TE Vwgh Erkenntnis 1993/7/29 91/19/0176

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Veröffentlicht am 29.07.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §26 Abs1;
AZG §26 Abs2;
VStG §22;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1. des D in L und 2. des F in G, beide vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Mai 1991, Zl. 5-212 Da 18/2-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom 3. Mai 1991 wurden die Beschwerdeführer jeweils wegen drei Übertretungen des § 26 Abs. 2 zweiter Halbsatz des Arbeitszeitgesetzes schuldig erkannt, weil sie es "als Teilhaber, sohin als zur Vertretung nach außen Berufene und gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der Hausgemeinschaft D & F" zu verantworten hätten, daß die Hausgemeinschaft am 28. November 1989 den Organen der Arbeitsinspektion Graz auf deren Verlangen keine Einsicht in die zu führenden Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden von drei namentlich genannten Arbeitnehmern gewährt habe. Über die Beschwerdeführer wurden Geldstrafen von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) je Übertretung verhängt.

In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, die Überprüfung der Frage, wer Arbeitgeber der drei polnischen Staatsangehörigen gewesen sei und die vom Gesetzgeber geforderten Aufzeichnungen zu führen und vorzulegen habe, habe ergeben, daß es sich dabei um die Hausgemeinschaft D & F gehandelt habe. Diese sei auf Grund des Vorbringens der Beschwerdeführer und der Zeugen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu betrachten. In einem Schreiben der Hausgemeinschaft vom 9. Jänner 1989 werde bestätigt, daß die drei polnischen Staatsangehörigen bei ihr als Volontäre angemeldet worden seien. Auch B habe in einer Eingabe an den Magistrat Graz vom 9. April 1990 bestätigt, daß die drei polnischen Staatsangehörigen für die Hausgemeinschaft tätig gewesen seien. Diesen Aussagen sei mehr Glauben zu schenken gewesen als den Behauptungen der Beschwerdeführer. Die belangte Behörde habe in einem anderen Berufungsbescheid ausführlich dargelegt, weshalb es sich bei den drei polnischen Staatsangehörigen nicht um Volontäre gehandelt habe. Demnach seien die Beschwerdeführer als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche für die Hausgemeinschaft D & F auch dafür zur Verantwortung zu ziehen, daß den Organen des Arbeitsinspektorates Graz auf deren Verlangen keine Einsicht in die zu führenden Aufzeichnungen gewährt worden sei. Eine Bestellung des B zum verantwortlichen Beauftragten sei nicht nachgewiesen worden. Zur Vertretung "der genannten Miteigentümerschaft bzw. Gesellschaft bürgerlichen Rechts" seien beide Beschwerdeführer berufen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Gemäß § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz haben die Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen.

Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. haben die Arbeitgeber der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben.

2.1. Die Übertretung nach § 26 Abs. 2 zweiter Halbsatz Arbeitszeitgesetz begeht der Arbeitgeber, der Aufzeichnungen im Sinne des § 26 Abs. 1 leg. cit. führt, der Arbeitsinspektion und deren Organen jedoch die Einsichtnahme in diese Aufzeichnungen verweigert. Nicht diese Übertretung, sondern jene nach § 26 Abs. 1 leg. cit. wird begangen, wenn die dort genannten Aufzeichnungen nicht geführt werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 1991, Zl. 91/19/0146).

Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie in Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses den Beschwerdeführern angelastet hat, sie hätten den Organen der Arbeitsinspektion am 28. November 1989 keine Einsichtnahme in die "zu führenden Aufzeichnungen" gewährt, und darin die Begehung der Übertretung nach § 26 Abs. 2 zweiter Halbsatz Arbeitszeitgesetz erblickt hat. Weder dem angefochtenen Bescheid noch dem Akteninhalt sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß Aufzeichnungen im Sinne des § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz von den Beschwerdeführern oder einem Bevollmächtigten überhaupt geführt wurden, sodaß auch kein Schluß darauf möglich ist, die Beschwerdeführer hätten die Einsichtnahme in (vorhandene) Aufzeichnungen verweigert.

2.2. Selbst wenn der Tatbestand des § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz erfüllt wäre, wäre eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit darin gelegen, daß die belangte Behörde hinsichtlich jedes Beschwerdeführers die Begehung von drei Übertretungen angenommen hat, weil die Einsichtnahme in die Aufzeichnungen betreffend drei namentlich genannte Personen nicht gewährt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 17. März 1988, Zl. 88/08/0087, zu § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz seine Auffassung dargelegt, daß auch dann, wenn hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmer keine Aufzeichnungen geführt werden, nur eine Übertretung vorliegt. Dieselben Erwägungen haben auch für die Übertretung nach § 26 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz zu gelten, wenn die Einsichtnahme in die Aufzeichnungen betreffend mehrere Arbeitnehmer verweigert wird.

3. Da schon nach dem Gesagten der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, brauchte auf das Beschwerdevorbringen nicht näher eingegangen zu werden.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991190176.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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