TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/2 93/09/0196

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Veröffentlicht am 02.09.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der Firma

A Gesellschaft m.b.H. in E, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 1. April 1993, Zl. IIId-6702 B/ABB-Nr. 979863, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 15. Februar 1993 beim Arbeitsamt Wels den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für den Ausländer L.M. als "Fuhrpark-Mechaniker-Schlosser" mit einem Bruttostundenlohn von S 90,--. Spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurden nicht verlangt.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 22. Februar 1993 gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG mit der Begründung ab, es sei festgestellt worden, daß die Beschäftigung im Bereich eines gebundenen Gewerbes erfolgen soll, für welches die Beschwerdeführerin jedoch keine Gewerbeberechtigung besitze. Es stehe der Beschäftigungsbewilligung daher ein öffentliches Interesse entgegen.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe inzwischen das gebundene Handelsgewerbe bei der Behörde angemeldet und verfüge daher über die erforderliche Gewerbeberechtigung.

Mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 22. März 1993 hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, daß die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 738/1992, für Oberösterreich festgesetzte Landeshöchstzahl für das Jahr 1993 zum Stichtag Ende Februar 1993 um 21,5 % überzogen sei, weshalb für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung zusätzlich die in § 4 Abs. 6 AuslBG normierten Voraussetzungen erforderlich seien, deren Vorliegen bisher nicht behauptet und erwiesen sei.

Dazu nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. März 1993 wie folgt Stellung:

"...

Es liegen wichtige Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung vor. Wir benötigen Herrn L.M. dringend, um unseren Geschäftsbetrieb auf dem Standort E aufrechterhalten zu können. Eine Ersatzstellung durch den österreichischen Arbeitsmarkt für die ausgeschriebene Stelle ist nicht möglich. Herr L.M. verfügt über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse für den offenen Arbeitsplatz.

..."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. April 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG idgF keine Folge. Ausgehend von den einschlägigen Gesetzesbestimmungen stellte die belangte Behörde fest, daß die Landeshöchstzahl für 1993 überschritten sei, sodaß § 4 Abs. 6 AuslBG Anwendung zu finden habe. Der Betrieb der Beschwerdeführerin habe bisher abgesehen vom Geschäftsführer keine inländischen Beschäftigten, weshalb L.M. nicht als Schlüsselkraft im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG angesehen werden könne. Auch seien keine weiteren wichtigen Gründe gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG für die Beschäftigung eines Kfz-Mechanikers im Betrieb der Beschwerdeführerin nachgewiesen worden. Das bloß betriebliche Interesse, den Geschäftsbetrieb am Standort E, welcher in keinem strukturell gefährdeten Gebiet liege, aufrechterhalten zu wollen, stelle jedenfalls keinen solchen wichtigen Grund dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung für L.M. verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat - anders als das Arbeitsamt, aber im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG zulässigerweise - den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist von einer Überschreitung der im Beschwerdefall mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides in diesem Kalenderjahr maßgebenden Landeshöchstzahl für 1993 ausgegangen. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Annahme des Vorliegens dieser Anwendungsvoraussetzung für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof etwas vorgebracht. Hat sie aber die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 6 AuslBG für den Beschwerdefall nicht in Zweifel gezogen, dann war sie gehalten, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne dieser Gesetzesstelle maßgebend hätten sein können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0284). Eine Behauptung dahin, daß etwa der Vermittlungsausschuß einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet hätte, hat die Beschwerdeführerin nicht aufgestellt. Wohl aber kann das von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen, L.M. werde dringend benötigt, um den Geschäftsbetrieb in E aufrechterhalten zu können, in der Richtung verstanden werden, L.M. stelle für die Beschwerdeführerin eine Schlüsselkraft im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG dar. Die belangte Behörde hält dem aber ebenso wie dem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde mit Recht entgegen, daß seitens der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet worden ist, bei L.M. handle es sich um eine Schlüsselkraft "zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer". Das bloß einzelbetriebliche Interesse der Beschwerdeführerin an einer Tätigkeit des L.M. in ihrem Betrieb reicht für sich allein jedoch nicht aus, einen besonders wichtigen Grund im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG zu begründen.

Erstmalig in der Beschwerde findet sich ein Hinweis der Beschwerdeführerin, sie sei auf L.M. deshalb dringend angewiesen, weil sie sich von einem Mitarbeiter getrennt habe und keine Ersatzkraft habe finden können. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich ist, enthält es auch keinen Hinweis darauf, daß L.M. als dringender Ersatz für die Besetzung "eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes" (§ 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG) benötigt werde, sodaß sich auch hieraus kein für einen Erfolg der Beschwerde erforderlicher Sachverhalt ableiten läßt.

Konnte die belangte Behörde aber die Versagung der Beschäftigungsbewilligung für L.M. auf § 4 Abs. 6 AuslBG stützen, dann hatte dies zur Abweisung der Beschwerde zu führen, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin näher einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Parteiengehör Rechtliche BeurteilungUmfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des Rechtsgrundes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090196.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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