TE Vwgh Erkenntnis 1993/8/19 92/06/0277

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.08.1993
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BauO Tir 1989 §53 Abs1 lith;
BauRallg;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. Oktober 1992, Zl. 14/188-6/1991, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung (am Verfahren beteiligte Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in dei Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft vom 27. März 1991 wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 12 Stunden) verhängt, weil er vom 28. August 1989 bis 27. März 1991 seine Eigentumswohnung in K für Wohnzwecke benützt habe, obwohl für die bewilligungspflichtige bauliche Anlage die erforderliche Benützungsbewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde K noch nicht erteilt worden sei. Aufgrund des Einspruches des Beschwerdeführers wurde das ordentliche Verfahren eingeleitet und mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Oktober 1991 der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, in der Zeit vom 28. August 1989 bis zumindest 27. März 1991 seine (näher bezeichnete) Eigentumswohnung für Wohnzwecke benützt zu haben, obwohl für die benützungspflichtige bauliche Anlage die erforderliche Benützungsbewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde K noch nicht erteilt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 53 Abs. 1 lit. h in Verbindung mit § 53 Abs. 2 und § 43 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung begangen. Gemäß § 53 Abs. 2 leg. cit. wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 12 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe eingewendet, es sei Sache der Behörde, ihm die Benützung der Wohnung nachzuweisen; im übrigen hätte ihm bereits die Benützungsbewilligung erteilt werden müssen, zumal er die Wohnung nicht widmungswidrig benutzt habe. Der Beschwerdeführer habe aber die Richtigkeit der Anzeige der widmungswidrigen Benützung durch einen Organwalter der Gemeinde K vom 23. Jänner 1990 nicht bestritten, weshalb aufgrund dessen Angaben sowie der fehlenden Benützungsbewilligung die Übertretung als erwiesen anzusehen sei.

In seiner gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß er sehr wohl die Benützung des Objektes bestritten habe und weiter bestreite. Die Anzeige der Gemeinde K stütze sich lediglich auf Vermutungen. Die Behörde habe trotz der von ihr im Verwaltungsstrafverfahren zu tragenden Beweislast bisher keinen Nachweis darüber geführt, wann er die Wohnung benützt habe und von wem er bei der tatsächlichen Benützung seiner Eigentumswohnung angetroffen worden sei. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Oktober 1992 wurde die Berufung abgewiesen und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft bestätigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, eine= Erteilung der Benützungsbewilligung stehe die Widmung des Gebäudes, in dem sich die gegenständliche Eigentumswohnung des Beschwerdeführers befinde, da nach dem Flächenwidmungsplan W2 die Wohnungen in diesem Haus als Haupt- und nicht als Zweitwohnsitze benützt werden müßten. Der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit vorwiegend in Wien aufhältige Beschwerdeführer habe sich deshalb am 28. August 1989 in das Melderegister der Gemeinde K eintragen lassen und sich auch fallweise in seiner dortigen Eigentumswohnung aufgehalten, um auf diese Weise zu einer Benützungsbewilligung zu gelangen. Die Einvernahme des Meldungslegers P.W., der Melderegisterauszug, der Akteninhalt der Behörde erster Instanz sowie ergänzend die Aussagen der übrigen einvernommenen Zeugen würden diese Feststellungen belegen. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, die Benützung der baulichen Anlage ohne Benützungsbewilligung stelle eine mit nicht unerheblichem Unrechtsgehalt verbundene Handlung dar, wobei mildernd die nur fallweise Benutzung der Wohnung zu berücksichtigen sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 53 Abs. 1 lit. h erster Halbsatz Tiroler Bauordnung (TBO) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage vor der Erteilung der Benützungsbewilligung benützt.

Im Gegenstand ist unbestritten, daß für die gegenständliche bewilligungspflichtige bauliche Anlage des Beschwerdeführers eine Benützungsbewilligung nicht erteilt wurde. Es ist daher weiters zu prüfen, ob die Anlage benützt wurde.

Nach dem Spruch des durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Oktober 1991 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, in der Zeit vom 28. August 1989 bis zumindest 29. März 1991 fallweise seine Eigentumswohnung in K für Wohnzwecke ohne Benützungsbewilligung benutzt zu haben. In der Begründung führt die belangte Behörde zum Tatzeitraum näher aus, der Einvernahme sonstiger die gegenständliche Wohnanlage benützenden Eigentümer habe entnommen werden können, daß vom Beschwerdeführer "sehr wohl im Zeitraum 28.08.1989 bis 27.03.1991 die Wohnung für Wohnzwecke fallweise benutzt wurde", wobei aber eine nähere Eingrenzung der Zeiten nicht erfolgen könne. Schon damit ergibt sich ein Widerspruch zwischen Spruch einerseits und Begründung andererseits, geht doch die belangte Behörde davon aus, daß eine Benützung nur FALLWEISE erfolgte, sie sich aber außerstande sehe, eine Eingrenzung auf bestimmte, kürzere Zeiträume, vorzunehmen. Schon durch den aufgezeigten Widerspruch zwischen Spruch (in dem die Benützung während des gesamten Tatzeitraumes angelastet wird), und Begründung des angefochtenen Bescheides in einem wesentlichen Punkt belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Umstand, daß sich die belangte Behörde aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens außerstande sah, die angelastete Benützung ohne die erforderliche Benützungsbewilligung für bestimmte, innerhalb des angelasteten Tatzeitraumes liegende Zeiträume als gegeben zu erachten, hätte sie veranlassen müssen, das Ermittlungsverfahren zu ergänzen, um zweifelsfrei feststellen zu können, wann die Benützung erfolgte, und den Tatzeitraum entsprechend einzuschränken. Konnte die belangte Behörde die Verwirklichung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes aber nicht einmal für einen bestimmten, auch sehr kurzen Tatzeitraum als erwiesen ansehen, so hätte sie das Verwaltungsstrafverfahren einstellen müssen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen

der §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Ersatz von zur Rechtsverfolgung nicht erforderlichen Stempelgebühren. W i e n , am 19. August 1993

Schlagworte

Ermessen Vorstellungsbehörde (B-VG Art119a Abs5)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992060277.X00

Im RIS seit

13.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten