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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BDG 1979 §80;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der M gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 29. April 1993, Zl. 224.201/8-2.3/92, betreffend Entzug einer Naturalwohnung nach § 80 Abs. 9 BDG 1979, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG hat die Behörde den Vollzug des angeführten Bescheides aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Verfügungen zu treffen.
Begründung
Nach ihrem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin die frühere Ehegattin des am 26. Dezember 1991 verstorbenen Oberst St, dem im Jahr 1957 eine Naturalwohnung in S, N-Straße, überlassen worden war. Die Lebensgemeinschaft bestand auch nach der Scheidung bis zum Tod von Oberst St. weiter.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. April 1993 entzog die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die oben genannte Naturalwohnung gemäß § 80 Abs. 9 BDG 1979 und verpflichtete sie, diese Wohnung bis spätestens 31. Juli 1993 geräumt zu übergeben. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, die Naturalwohnung werde "zur familiengerechten Wohnversorgung von Heeresbediensteten dringend benötigt".
In ihrer dagegen (unter Zl. 93/12/0176 protokollierten) erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, es sei zwischen ihr und dem Bund durch die Entgegennahme des von ihr bezahlten Wohnungsentgeltes ein konkludentes den Bestimmungen des MRG unterliegendes Mietverhältnis zustande gekommen, für dessen allfällige Auflösung nur die ordentlichen Gerichte zuständig seien. In ihrem mit dieser Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bringt die Beschwerdeführerin vor allem vor, die zwangsweise Durchsetzung des angefochtenen Bescheides (Räumung) würde ihre Rechte, die durch die von ihr erhobene Beschwerde geschützt werden sollten, voraussichtlich endgültig zunichte machen. Ihre zwangsweise Entfernung aus der Wohnung könne im Falle ihres Obsiegens faktisch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Öffentliche Interessen stünden einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Interessen Dritter würden nicht berührt.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 12. Juli 1993 mitgeteilt, in S seien über 90 Bedienstete als Wohnungswerber vorgemerkt. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden daher zwingende öffentliche Interessen entgegen.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührter Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Aus dem Hinweis der belangten Behörde auf die Anzahl der Wohnungswerber - darin erschöpft sich ihre Stellungnahme - läßt sich zwar ableiten, daß eine große Nachfrage für derartige Naturalwohnungen besteht. Die Nachfrage begründet aber für sich allein noch nicht das Vorliegen der von der belangten Behörde behaupteten zwingenden öffentlichen Interessen. Hiezu bedarf es einer sich aus dem Dienst ergebenden Notwendigkeit wie sie z.B. im Erfordernis der Zuweisung dieser Wohnung als Dienstwohnung oder im Bedarf im Zusammenhang mit der Durchführung einer Versetzung (vgl. § 38 Abs. 3 BDG 1979) oder in sonstigen wichtigen Gründen gelegen sein kann. Derartiges hat die belangte Behörde aber auch nicht ansatzweise behauptet.
Bei Abwägen der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Nachteile erachtet der Verwaltungsgerichtshof das Interesse der Beschwerdeführerin, vor einer Kontrolle des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht die gegenständliche Wohnung räumen zu müssen, als überwiegend, da die belangte Behörde - sofern man ihr Vorbringen auch in diese Richtung deuten kann - ihr Interesse an der Vergabe an Beamte des Dienststandes bzw. die Nachteile, die sich aus der Nichtvergabe der Wohnung ergeben würden (z.B. begründet in den bei einem Bewerber gegebenen schlechten Wohnverhältnissen in Abwägung zur Zumutbarkeit für die Beschwerdeführerin sich eine neue Wohnmöglichkeit zu verschaffen) nicht näher dargelegt hat.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß aus der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Schlüsse für den Ausgang der in die Zuständigkeit des Senates fallenden Entscheidung in der Beschwerdesache selbst abgeleitet werden können.
Schlagworte
Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:AW1993120016.A00Im RIS seit
20.11.2000