TE Vfgh Beschluss 1991/2/25 V11/91

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Veröffentlicht am 25.02.1991
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Sbg BebauungsgrundlagenG §12 Abs1
Sbg BebauungsgrundlagenG §13 Abs1
Sbg BebauungsgrundlagenG §14 Abs1 lita

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Teilen eines Flächenwidmungsplans; Zumutbarkeit der Einbringung eines Ansuchens um Bauplatzerklärung; kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Anrainerin; Baubewilligungsverfahren anhängig

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem - offensichtlich auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten - Antrag die Aufhebung des vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg am 30. April 1982 beschlossenen, im Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg Nr. 12/1982 kundgemachten Flächenwidmungsplanes "Teilflächenwidmungsplan Salzburg Nord-Ost", soweit dieser

a)

für näher bezeichnete, im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstücke die Nutzungsart "Grünland/Erholungsgebiet (§14 Z3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 - ROG 1977)" festlegt, und

b)

für näher bezeichnete, den Grundstücken der Antragstellerin benachbarte, im Eigentum der Republik Österreich (richtig: des Bundes) stehende Grundstücke die Nutzungsart "Bauland-Gewerbegebiet (§12 Abs1 Z4 ROG 1977)" festlegt.

Die Antragstellerin bringt im wesentlichen vor, daß die vom Flächenwidmungsplan betroffenen - zum einen im Eigentum der Antragstellerin, zum anderen im Eigentum des Bundes stehenden - Grundstücke in der Natur eine "zusammenhängende, unverbaute, durch Baumbewuchs durchsetzte Grün- und Vegetationsfläche" darstellten. Der frühere Flächenwidmungsplan habe die betreffenden Grundstücke einheitlich als gemischtes Baugebiet ausgewiesen. Nunmehr habe der Verordnungsgeber im angefochtenen Flächenwidmungsplan alle Grundstücke der Antragstellerin als Grünland/Erholungsgebiet gewidmet, hingegen für die benachbarten Grundstücke des Bundes die Nutzungsart Baugebiet/Gewerbegebiet festgelegt. Der Verordnungsgeber habe dabei widersprüchliche Planungsziele verfolgt, die Nutzungsarten willkürlich festgelegt und kein "ordnungsgemäßes, transparentes und inhaltlich nachvollziehbares städteplanerisches Ermittlungsverfahren durchgeführt".

2. Im Antrag wird weiters ausgeführt, daß der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg auf der Grundlage des angefochtenen Flächenwidmungsplanes am 14. November 1989 den - ua. die den Grundstücken der Antragstellerin benachbarten Grundstücke des Bundes erfassenden - Teilbebauungsplan Sterneckstraße "zweiunddreißig A2.1" beschlossen habe. Mit Bescheid vom 11. September 1990 habe der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg - entsprechend dem Bebauungsplan - die Baubewilligung für die Errichtung eines Behindertenwohnheimes auf den im Eigentum des Bundes stehenden Grundstücken erteilt.

Zu den prozessualen Voraussetzungen führt die Antragstellerin aus, daß der Flächenwidmungsplan für sie unmittelbar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden sei. Es sei der Antragstellerin "nicht zumutbar, eigens ein fiktives theoretisches Bauprojekt ausarbeiten zu lassen, bei der Baubehörde einzureichen und einen abweisenden Baubewilligungsbescheid zu erwirken, um auf diesem Umweg die Gesetzwidrigkeit des gegenständlichen Flächenwidmungsplanes geltend machen zu können".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Zur Zulässigkeit des Antrages auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes wegen Gesetzwidrigkeit, soweit er sich auf die Grundstücke der Antragstellerin bezieht:

a) Voraussetzung der Legitimation zur Stellung eines Antrages gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit in seinen Rechten verletzt worden zu sein, andererseits aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Legitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit verletzt.

Die Anfechtungsbefugnis kommt jedoch nicht jedem Normadressaten zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985).

b) Im vorliegenden Fall steht aber der Antragstellerin entgegen ihren Behauptungen ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes zur Verfügung.

Nach §12 Abs1 (Sbg.) Bebauungsgrundlagengesetz - BGG, LGBl. 69/1968, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. 79/1985, dürfen Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Da es im vorliegenden Fall ausreicht, dem Ansuchen um eine solche Bauplatzerklärung die in §13 Abs1 BGG angeführten Unterlagen anzuschließen, ist der Antragstellerin die Einbringung eines derartigen Antrages zumutbar (vgl. dazu näher VfSlg. 11317/1987; VfGH 19.6.1990 V84/87).

Es steht der Antragstellerin frei, gegen einen solchen Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend gemacht werden, da dieser gemäß §14 Abs1 lita BGG präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplanes auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.

Daraus ergibt sich, daß der Antragstellerin ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihr bekämpften Verordnung zu erreichen (VfSlg. 11317/1987, 10004/1984 mwH).

2. Zur Zulässigkeit des Antrages auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes wegen Gesetzwidrigkeit, soweit er sich auf die Grundstücke des Bundes bezieht:

Soweit die Antragstellerin die Verletzung ihrer Rechtssphäre als Anrainerin der im Eigentum des Bundes stehenden Grundstücke geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die angefochtene Verordnung zwar in die Rechtssphäre der Antragstellerin eingreift, weil nunmehr Bauführungen auf den benachbarten Grundstücken möglich sind. Zu einem u n m i t t e l b a r e n Eingriff in ihre Rechtssphäre kommt es aber erst durch die Erteilung der Baubewilligung, nicht jedoch bereits durch die hier angefochtene Verordnung (vgl. VfSlg. 11685/1988 mwH). Darüber hinaus ist - nach den Ausführungen der Antragstellerin - bereits ein Baubewilligungsverfahren anhängig, sodaß die Antragstellerin die Möglichkeit hat, nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben und im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend zu machen, ihr somit ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihr bekämpften Bestimmung des Flächenwidmungsplanes zu erreichen (VfSlg. 9773/1983 mwH).

3. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß keine der von der Antragstellerin behaupteten Rechtswirkungen der angefochtenen Verordnung ihre Antragsberechtigung erweisen. Der Antrag ist daher mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß mangels Legitimation der Antragstellerin zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).

Schlagworte

Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V11.1991

Dokumentnummer

JFT_10089775_91V00011_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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