Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §98;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des Dipl. Ing. N in B, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, (Berufungssenat VII), vom 28. Mai 1991
GZ. 6/4-4119-11 und 4120/90-11, betreffend Gewerbesteuer 1987 und Einkommensteuer 1987 und 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Zivilingenieur und erzielte in den Streitjahren 1987 und 1988 u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Die Ehe des Beschwerdeführers wurde am 29. April 1987 gemäß § 55a EheG einvernehmlich geschieden. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich in dem im Sinne des § 55a Abs. 2 EheG geschlossenen "Vergleich", seiner geschiedenen Gattin S 10,000.000,--, zur Abgeltung der Unterstützung gemäß § 98 ABGB zu bezahlen. Diesen Betrag machte er in der Einkommensteuererklärung 1987 im Verhältnis 9:1 (außerordentliche Aufwand "Hotelbetrieb" S 9,000.000,-- bzw. außerordentlicher Aufwand "Architekturbüro" S 1,000.000,--) als Betriebsausgabe geltend.
Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 7. März 1990 versagte das Finanzamt die Anerkennung des geleisteten Abgeltungsbetrages als Betriebsausgabe. Gleichzeitig erging im wiederaufgenommenen Verfahren unter Hinweis auf diesen Einkommensteuerbescheid ein neuer Gewerbesteuerbescheid 1987. Am 9. April 1990 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 1988, wobei der Verlustvortrag aus Gewerbebetrieb aufgrund bereits erfolgten Verlustausgleiches nicht anerkannt wurde.
In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen beantragte der Beschwerdeführer wiederum nur die Anerkennung der Zahlung als Betriebsausgabe. In einer Vorhaltsbeantwortung vom 4. Mai 1988 sprach sich der Beschwerdeführer ausdrücklich gegen die ihm vom Finanzamt mitgeteilte Rechtsansicht aus, daß die Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1972 in Betracht kämen. Zum Sachverhalt teilte er ergänzend mit, zwischen ihm und seiner geschiedenen Gattin habe kein Dienst- oder Werkvertrag bestanden. Die Dauer der Mitarbeit der ehemaligen Gattin habe sich im Gewerbebetrieb auf 15 Jahre und in der selbständigen Tätigkeit auf 25 Jahre erstreckt. Im Hinblick auf die Mitwirkung im bescheidenerem Umfang im Rahmen der selbständigen Tätigkeit im Vergleich zur Betätigung im Gewerbebetrieb sei eine Aufteilung des Abgeltungsbetrages im Verhältnis von 9:1 angemessen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen ab. Die Berufungsbehörde vertrat die Auffassung, der Anspruch auf angemessene Abgeltung der Mitwirkung gemäß § 98 ABGB sei familienhafter Art (Bericht des Justizausschusses, 916 BlgNR 14.GP). Aus diesem Rechtsgrund geleistete Zahlungen könnten daher weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sein; dies zeige sich auch schon aus der Einreihung des § 98 ABGB in den § 34 EStG 1972. Die Frage der Berücksichtigung des Abgeltungsbetrages als außergewöhnliche Belastung im Streitjahr 1987 stelle sich nicht, weil es dazu stets eines darauf abzielenden Antrages bedarf und der Beschwerdeführer selbst diese Möglichkeit kategorisch ausgeschlossen habe.
In der Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Abzugsfähigkeit der Abgeltungsbeträge als Betriebsausgaben, auf Nichtfestsetzung von Einkommen- und Gewerbesteuer sowie auf Durchführung eines dem Gesetz entsprechenden Verfahrens verletzt und beantragt deren Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 98 ABGB hat ein Ehegatte, der im Erwerb des anderen mitwirkt, Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der Art und Dauer der Leistungen; die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten, besonders auch die gewährten Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer rügt unter Berufung auf Weiler (Eherechtsänderungsgesetz und Einkommensteuerrecht, SWK 1978, A I 237 f), Torggler (Zur steuerlichen Behandlung des Entgelts für die Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten, § 98 ff ABGB, ÖStZ 1980, 124 ff), Schimetschek (Eherechtsreform und Ehegattenbesteuerung, ÖStZ 1986, 275 ff) und Adolf - Adolf (Zur steuerlichen Wertung der mitwirkenden Ehegattin nach der Reform des Eherechts: Irrweg oder Unverstand?, FJ 1987, 77 ff, 101 ff) die Nichtanerkennung des Abgeltungsbetrages als Betriebsausgabe. Obwohl der Anspruch nach § 98 ABGB seine Grundlage im Abschnitt des ABGB über die "persönlichen Rechtswirkungen der Ehe" habe, schließe dies nicht aus, daß der Betriebsausgabentatbestand erfüllt sei. Im EStG 1972 komme das Wort "familienhaft" nicht vor. Vorgänge zwischen Familienangehörigen könnten nur insoweit anders als Vorgänge zwischen Fremden behandelt werden, als dies das Gesetz vorsehe. Für die Beträge oder sonstigen Leistungen, die zur angemessenen Abgeltung tatsächlich erbrachter Mitwirkungsleistungen des Ehegatten aufgewendet werden, sei der für die Beurteilung als Betriebsausgabe notwendige wirtschaftliche Zusammenhang ebenso gegeben wie bei Gehaltszahlungen für gleiche Leistungen an den Ehegatten. Die Mitwirkung geschehe zweifellos im Interesse des Betriebes - weil sie diesem die Anstellung einer entsprechenden Kraft erspare - und regelmäßig zu dessen Nutzen. Der Anlaß der Entgeltzahlung sei ein überwiegend betrieblicher, weil ohne das Bestehen des Betriebes eine Mitwirkung in ihm und daher auch das Entstehen des Abgeltungsanspruches nicht denkbar sei. Der Umstand, daß der Rechtsgrund für den Abgeltungsanspruch im Bereich des Familienrechts liege, ändere dieses Ergebnis nicht; auch die betriebliche Veranlassung einer Gehaltszahlung könne nicht mit dem Argument in Zweifel gezogen werden, der Entgeltanspruch sei im Arbeitsrecht und nicht im Unternehmensrecht begründet.
Den Abgeltungsleistungen stehe auch kein gesetzliches Abzugsverbot entgegen. Sie seien nicht als freiwillige Zuwendungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 4 erster Fall EStG 1972 zu verstehen, weil die Abgeltung im Sinne des § 98 ABGB gesetzlich vorgeschrieben sei. Auch der zweite Fall des § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 umfasse die Abgeltungsbeträge nicht.
Gegen die Abzugsfähigkeit von Abgeltungsleistungen im Sinne des § 98 ABGB könne auch nicht die Rechtsvermutung des § 34 Abs. 3 EStG 1972 sowie die "systematische Einreihung" ins Treffen geführt werden. Der Betriebsausgabencharakter von Aufwendungen könne durch die Ausnahmebestimmung des § 34 EStG 1972 nicht geändert werden. Weise eine Aufwendung alle Merkmale einer Betriebsausgabe auf, so komme diese Bestimmung nicht zum Tragen, weil die Geltendmachung einer außergewöhnlichen Belastung das Fehlen der Betriebsausgabeneigenschaft voraussetze. Da sich die Rechtsvermutung des § 34 Abs. 3 dritter Satz EStG 1972 nur auf das Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit beziehe, lasse sich daraus für den Betriebsausgabencharakter von Aufwendungen nichts gewinnen.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgestellt, daß der Abgeltungsanspruch gemäß § 98 ABGB in den familienrechtlichen Beziehungen der Ehegatten begründet ist und aus diesem Rechtsgrund geleistete Zahlungen daher beim Leistenden weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sein können (siehe die Erkenntnisse vom 26. März 1985, 84/14/0059 und vom 29. Oktober 1985 85/14/0067 und 85/14/0087, 0088; Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 34 Abs. 3 EStG 1972 Tz. 6.3).
Wenn der Beschwerdeführer meint, Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB seien als Betriebsausgabe zu qualifizieren, so verkennt er den rechtlichen Gehalt des § 20 Abs. 1 EStG 1972. Die für die Beurteilung von Abgeltungsbeträgen gemäß § 98 maßgebliche Regelung findet sich in § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972. Danach sind Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn sie auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen, nicht abzugsfähig. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, alle Zuwendungen die ausschließlich oder überwiegend auf familiärer Grundlage erbracht werden vom Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten auszuschließen. Dies trifft auch auf Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB zu (Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I 4 (1989), 173).
Die Höhe des Abgeltungsanspruches bemißt sich nämlich gemäß § 98 ABGB nach der Art und Dauer der Mitwirkung sowie NACH DEN GESAMTEN LEBENSVERHÄLTNISSEN. Die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen begründet daher nicht einen Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis, sondern einen Gewinnbeteiligungsanspruch ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis (vgl. OGH 15. Juni 1983, EvBl. Nr. 1/1984; OGH 10. April 1985, GesRZ 1985, 147 f; siehe auch das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 15. Oktober 1987, 86/16/0237; Floretta, Die familieneigenen Arbeitskräfte im österreichischem Recht, insbesondere im Arbeitsrecht, DRdA 1979, 268; Nowotny, Ehescheidung und Unternehmensvermögen, ÖJZ 1988, 612; Bericht des Justizausschusses, 916 BlgNR
14. GP, 4). Für die familienrechtliche Veranlassung spricht, daß der Anspruch nicht auf einem Äquivalenzdenken beruht, sondern daß neben Art und Dauer der Leistung auch der Erfolg, die Ertragslage und die persönlichen Lebensumstände der Ehegatten zu beachten sind. Darüberhinaus ist gemäß § 99 ABGB eine enge Verknüpfung des Anspruchs mit der Person des Berechtigten gegeben, weil die Übertragbarkeit, Vererblichkeit und Verpfändbarkeit nur dann eintritt, wenn der Anspruch anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wurde (vgl. Ruppe, Steuerliche Aspekte der Eherechtsreform, in: Bericht über die Arbeitstagung 1982 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, 39; Scherdoner/Taucher, Steuerrechtliche Konsequenzen der Angehörigenmitarbeit, in: Ruppe, Handbuch der Familienverträge2, 1985, 261 f).
Der von der belangten Behörde vertretenen, u.a. auch auf die Gesetzesmaterialien gestützten Ansicht, daß Abgeltungsbeträge nach § 98 ABGB familienhafter Art sind, kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenngleich dem Beschwerdeführer grundsätzlich zuzustimmen ist, daß die Materialien für sich allein über den normativen Gehalt einer Rechtsvorschrift nichts aussagen.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, daß der Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostencharakter von Aufwendungen durch die Bestimmung des § 34 EStG 1972 unberührt bleibt. Für die rechtliche Beurteilung von Abgeltungsbeträgen gemäß § 98 ABGB ist daraus aber nichts zu gewinnen. Da diese Aufwendungen zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben zu zählen sind und die Leistungen für den Leistungspflichtigen oftmals eine arge Belastung sein können (vgl. Bericht des Justizausschusses, 916 BlgNR 14. GP, 35), hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, solche Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Eine derartige Berücksichtigung setzt aber einen darauf abzielenden Antrag voraus (vgl. die
hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1991 89/13/0211 und vom 21. November 1990, 90/13/0150), welcher vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren in konsequenter Verfolgung seiner Rechtsansicht nicht gestellt worden war.
Der vom Beschwerdeführer eingewendete Verfahrensmangel, die Behörde habe es unterlassen, die Angemessenheit des Abgeltungsbetrages und die Trennbarkeit von Betriebs- bzw. Privataufwand zu prüfen, liegt schon deshalb nicht vor, weil der gesamte Abgeltungsbetrag als Aufwand der privaten Lebensführung nicht als Betriebausgabe abzugsfähig ist. Eine diesbezügliche Erörterung war daher rechtlich nicht geboten.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991130163.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
14.10.2009