TE Vwgh Erkenntnis 1993/6/30 93/02/0074

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Veröffentlicht am 30.06.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
StVO 1960 §17 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des B in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 2. Februar 1993, Zl. VerkR-15.389/8-1993/Dre, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 2. Februar 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher umschriebenen Ort in Steyr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt zu haben, wobei er 1) beim Zufahren zu einer bestimmten Parkreihe keinen entsprechenden Sicherheitsabstand von einem geparkten Fahrzeug eingehalten habe, da er dieses streifte, 2) es unterlassen habe, obwohl sein Verhalten am Unfallsort zu einem Verkehrsunfall, bei dem Sachschaden entstanden sei, in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden sei, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten unterblieben sei. Es wurden deshalb wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 17 Abs. 1 StVO 1960 und § 4 Abs. 5 leg. cit. über den Beschwerdeführer Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat bereits im gesamten Verwaltungsstrafverfahren den Standpunkt vertreten, einerseits habe er den seiner Bestrafung zugrunde liegenden Schaden an dem Fahrzeug der Zeugin N. nicht verursacht, andererseits hätte er, wenn er diesen Schaden verursacht haben sollte, die Beschädigung nicht wahrnehmen können. Zur Stützung des ersteren Vorbringens macht er geltend: a) Auf Grund der von ihm eingehaltenen Fahrlinie beim Einparken nach rechts habe er das rechts von seinem Fahrzeug befindliche Fahrzeug der Zeugin N. keinesfalls an dessen rechter Flanke beschädigen können. b) Der durch Lichtbilder dokumentierte Schaden am Fahrzeug der Zeugin N. könne nur durch einen scharfkantigen Gegenstand verursacht worden sein, sein Fahrzeug weise solche aber nicht auf. Die allein für einen Kontakt mit dem beschädigten Fahrzeug in Betracht kommende vordere Stoßstangenecke sei mit Gummi überzogen und könne daher die in Rede stehende Beschädigung nicht hervorgerufen haben. c) An seinem Fahrzeug, insbesondere an der rechten vorderen Stoßstangenecke, sei keinerlei Beschädigung feststellbar gewesen. Zum Beweis dieses Vorbringens beantragte er die Einholung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigengutachtens.

Die von der belangten Behörde eingeholten (mehreren) Gutachten kraftfahrtechnischer Amtssachverständiger setzten sich (trotz entsprechender Fragestellung) neben der Frage der Möglichkeit der Wahrnehmung des Anstoßes durch den Beschwerdeführer lediglich mit der Frage auseinander, ob die in Rede stehende Beschädigung hervorgerufen werden konnte, ohne daß am Fahrzeug des Beschwerdeführers ebenfalls eine Beschädigung entstand. Mit der grundsätzlichen Frage aber, ob diese Beschädigung nach der vom Beschwerdeführer eingehalten Fahrlinie und nach der Bauweise des von ihm gelenkten Fahrzeuges überhaupt durch dieses hervorgerufen werden konnte, setzten sich weder der kraftfahrtechnische Sachverständige noch die belangte Behörde auseinander. Einer solchen Auseinandersetzung hätte es aber umsomehr bedurft, als der Zeuge R., der den Vorgang aus einiger Entfernung beobachtete, zwar ein Anstoßgeräusch vernahm und das Fahrzeug, an dem später Schäden festgestellt wurden, sich bewegen sah, aber bei einer ersten Besichtigung unmittelbar nach dem Anstoß den in Rede stehenden Schaden nicht wahrnehmen konnte. Dies konnte er erst bei einer neuerlichen Besichtigung eine Viertelstunde später, wobei sich zu diesem Zeitpunkt das Fahrzeug des Beschwerdeführers nicht mehr am Unfallsort befand.

Dazu kommt, daß zumindest für ein laienhaftes Auge nicht ohne weiteres ersichtlich ist, wie die durch Lichtbilder dokumentierte Beschädigung am Fahrzeug der Zeugin N. durch eine gummiüberzogene Stoßstangenecke entstanden sein kann, da diese Beschädigung einerseits sehr scharfkantig wirkt und andererseits auf den Lichtbildern keinerlei Spuren von Gummiabrieb erkennbar sind.

Da es die belangte Behörde unterließ, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Meldepflicht Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Kraftfahrzeugtechniker

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993020074.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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