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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 19. Dezember 1989, 8/13/1-BK/Ko-1989, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war seit dem Jahr 1970 mit einer zweiten Person und ab dem Jahr 1978 alleiniger Geschäftsführer der C GmbH (in der Folge: GmbH). Mit Vertrag vom 16. Mai 1980 trat die deutsche C GmbH & Co KG, die die Absicht hatte, ihr wirtschaftliches Engagement in Österreich aufzugeben, sämtliche Anteile an der GmbH an den Beschwerdeführer und seine Ehegattin ab, wobei auf den Beschwerdeführer 25 % und auf seine Ehegattin 75 % des Stammkapitals von 700.000 S entfielen. Im Abtretungsvertrag verpflichteten sich der Beschwerdeführer und seine Ehegattin die Verbindlichkeiten der GmbH zu übernehmen und den Kreditgebern Sicherheiten in Form von Hypotheken zu gewähren.
Am 1. Oktober 1983 wurde das Warenlager der GmbH wegen deren wirtschaftlicher Notlage verkauft und die Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers beendet.
Mit Vereinbarung vom 17. Juni 1985 übernahmen der Beschwerdeführer und seine Ehegattin als Pfandbesteller die Schulden der GmbH von insgesamt 2,5 Mio S, um ein drohendes Konkursverfahren abzuwenden. Die Zinsen für diese Schulden betrugen im Jahr 1987 230.963 S.
Am 26. Jänner 1987 wurde der GmbH-Mantel um den symbolischen Wert von 3 S verkauft.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1987 machte der Beschwerdeführer die Zinsen von 230.963 S als "Nachwerbungskosten" bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unter Hinweis auf § 32 Z 2 EStG 1972 (der Beschwerdeführer ist mittlerweile wieder als Geschäftsführer einer anderen GmbH tätig) geltend.
Das Finanzamt ließ den Abzug dieser Aufwendungen als Werbungskosten mit der Begründung nicht zu, es bestehe kein Zusammenhang mit den Einkünften des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit als (ehemaliger) Geschäftsführer der GmbH.
In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1987 führte der Beschwerdeführer aus, hätte die GmbH ihre Tätigkeit im Jahr 1980 eingestellt, hätte er seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer und damit seine Existenzgrundlage verloren. Daher habe er sich entschlossen, gemeinsam mit seiner Ehegattin die GmbH "mit allen Soll- und Haben-Posten" zu übernehmen. Da sich die GmbH wirtschaftlich nicht so entwickelt habe, wie er und seine Ehegattin sich das vorgestellt hätten, weswegen ein Konkursverfahren unvermeidbar erschienen sei, hätten sie als Bürgen und Pfandbesteller auf Grund des Abtretungsvertrages vom 16. Mai 1980 die verbleibenden Verbindlichkeiten der GmbH übernehmen müssen. Die Zinsen für diese Kreditübernahmen stellten somit Werbungskosten dar, weil sie der Erhaltung und Sicherung der Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit gedient hätten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe die Haftung für die Schulden der GmbH nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, sondern in seiner Eigenschaft als Gesellschafter übernommen. Die Zinsen stünden somit nicht mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, sondern mit der Kapitalanlage des Beschwerdeführers in Zusammenhang. Die Zinsen seien im Streitjahr auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht als Werbungskosten abzuziehen, weil der Beschwerdeführer seit 1. Oktober 1983 keine Einkünfte aus Kapitalvermögen mehr erziele. Seit der Einstellung der Tätigkeit der GmbH liege ein "Voluptuarvermögen" vor. Ab der Veräußerung des GmbH-Mantels am 26. Jänner 1987 fehle überhaupt jeder Zusammenhang mit einer Einkunftsquelle. Die Berücksichtigung von negativen Einkünften aus Kapitalvermögen sei im Streitjahr somit nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer meint, die als Werbungskosten geltend gemachten Zinsen stünden unmittelbar mit seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als ehemaliger Geschäftsführer der GmbH in Zusammenhang. Der Ursprung der Zinsenzahlungen liege in der seinerzeitigen Sicherheitseinräumung. Wäre die GmbH liquidiert worden, dann wäre das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers aufgelöst worden. Auslösendes Moment für die Übernahme des Stammkapitals und die damit zusammenhängende Sicherheitseinräumung sei der drohende Verlust der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gewesen. Die Übernahme der Verbindlichkeiten sei schließlich infolge wirtschaftlicher Notlage der GmbH erfolgt, weil er und seine Ehegattin durch die Firmenübernahme als Bürgen und Pfandbesteller hafteten.
Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1980 Haftungen für Schulden der GmbH übernommen hat. Dadurch hat er als Gesellschafter der GmbH dieser gegenüber eine Leistung erbracht. Einkommensteuerrechtlich stellt es keinen Unterschied dar, ob der Beschwerdeführer als Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verlorengeht, ob er später Einlagen tätigt oder ob er als Bürge Schulden der Gesellschaft bezahlt bzw deren Schulden übernimmt, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können. In all diesen Fällen handelt es sich um Kapitalanlagen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Juni 1990, 90/13/0064, 0065, mwA). Die mit der Bezahlung dieser Schulden in Zusammenhang stehenden Zinsen stellen daher Anschaffungskosten einer Kapitalanlage dar. Wenn auch der Verlust der Kapitalanlage in der Folge zum Verlust der Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit hätte führen können, so wäre dies erst die mögliche weitere Folge des Scheiterns der wirtschaftlichen Aktivitäten der GmbH gewesen. Die Übernahme der Haftungen (und in der Folge der Schulden der GmbH) durch den Beschwerdeführer diente damit wirtschaftlich in erster Linie dem Fortbestand der GmbH und nur indirekt der Erhaltung der nichtselbständigen Einkünfte des Beschwerdeführers (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Mai 1988, 86/13/0154). Die Zinsen stellen somit keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar.
Schuldzinsen für Fremdmittel, die zur Anschaffung einer Kapitalanlage aufgenommen wurden, sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl das hg Erkenntnis vom 27. Februar 1985, 84/13/0188, Slg Nr 5973/F, mwA). Dies gilt jedoch nicht für jene Schuldzinsen, bei denen die Fremdmittelübernahme nach Einstellung der werbenden Tätigkeit erfolgt ist. Wie sich aus der Aktenlage ergibt, hat die GmbH ihre werbende Tätigkeit mit Verkauf des Warenlagers am 1. Oktober 1983 eingestellt. Die mit Vereinbarung vom 17. Juni 1985 übernommene Bedienung der Schulden der GmbH durch den Beschwerdeführer bzw dessen Ehegattin wurde somit erst nach Beendigung der werbenden Tätigkeit der GmbH eingegangen. Damit stellen aber die mit diesen Schulden im Zusammenhang stehenden Zinsen keine Aufwendungen zur Sicherung und Erhaltung der Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit (hier zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen), sondern solche der Lebensführung dar. Die GmbH wäre nämlich nach dem Verkauf des Warenlagers am 1. Oktober 1983 nicht mehr in der Lage gewesen, Einkünfte aus Kapitalvermögen auszuschütten. Gegenteiliges behauptet der Beschwerdeführer nicht.
Wenn der Beschwerdeführer meint, der belangten Behörde sei eine Verletzung von Verfahrensvorschriften insofern unterlaufen, als sie zwar festgestellt habe, daß die als Werbungskosten geltend gemachten Zinsen ihren Ursprung in der seinerzeitigen Sicherheitseinräumung hätten, diesen entscheidungswesentlichen Sachverhalt in der weiteren Begründung aber außer acht gelassen habe, so kann ihm darin nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde hat vielmehr festgestellt, daß der Beschwerdeführer der GmbH die Sicherheiten in seiner Eigenschaft als Gesellschafter eingeräumt habe und die Bezahlung der Zinsen aus diesem Grund nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führten. Weiters hat sie dargestellt, warum trotz der Sicherheitseinräumung im Jahr 1980 die Zinsenzahlungen im Streitjahr auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzusehen waren.
Der belangten Behörde ist auch durch die Zitierung des hg Erkenntnisses vom 20. Oktober 1961, 399/59, Slg Nr 2514/F, bzw durch die Heranziehung der Bestimmungen des Kautionsschutzgesetzes keine Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlaufen, weil nicht erkennbar ist, daß die belangte Behörde ohne diese Hinweise zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Veordnung BGBl Nr 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1990140028.X00Im RIS seit
06.07.2001Zuletzt aktualisiert am
10.01.2011