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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. November 1992, Zl. MA 64-10/122/92/Str), betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. November 1992 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, am 12. August 1990 um 12.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in Wien 22, am Dampfschiffhaufen vor der Ordnungsnummer 22 im Eckbereich "Am Kaisermühlendamm" am Gehsteig abgestellt und diesen somit vorschriftswidrig benützt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 8 Abs. 4 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 4 StVO 1960 ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahrstreifen, Geh- und Radwegen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten.
Nach § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO gilt als Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße.
Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, bei der in Rede stehenden Fläche handle es sich um keinen Gehsteig im Sinne der StVO 1960, sondern lediglich um eine besonders breite Straße.
Aus einem Aktenvermerk über einen auf Antrag des Beschwerdeführers durchgeführten Ortsaugenschein geht hervor, daß der Gehsteig im Bereich Dampfschiffhaufen zwar niveaugleich mit der Fahrbahn ist und sich der durch versenkte Pflastersteine abgegrenzte Teil bzw. Bereich erst ca. 2,50 m vor dem Schnittpunkt der einander kreuzenden Fahrbahnränder am Dampfschiffhaufen auf die volle Höhe von 12 cm erhebt. Aus der Umschreibung des Tatortes im Spruch des angefochtenen Bescheides im Zusammenhang mit der der Anzeige beigelegten schematischen Darstellung des Tatortes sowie der vom Meldungsleger nachträglich erstellten maßstabgetreuen Skizze ergibt sich eindeutig, daß unter "Eckbereich" der erhöhte Teil der in Rede stehenden Fläche gemeint ist, somit der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, sein Fahrzeug im erhöhten Bereich abgestellt zu haben.
Daß sein Fahrzeug nicht wie in der vom Meldungsleger erstellten maßstabgetreuen Skizze dargestellt abgestellt war, hat der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zur Aussage des Meldungslegers sowie zu dem von diesem verfaßten Bericht mit angeschlossener Skizze nicht behauptet. Erst im Berufungsverfahren machte der Beschwerdeführer geltend, daß der anzeigelegende Polizeibeamte die Handskizze - noch in der Berufung bezeichnet er sie auch als maßstabgetreue Skizze - erst "deutlich" nach dem Vorfall verfaßt habe, sodaß eine ganz präzise Einzeichnung der Stellung des Fahrzeuges sicher nicht erfolgt sei, erstattete aber kein konkretes Gegenvorbringen, wie und wo sein Fahrzeug tatsächlich gestanden sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert es jedoch die - auch im Verwaltungsstrafverfahren zum Tragen kommende - Mitwirkungspflicht der Partei, daß diese den ihr vorgehaltenen Beweisergebnissen, die sie als unvollständig oder unrichtig erachtet, konkrete Behauptungen entgegensetzt und entsprechende Beweise hiefür anbietet. Unterläßt sie dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Ermittlungen durchführt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1991, 91/19/0174).
Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher gegen die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde im Rahmen der ihm obliegenden eingeschränkten Prüfungsbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keine Bedenken.
Die belangte Behörde ging somit in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise davon aus, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei, auf einem im Verhältnis zur Fahrbahn erhöhten Straßenbereich abgestellt gewesen. Sie durfte daher in rechtlicher Hinsicht zum Schluß kommen, der Beschwerdeführer habe sein Fahrzeug auf einem Gehsteig abgestellt gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, 89/02/0108) und damit das Tatbild der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung begangen.
Eine tatsächliche Behinderung des Fußgängerverkehrs gehört nicht zum Tatbild des § 8 Abs. 4 StVO 1960 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1989, 89/02/0128).
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das den Fall des Abstellens des Fahrzeuges in einem nicht im Verhältnis zur Fahrbahn erhöhten Straßenteil betreffende Beschwerdevorbringen einzugehen.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde geltend macht, es ergebe sich weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des Bescheides der belangten Behörde, worauf diese die Strafbarkeit des vorgeworfenen Verhaltens stütze, so vermag er damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, da die belangte Behörde (durch Bestätigung des diesbezüglichen Teiles des erstbehördlichen Straferkenntnisses) als verletzte Rechtsvorschriften § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 8 Abs. 4 StVO 1960 anführte.
Daß das dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Straferkenntnis dem Vertreter des Beschwerdeführers nur in Fotokopie ohne Unterschrift oder Beglaubigung zugestellt worden sei und sohin nicht den Formvorschriften der §§ 18, 58 AVG in Verbindung mit § 24 VStG entspreche, hat der Beschwerdeführer erstmals in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht. Es handelt sich daher um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung. Im übrigen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß die in den Akten erliegende Ausfertigung des Straferkenntnisses sowohl die Unterschrift als auch die leserliche Beifügung des Namens dessen, der die Erledigung genehmigt hat, enthält.
Bezüglich des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verstosses gegen die Bestimmungen der § 31 und 32 VStG in Ansehung des Tatortes ist ihm zu erwidern, daß durch die Präzisierung desselben im angefochtenen Bescheid durch die Beifügung der Worte "im Eckbereich Am Kaisermühlendamm" keine Auswechslung wesentlicher Teile des Sachverhaltes, wozu jedenfalls auch die Umschreibung des Tatortes gehört, nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommen wurde. Durch die Umschreibung des Tatortes "am Dampfschiffhaufen vor der Nr. 22" vor Erlassung des angefochtenen Bescheides stand die Identität der Tat unverwechselbar fest, da dem Beschwerdeführer im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung - insbesondere im Zusammenhang mit der dem Beschwerdeführer durch Akteneinsicht bekannten, der der Anzeige beigelegten schematischen Darstellung des Tatortes und der vom Meldungsleger angefertigten Skizze - vorgeworfen wurde -, daß er in die Lage versetzt wurde, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch auch geeignet war, den Beschwerdeführer davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers bezüglich der Vorschriften über die Beschaffenheit der Gehsteige in Wien, braucht schon deswegen nicht eingegangen zu werden, weil der Beschwerdeführer sein Fahrzeug im erhöhten Bereich des Gehsteiges abgestellt hatte und dieser daher als solcher eindeutig zu erkennen war. Ob auch der übrige Bereich vor der Ordnungsnummer 22 als Gehsteig ausgestaltet bzw. als solcher zu erkennen war, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.
Soweit der Beschwerdeführer einen Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Strafbemessung rügt, vermag er damit ebenfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides einerseits ausführt, die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt zu haben und andererseits darlegt, daß "die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch sei, zumal besondere Milderungsgründe nicht hervorgetreten seien", ist das wohl dahingehend zu verstehen, daß außer der Unbescholtenheit keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten seien.
Da sich das Vorbringen somit zur Gänze als nicht berechtigt erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGg als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtSachverhalt Mitwirkungspflicht VerschweigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993020009.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
14.01.2011