TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/8 92/01/1000

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.1993
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1992, Zl. 4.340.572/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. November 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers - eines nigerianischen Staatsangehörigen, der am 23. Juni 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - auf Gewährung von Asyl vom 13. August 1992 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß ihm auf Grund seiner (in der Beschwerde wortwörtlich wiedergegebenen) Angaben anläßlich der niederschriftlichen Befragung am 23. September 1992 Asyl zu gewähren gewesen wäre. Demnach handelte es sich im wesentlichen darum, daß er als Mitglied einer geheimen politischen Organisation, deren Ziele gegen die Unterdrückung des Südens durch den Norden in seinem Heimatland gerichtet seien, wegen der Verknappung von Treibstoff vom 8. bis 11. Mai 1992 an Kundgebungen in Lagos teilgenommen habe, es hiebei zu Kämpfen mit der Polizei gekommen sei, er am 11. Mai 1992 gemeinsam mit anderen Personen verhaftet und in ein Gefängnis gebracht worden sei, wobei man bei ihm seine Waffe gefunden habe, er mehrmals verhört worden sei, um den Aufenthaltsort der Gründer der betreffenden Organisation, die sich im Exil befänden, zu erfahren, er auch im Verdacht gestanden sei, während der Demonstration Personen getötet zu haben, man zwei mit ihm verhaftete Mitglieder der Organisation getötet habe, einer von ihnen jedoch zuvor der Polizei gestanden habe, daß der Beschwerdeführer "der Anführer der Organisation" sei, und es ihm in der Nacht vom 21. auf den 22. Mai 1992 mit anderen gelungen sei, aus dem Gefängnis zu entkommen. Der Beschwerdeführer geht aber damit von einem Sachverhalt aus, den die belangte Behörde nicht festgestellt hat, hat sie doch diesen Angaben, soweit sie von seinem Vorbringen im Asylantrag abweichen, keinen Glauben geschenkt. Diese Diskrepanz bestand insbesondere darin, daß der Beschwerdeführer seinen Asylantrag lediglich auf eine ihm drohende, nicht aber - wie bei seiner Vernehmung - auf eine bereits erfolgte Verhaftung auf Grund seiner Teilnahme an den Demonstrationen (mit anschließender Flucht aus dem Gefängnis) stützte. Der Beweiswürdigung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe die Darstellung seiner Fluchtgründe im Laufe des Verfahrens "unübersehbar" gesteigert und es sei im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0832, mit weiteren Judikaturhinweisen). Der Beschwerdeführer wendet sich auch gar nicht gegen diese Beweiswürdigung und gibt keine Erklärung dafür, worauf die widersprüchliche Darstellung seiner Fluchtgründe einerseits im Asylantrag (die er in der Beschwerde nicht einmal erwähnt) und andererseits bei seiner Vernehmung (auf die er sich auch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 23. September 1992 bezogen hat) zurückzuführen gewesen sei. Selbst wenn der belangten Behörde der Vorwurf gemacht werden könnte, sie hätte zwecks Aufklärung dieser Widersprüche gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens anordnen müssen, indem der Beschwerdeführer diesbezüglich zu befragen gewesen wäre, so wäre demnach die Wesentlichkeit eines derartigen Verfahrensmangels nicht zu erkennen. Damit ist aber die Sache bereits abweisungsreif und erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides und die damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdeausführungen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 1992, Zl. 92/01/0705 und Zl. 92/01/0706).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers waren darüber hinaus weitere behördliche Erhebungen nicht erforderlich (vgl. hinsichtlich der im § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 normierten Ermittlungspflicht insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1992,

Zlen. 92/01/0800 - 0803). Wenn der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde geltend macht, daß ihm im Falle seiner Rückschiebung nach Nigeria allein auf Grund seiner Antragstellung auf Gewährung des Asyls in Österreich, "ihrerseits politisch begründet, sohin aus politischen Gründen" Verfolgung drohe und die belangte Behörde auf "diesen Nachfluchtgrund" hätte Bedacht nehmen müssen, so ist - abgesehen von dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG - schon deshalb für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß den Behörden seines Heimatlandes die Stellung eines Asylantrages durch ihn überhaupt bekannt geworden wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0096).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992011000.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten