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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §98;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des B in H, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland,Berufungssenat VII, vom 4. Juni 1991, GZ. 6/4-4083/90-07, betreffend Einkommensteuer 1987 und 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist schwedischer Staatsbürger und seit 1. Jänner 1985 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. In seinen Einkommensteuererklärungen für die Kalenderjahre 1987 und 1988 beantragte er die Berücksichtigung von S 1,014.106,-- bzw. S 1,006.334,77 als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972. Es handle sich dabei um Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB, die er anläßlich der Scheidung seiner Ehe an seine Ehegattin, die ebenfalls die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt, bezahlt habe.
Im Zuge des Veranlagungsverfahrens legte der Beschwerdeführer einen beglaubigten, nach schwedischem Recht errichteten "Vertrag über die Teilung des gemeinsamen Vermögens der Eheleute" vor. Dieser enthält im Punkt 7 die Bestimmung, daß die Frage eines Unterhaltsbeitrages für die Ehegattin des Beschwerdeführers gesondert in einem Urteil geregelt wird.
In einem Schreiben eines schwedischen Rechtsanwaltes wird bestätigt, daß die "Millionenzahlung" an die Ehegattin nicht im Gütertrennungsvertrag, sondern im Urteilsspruch über die Ehescheidung vom Mai 1987 angeführt sei. Die Ehegattin habe in der Zeit vom April 1979 bis Mai 1987 unentgeltlich im schwedischem Betrieb des Beschwerdeführers (Konditorei- bzw. Handelsfirma) gearbeitet. Da die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers ohne die langjährige Tätigkeit seiner Ehegattin eine vollkommen andere gewesen wäre, sei die "Millionenzahlung" begründet.
Auf der Grundlage dieser Ausführungen versagte das Finanzamt die Anerkennung der geleisteten Beträge als außergewöhnliche Belastung.
In der Berufung führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, das Scheidungsurteil verpflichte ihn, 1,000.000 skr (Schwedenkronen) als Abgeltung für die Mittätigkeit an seine geschiedene Ehegattin zu bezahlen. Auf Vorhalt brachte der Beschwerdeführer das Scheidungsurteil vom 27. Mai 1987 des Landesgerichtes Stockholm bei, wonach er gemäß Kapitel 11 § 1 des Eherechtes eine einmalige Abgeltung in der Höhe von 1,000.000 skr an seine geschiedene Frau bezahlen muß.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde gelangte zur Auffassung, daß die Rechtsvermutung des § 34 Abs. 3 EStG 1972 ausschließlich für die Zahlung eines Abgeltungsbetrages gemäß § 98 des (österreichischen) ABGB gelte. Da die Zahlung des Beschwerdeführers aufgrund schwedischen materiellen Rechts erfolgte, komme § 34 Abs. 3 letzter Satz EStG 1972 nicht zur Anwendung. Die geltend gemachten Zahlungen seien nach der generellen Regelung des § 34 leg. cit. EStG 1972 zu beurteilen, wobei Aufwendungen, die sich als Folge einer Scheidung im Einvernehmen darstellen, keine außergewöhnlichen Belastungen sein können.
In der Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Anerkennung der an seine geschiedene Ehegattin geleisteten Beträge als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 verletzt. Er macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde ist im Hinblick auf den vorbezeichneten Beschwerdepunkt im Ergebnis begründet.
Außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, werden gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Nach § 34 Abs. 3 EStG 1972 i.d.F. BGBl. Nr. 570/1982 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten gelten stets dann als zwangsläufig erwachsen, wenn der den Unterhalt Leistende sich wiederverehelicht hat und soweit gegenüber dem nunmehrigen Ehegatten eine Verpflichtung zur Leistung des gesetzlichen Unterhalts besteht. Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB, die aus Anlaß der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe gezahlt werden, gelten als zwangsläufig erwachsen.
§ 98 ABGB normiert für den im Erwerb des anderen mitwirkenden Ehegatten den Anspruch auf (angemessene) Abgeltung und legt mit dessen Statuierung dessen Voraussetzungen fest.
§ 34 Abs. 3 dritter Satz EStG 1972 verweist auf diese Bestimmung. Hiedurch werden nach Art des Anspruches und dessen Voraussetzungen die rechtlichen Merkmale festgelegt, denen Abgeltungsbeträge entsprechen müssen, um einkommensteuerrechtlich als zwangsläufig erwachsen zu gelten. Der in Rede stehende Verweis bedeutet hingegen nicht, daß aus bestimmten Anlässen gezahlte Abgeltungsbeträge für die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen nur dann, wenn sie im Rahmen eines zivilrechtlich nach innerstaatlichem Recht zu beurteilenden Rechtsverhältnisses nach § 98 ABGB geschuldet werden, als zwangsläufig erwachsen gelten könnten. Der Verweis in § 34 Abs. 3 EStG 1972 auf § 98 ABGB ist im Sinne einer gleichmäßigen Anwendung des in § 98 ABGB enthaltenen inhaltlichen Gesichtspunktes auf alle Abgabepflichtigen nicht auf den den Anspruch nach innerstaatlichem Recht regelnden Teil der Norm des § 98, sondern auf den den Inhalt dieses Anspruches regelnden Teil der Norm zu beziehen.
Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, hat sie es unterlassen zu prüfen, ob die strittigen Zahlungen - ungeachtet des Umstandes, daß sie allenfalls nach schwedischem Recht zu leisten waren - Abgeltungsbeträge, wie sie im § 98 ABGB umschrieben sind, darstellten.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991130167.X00Im RIS seit
20.11.2000