TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/8 93/18/0188

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Veröffentlicht am 08.07.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §45 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z7;
FrG 1993 §10 Abs1;
FrG 1993 §86 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. Februar 1993, Zl. IV-704.756/FrB/93, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 23. Februar 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom 20. Jänner 1993 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben am 12. Februar 1992 unter "Entziehung" der Grenzkontrollstelle aus Ungarn kommend mit dem Pkw in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Er habe einen, mittlerweile in erster Instanz abgelehnten, Asylantrag eingebracht, das Berufungsverfahren sei noch offen. Am 20. Jänner 1993 habe er den Antrag auf Erteilung eines befristeten Sichtvermerkes eingebracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Der Beschwerdeführer behauptet, er habe gültige Reisedokumente besessen und habe sich ordnungsgemäß bei der Grenzkontrolle des österreichischen sowie auch des ungarischen Staates gemeldet. Das Betreten des Bundesgebietes sei an der Grenzkontrollstelle erfolgt.

Weiters bemängelt der Beschwerdeführer die Anwendung des Fremdengesetzes auf Tatbestände, die vor seinem Inkrafttreten verwirklicht worden seien. Schließlich regt der Beschwerdeführer die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens "betreffend der Verfahrensvorschriften nach dem Fremdengesetz" an, weil relevante Feststellungen nur von einer Instanz getroffen wurden, welche der Nachprüfung durch eine Oberbehörde nicht unterlägen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vermag die nicht näher begründeten verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen den im § 70 Abs. 2 FrG normierten Ausschluß des Instanzenzuges nicht zu teilen. Solche Bedenken wurden bereits gegen die frühere, wortgleiche Regelung des § 28 Paßgesetz 1969 zerstreut (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0335, sowie vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0187). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, diesbezüglich beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag im Sinne des Art. 140 Abs. 1 B-VG zu stellen.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hatte die belangte Behörde mangels anders lautender Übergangsvorschriften die Bestimmungen des Fremdengesetzes anzuwenden. Dabei handelt es sich um die Folge des im Verwaltungsverfahren geltenden Grundsatzes, daß die Behörde auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung abzustellen hat (siehe hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0096, mit weiteren Nachweisen).

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn sich der Sichtvermerkswerber nach Umgehung der Grenzkontrolle im Bundesgebiet aufhält.

Die von der belangten Behörde auf Grund der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 23. Februar 1993 getroffene Annahme, der Beschwerdeführer sei unter "Entziehung" der Grenzkontrolle eingereist, kann im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als unschlüssig angesehen werden. Einerseits gab der Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt keine Rechtfertigung an, andererseits widerspricht ein Grenzübertritt lediglich unter Vorweisung eines vom Verkehrsamt von Benin City ausgestellten Führerscheines bei einem Grenzübergang an der Bundesgrenze zu Ungarn angesichts der - bekanntermaßen - genauen Grenzkontrolle in diesem Bereich der allgemeinen Erfahrung. Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe ein gültiges Reisedokument besessen, stellt eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung dar.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180188.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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