglichenen Gelände zu bemessen; bei zurückgesetzten Geschoßen ist deren Deckenoberkante für die Gebäudehöhe maßgebend.
Zufolge § 2 Z. 12 leg. cit. gilt als Dachgeschoß das oberhalb des letzten Vollgeschosses liegende Geschoß, welches nach außen ganz oder teilweise durch das Dach umschlossen wird.
Unter einem Vollgeschoß ist zufolge Z. 28 dieser Gesetzesstelle die Gesamtheit der in einer Ebene über dem verglichenen Gelände liegenden Räume zu verstehen, die nach ihrer lichten Höhe den Anforderungen für Aufenthaltsräume genügen.
Schließlich ist auf den Wortlaut des § 44 Abs. 1 leg. cit. zu verweisen, wonach die lichte Raumhöhe mindestens betragen muß:
1. in Arbeitsräumen - ausgenommen Büro-, Ordinations- und Atelierräume - 3 m;
2.
in anderen Aufenthaltsräumen 2,60 m;
3.
in Räumen anderer Art 2,10 m.
Unter Bedachtnahme auf diese Legaldefinitionen ist davon auszugehen, daß das geplante oberste Geschoß kein Vollgeschoß darstellt, weil die in diesem Geschoß vorgesehenen Räume entsprechend den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen nach ihrer lichten Höhe nicht den Anforderungen des § 44 Abs. 1 leg. cit. für Aufenthaltsräume genügen. Dieses oberste Geschoß liegt oberhalb des letzten Vollgeschoßes und wird, wie die erwähnten Pläne ebenfalls einwandfrei erkennen lassen, nach außen zumindest teilweise durch das Dach umschlossen, womit die Voraussetzungen eines Dachgeschoßes im Sinne der wiedergegebenen Definition erfüllt sind. Da nun zurückgesetzte Dachgeschoße nicht als zurückgesetzte Geschoße im Sinne des § 22 Abs. 1 leg. cit. zu beurteilen sind (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 20. November 1984, Zl. 84/05/0113, BauSlg. Nr. 334), war bei der Berechnung der Gebäudehöhe, wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, nicht von der Deckenoberkante des Dachgeschoßes auszugehen.
Der Auffassung der Beschwerdeführer, bei dem Dachgeschoß handle es sich um ein zurückgesetztes Geschoß im Sinne des § 22 Abs. 1 leg. cit., kann sich der Gerichtshof nicht anschließen, weil das Wesen eines zurückgesetzten Geschoßes, wie sich aus dem Begriff "zurückgesetzt" ableiten läßt, darin besteht, daß sich seine äußere Begrenzung nicht mit der gedachten Verlängerung der Gebäudefront deckt, sondern daß diese gegenüber dem darunterliegenden Vollgeschoß etwas zurückgesetzt ist. Es bedarf keiner Erörterung, ob das in Rede stehende Dachgeschoß entsprechend den Erläuterungen zu § 2 Z. 12 BO in Hauer-Zaussinger, Die Bauordnung für Niederösterreich,
3. Auflage, S. 58, wonach von einem zurückgesetzten Geschoß im Sinne des § 22 Abs. 1 ein Dachgeschoß dadurch zu unterscheiden ist, daß die Last des Daches nicht auf seinen Wänden ruht, diesem Erfordernis entspricht, weil das erwähnte statische Kriterium im Zusammenhang mit der Auslegung des § 22 Abs. 1 leg. cit. mangels diesbezüglicher gesetzlicher Anhaltspunkte rechtlich nicht von Bedeutung ist.
In Erwiderung auf die Annahme der Beschwerdeführer, wonach "nur dann von einem Dachgeschoß gesprochen werden kann, wenn dieses nach außen durch das Dach umschlossen wird", ist an die bereits wiedergegebene Legaldefinition dieses Begriffes zu erinnern, derzufolge es genügt, wenn dieses Geschoß - wie im Beschwerdefall - "teilweise durch das Dach umschlossen wird", weshalb für den Standpunkt der Beschwerdeführer auch dann nichts zu gewinnen wäre, wenn man ihrer Meinung folgend davon ausginge, daß "das Dach auf das Dachgeschoß aufgesetzt ist".
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen eines Dachgeschoßes und sohin mit Recht davon ausgegangen ist, daß für die Bestimmung der Gebäudehöhe nicht die Deckenoberkante dieses Dachgeschoßes maßgebend ist, weshalb die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht im geltend gemachten Beschwerdepunkt verletzt worden sind.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050039.X00Im RIS seit
04.03.2002Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009