TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/8 93/09/0252

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Veröffentlicht am 08.09.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/01 Rechtsanwälte;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §112 Abs1 idF 1983/137;
BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §112 Abs3 idF 1983/137;
BDG 1979 §112 Abs3;
BDG 1979 §112 Abs4;
BDG 1979 §112 Abs6;
B-VG Art140 Abs1;
RAO 1868 §45 Abs4;
VwGG §23;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §61;
VwRallg;
ZPO §64 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des J in Y, vertreten durch Dr. We, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 13. August 1992, Zl. GZ 56/7-DOK/92, betreffend Suspendierung und Bezugskürzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 31. Oktober 1947 geborene Beschwerdeführer ist Revierinspektor bei der Gendarmerie und war zuletzt dem Gendarmerieposten N zur Dienstleistung zugeteilt.

Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandanten für Steiermark vom 2. April 1992 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 mit sofortiger Wirkung vorläufig vom Dienst suspendiert. Gemäß der Begründung dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer verdächtigt,

"1. am 1.4.1992 gegen 9.00 Uhr die Vorstandsdirektoren der

X Sparkasse Mag. M, Prok. G, O und H ungerechtfertigt unter Anwendung psychischen Zwanges im Dienst-Kfz vom Objekt der Sparkasse in N wegen angeblicher Untreueerhebungen zum GP N gebracht zu haben. Auf der Dienststelle drohten Sie den Vorstandsdirektoren mit dem "Einsperren", wenn sie miteinander Gespräche führen würden.

2. Sie sollen am 1.4.1992 vorerst der Weisung durch den Postenkommandanten AbtInsp L des GP N auf Herausgabe der Unterlagen, deren Kenntnis für die Beurteilung Ihrer Vorgangsweise im Zusammenhang mit dem Festhalten der 4 Vorstandsdirektoren der X Sparkasse notwendig war, nicht nachgekommen sein.

3. Sie werden weiters verdächtigt, die Anzeige der Fachärztin Dr. C vom 17.10.1991, gerichtet an die StA Graz, seit deren Einlangen auf dem GP N weder dem Postenkommandanten vorgelegt noch in das Protokollbuch eingetragen zu haben. Aus diesem Grunde konnten die eventuell notwendigen Erhebungen nicht eingeleitet werden. Die erteilte "Spezialvollmacht" vom 14.10.1991 läßt darauf schließen, daß Sie Kenntnis vom Sachverhalt hatten.

4. Am 25.3.1992 haben Sie ohne dienstliche Notwendigkeit eine SA-Auskunft (Vorstrafenanfrage) über Ma, geb. am 16.9.1940 in St. Pölten, unter der GZ P 1900/92 veranlaßt, obwohl diese Geschäftszahl erst am 26.3.1992 unter dem Eingangsvermerk A, Einvernahmeersuchen, im Protokollbuch aufscheint. Außerdem hätten Sie dieses Auskunftsergebnis dem Betroffenen mitgeteilt.

5. Am 24.3.1992 sollen Sie Erhebungen hinsichtlich einer Amtshandlung mit Widerstand gegen die Staatsgewalt als unmittelbar betroffener GendBeamter selbst geführt, Niederschriften aufgenommen und die Anzeige verfaßt sowie die Einlieferung des Täters in das LG f Strafsachen Graz durchgeführt haben. Außerdem hatten Sie Ihre unmittelbaren Vorgesetzten davon nicht in Kenntnis gesetzt. Aus diesem Grunde konnten die erforderlichen Meldungen an die vorgesehenen Stellen erst zu einem späteren Zeitpunkt abgesetzt werden.

6. In der Vormundschaftsangelegenheit der minderjährigen K aus P sollen Sie laut Schreiben der BH N vom 14.2.1992, GZ 9.74/11-92, als GendBeamter behindernde Beratungen durchgeführt haben, und gegen die Interessen der Behörde (Jugendamt) tätig geworden sein."

Durch dieses Verhalten habe der Beschwerdeführer das Ansehen der Gendarmerie, aber auch wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Außerdem erscheine durch das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben in hohem Maße nicht mehr gegeben. Die weitere Belassung des Beschwerdeführers im Dienst sei daher nicht vertretbar.

Das Verfahren über eine vom Beschwerdeführer gegen diese vorläufige Suspendierung zur Zl. 92/09/0227 beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit hg. Beschluß vom 26. November 1992 eingestellt, weil die vorläufige Suspendierung in der Zwischenzeit durch das im folgenden dargestellte Einschreiten der Disziplinarbehörden beendet war.

Auf der Grundlage der inzwischen aktenkundigen Erhebungsergebnisse, die auch zum Anlaß einer Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer genommen worden waren, beschloß die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres (DK) mit Bescheid vom 23. April 1992 ohne mündliche Verhandlung, den Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 mit sofortiger Wirksamkeit vom Dienst zu suspendieren und gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 seinen Monatsbezug unter Ausschluß der Haushaltszulage für die Dauer der Suspendierung auf 2/3 zu kürzen.

Nach Wiedergabe des Bescheides des Landesgendarmeriekommandos über die vorläufige Suspendierung führte die DK begründend aus, sie habe bei der Prüfung des Sachverhaltes auch die vom Landesgendarmeriekommando an die DK übermittelte Disziplinaranzeige vom 14. April 1992 einbezogen, in welcher der Beschwerdeführer verdächtigt werde, durch nachangeführte Tathandlungen Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben:

"I) Die ihm als Gendarmerieorgan zustehende Amtsbefugnis dadurch mißbräuchlich verwendet zu haben, daß er in seiner Eigenschaft als Gendarmeriebeamter des Gendarmeriepostens N in einer zivilrechtlichen Angelegenheit im Interesse einer Privatperson Erhebungen durchführte. Konkret führte er im Zusammenhang mit einer Kreditangelegenheit der Dr. C aus B seit Oktober 1991 wiederholt bei der X Sparkasse Erhebungen durch, obwohl hiezu weder eine rechtliche oder dienstliche Kompetenz noch ein gerichtlicher Auftrag vorlag. RevInsp J sprach zwar in der betreffenden Sache im Oktober 1991 bei der Staatsanwaltschaft Graz vor, es wurde ihm aber erklärt, daß es sich im gegenständlichen Falle um einen rein privatrechtlichen Sachverhalt handle und kein Erhebungsauftrag vorliege.

II) Weiters hat RevInsp J, im Zusammenhang mit dem unter I) angeführten Sachverhalt während der Ausübung seines Dienstes die Vorstandsmitglieder der X Sparkasse, Mag. M, Prok. G, O und

H am 1.4.1992 gegen 9.00 Uhr unter Androhung "Wenn Sie nicht freiwillig mitkommen, wird der nächste Schritt der Amtshandlung gesetzt" gegen ihren Willen mit dem Dienstkraftfahrzeug zum Gendarmerieposten N verbracht und sie dort ohne Rechtsgrund bis 10.35 Uhr festgehalten. Während dieser Zeit gestattete ihnen der Beamte keinerlei Fragen und verbot ihnen auch, miteinander zu sprechen. Auch die Verständigung eines Rechtsbeistandes wurde ihnen untersagt. Den unbeteiligten Journaldienst-Beamten Insp R beauftragte er, dieses Verbot zu überwachen, wobei er den angehaltenen Personen in Aussicht stellte, daß sie im Falle der Mißachtung der Anweisung im Keller in Einzelhaft genommen würden.

III) RevInsp J hat während eines Nachtdienstes am 24.3.1992 um ca. 01.30 Uhr auf dem Gendarmerieposten N mittels Fernschreiber über die Person des Dr. Ma aus B (Lebensgefährte der Dr. C) beim Strafregisteramt eine Strafregisterauskunft (SA-Anfrage) eingeholt, obwohl die hiefür geforderten gesetzlichen Bedingungen (Vorliegen eines Gerichtsdelikts) nicht vorlagen. Um diese SA-Anfrage den Vorgesetzten zu verheimlichen, wurde eine fiktive Geschäftszahl (GZ P-1900/92) verwendet, die einen ganz anderen Sachverhalt betraf. Die um 01.39 Uhr erhaltene Strafregisterauskunft wurde von RevInsp J im Journaldienst-Raum in Anwesenheit des Insp E dem anwesenden Dr. Ma gezeigt und mit ihm besprochen. Dem Gespräch wohnte auch die Sekretärin des Dr. Ma namens T bei. Die Strafregisterauskunft war somit offensichtlich im privaten Interesse des Dr. Ma von dem Beamten eingeholt worden.

IV) RevInsp J ist am 1.4.1992 gegen 10.15 Uhr in einer Kanzlei des Gendarmeriepostens N der mündlichen Weisung des Postenkommandanten AbtInsp L, die dem Sachverhalt bezogene Anzeige sowie den behaupteten Gerichtsauftrag der Staatsanwaltschaft Graz auszuhändigen, mit der Bemerkung "Ich handle im Auftrag der Staatsanwaltschaft und gebe die Anzeige nach Abschluß der Vorerhebungen nur der Kriminalabteilung" nicht nachgekommen. Diese Weisung wurde mit den Worten, ich verweigere den Befehl, abgelehnt. Um 10.20 Uhr wurde dem weiteren mündlichen Befehl des Bezirksgendarmeriekommandanten AbtInsp JH des Bezirksgendarmeriekommandos N, im Beisein des Postenkommandanten, die Anzeige und den Gerichtsauftrag der Staatsanwaltschaft auszuhändigen, nochmals keine Folge geleistet.

V) RevInsp J hat die von der Anzeigerin Dr. C aus B erhaltene schriftliche Anzeige vom 17.10.1991, gerichtet an die Staatsanwaltschaft Graz, betreffend die X Sparkasse N, weder dem Postenkommandanten des Gendarmeriepostens N vorgelegt oder gemeldet noch im Protokollbuch eingetragen. Die Eintragung im Protokollbuch erfolgte erst am 1.4.1992, nachdem dem Beamten bei dem unter Punkt I) bis III) angeführten Sachverhalt die weitere Erhebungstätigkeit vorläufig untersagt worden war.

VI) Am 24.3.1992 um 20.20 Uhr kam es gegenüber RevInsp J im Verlaufe einer Erhebung über eine Sachbeschädigung und Ordnungsstörung zu einem Widerstand gegen die Staatsgewalt. RevInsp J führte ohne Verständigung seiner unmittelbaren Vorgesetzten die niederschriftliche Befragung des Verdächtigen durch, verfaßte die Stellungsanzeige und veranlaßte die Einlieferung des Verdächtigen in das Gefangenenhaus des Landesgerichtes Graz durch die Funkpatrouille. Die Meldung an den Postenkommandanten AbtInsp L erfolgte erst am 25.3.1992 nach dessen Dienstbeginn um 07.00 Uhr.

VII) RevInsp J hat weiters entgegen den Interessen des Fürsorgereferates der Bezirkshauptmannschaft N, offensichtlich unter Ausnützung seiner Amtsstellung als Gendarmeriebeamter, Ende des Jahres 1991 bzw. Anfang des Jahres 1992 in der Vormundschaftsangelegenheit der minderjährigen K in P, Beratungen und Interventionen vorgenommen sowie eine durch ihn zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeit versprochen. Durch diese unangebrachten Tätigkeiten seitens RevInsp J wurden die behördlichen Maßnahmen bezüglich des Entwicklungsstandes des unter Fürsorgeaufsicht stehenden Kindes erschwert.

VIII) RevInsp J wird außerdem verdächtigt, im gemeinsamen Zusammenwirken mit Dkfm.Dr. Ma aus B, im Zusammenhang mit den unter Punkt I) und II) gesetzten Tathandlungen, entgegen den Bestimmungen des Medienerlasses eine Verständigung des Kurier vorgenommen zu haben, um das Einsteigen der drei Vorstandsdirektoren und des Prokuristen in das Dienst-Kfz am Hauptplatz in N sowie deren Aussteigen vor der Dienststelle bildlich festzuhalten."

Für die DK ergebe sich hieraus der Verdacht des Mißbrauches der Amtsgewalt bzw. der Freiheitsbeschränkung gemäß der gegen den Beschwerdeführer erstatteten Strafanzeige. Weil die Voraussetzungen für eine vorläufige Suspendierung im Sinne des § 112 Abs. 1 BDG 1979 vorgelegen seien, sei die Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 von der DK "zu verfügen" gewesen. Wegen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen (§§ 43 Abs. 1 und 2, 44 BDG 1979) seien das Ansehen der Gendarmerie und auch wesentliche Interessen des Dienstes im besonderen Maße gefährdet, weshalb die Weiterbelassung des Beschwerdeführers im Dienst nicht möglich sei. Die Bezugskürzung gründe sich auf § 112 Abs. 4 BDG 1979.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene

Berufung enthält folgende Begründung:

"Der angefochtene Bescheid ist unrichtig und unbegründet.

Beweis: vorzulegende Urkunden, Parteieneinvernahme

Ich stelle daher den Antrag, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu die belangte Disziplinarkommission zu veranlassen, nach Neudurchführung des Verfahrens einen neuen Bescheid zu erstellen.

Eine mündliche Verhandlung wird beantragt."

Außerdem ersuchte der Beschwerdeführer, seiner Berufung

aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Dieser Berufung gab die belangte Behörde nach Erhebungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers in nichtöffentlicher Sitzung mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. August 1992 teilweise Folge. Der Bescheid der DK wurde dahingehend abgeändert, daß die Kürzung des Monatsbezuges des Beschwerdeführers unter Ausschluß der Haushaltszulage auf 10 % vermindert wurde. Nach einer Darstellung des Verfahrensablaufes führte die belangte Behörde dazu begründend aus, sie pflichte der Auffassung der DK vollinhaltlich bei, wonach durch die Belassung des Beschwerdeführers im Dienst wegen der Art der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes und auch wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. Es werde daher auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen im Bescheid der DK verwiesen. Gemäß § 112 Abs. 6 BDG 1979 habe die Disziplinaroberkommission über die Berufung gegen eine Suspendierung ohne unnötigen Aufschub, aber innerhalb von zwei Monaten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden; der Verhandlungsantrag des Beschwerdeführers gehe daher ins Leere. Für das Ausmaß der Bezugskürzung seien die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des suspendierten Beamten wesentlich. Unter Berücksichtigung der Sorgepflichten und der nachgewiesenen sonstigen monatlichen Verpflichtungen des Beschwerdeführers sei die ausgesprochene Herabsetzung der Bezugskürzung gerechtfertigt, die aber dem Grunde nach ihre Berechtigung darin finde, daß der Beschwerdeführer für die Dauer seiner Suspendierung keine dienstliche Leistung erbringe.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene vorliegende Beschwerde ist rechtzeitig erhoben worden. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 20. August 1992 zugestellt. Im Verfahren über einen Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers zur hg. Zl. 92/09/0329 wurde geklärt, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Erhebung der Beschwerde am letzten Tag der Frist, dem 1. Oktober 1992, zur Post gegeben hat. Nach ergänzenden Erhebungen wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrenshilfe mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1993, Zl. VH 92/09/0011-7, gewährt. Nach mehreren (fristgerechten) Umbestellungen des dem Beschwerdeführer zugeteilten Rechtsanwaltes wurde die Bestellung des nunmehrigen Beschwerdevertreters Dr. We diesem am 19. April 1993 zugestellt. Die von diesem am 29. Mai 1993 zur Post gegebene Beschwerde ist daher rechtzeitig (vgl. dazu auch das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1991, Zl. 91/18/0010).

In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Aus dem gesamten Inhalt der Beschwerde folgt, daß sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten darauf, nicht suspendiert zu werden und keine Gehaltskürzung hinnehmen zu müssen, beschwert erachtet.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen, gegen die gemäß Abs. 2 kein Rechtsmittel zulässig ist.

Jede vorläufige Suspendierung ist gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung, ist jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) bereits anhängig, so hat diese bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

Jede durch Beschluß der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügte Suspendierung hat gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten - unter Ausschluß der Haushaltszulage - auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) kann auf Antrag des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, unbedingt erforderlich ist.

Die Berufung gegen eine Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat gemäß § 112 Abs. 6 BDG 1979 keine aufschiebende Wirkung. Über die Berufung hat die Disziplinaroberkommission ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen zwei Monaten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Schon diese Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des BDG 1979 zeigt, wie dies ja auch der Beschwerdeführer selbst erkennt, daß die belangte Behörde mit der Abstandnahme von der in der Berufung beantragten mündlichen Verhandlung das Gesetz nicht verletzt hat. Der Inhalt der Berufung des Beschwerdeführers ließ auch nicht erkennen, welchem Zweck diese Verhandlung hätte dienen sollen, hat doch der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid nur ganz allgemein als "unrichtig und unbegründet" bezeichnet, ohne substantiiert darzustellen, inwieweit der von der DK zur Begründung der Suspendierung des Beschwerdeführers herangezogene Verdacht auf unzutreffenden Annahmen beruhe. Die DK hat sich diesbezüglich auf eine detaillierte Disziplinaranzeige gestützt, und der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, daß und inwieweit der darin geschilderte Sachverhalt unrichtig sei und infolgedessen der Suspendierungsentscheidung nicht zugrunde gelegt hätte werden dürfen. Auch in der Beschwerde finden sich keine Ausführungen dahin, welche vom Beschwerdeführer für relevant erachteten Umstände durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde unaufgeklärt geblieben seien. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, dem Antrag des Beschwerdeführers zu folgen, wonach beim Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 112 Abs. 6 BDG 1979 angeregt werden sollte.

Ein großer Teil der Beschwerdeausführungen ist der Behauptung gewidmet, die belangte Behörde habe nicht erkannt, daß die DK zu der von ihr vorgenommenen "Verfügung" der Suspendierung gar nicht zuständig gewesen sei, was den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belaste. Der Beschwerdeführer sucht dies damit zu begründen, daß die DK gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979, solange bei ihr ein Disziplinarverfahren nicht anhängig sei, nur über die Suspendierung "zu entscheiden", nicht aber diese "zu verfügen" habe. Mit dieser Argumentation übersieht der Beschwerdeführer, daß eine "Entscheidung" der DK, die im Ergebnis eine Aufrechterhaltung der bis dahin bloß vorläufigen Suspendierung zum Inhalt hat, nichts anderes als eine "Verfügung" der nunmehr eben nicht mehr vorläufigen, sondern endgültigen Suspendierung darstellt. Dieses Begriffsverständnis liegt im übrigen offensichtlich auch dem § 112 Abs. 4 BDG 1979 zugrunde, in welchem hinsichtlich der Gehaltskürzung nur auf die "verfügte" Suspendierung verwiesen wird. Es kommt daher entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bscheides nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der DK gegen den Beschwerdeführer bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet (anhängig) war oder nicht. Von einer Unzuständigkeit der DK zu der von ihr getroffenen Suspendierungsentscheidung und einer darauf beruhenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit des insoweit bestätigenden angefochtenen Bescheides kann daher nicht die Rede sein.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe in Verletzung ihrer Begründungspflicht (§ 58 Abs. 2 und § 60 AVG) nur die dem Beschwerdeführer von der DK vorgehaltenen Verdachtsmomente wiedergegeben und sich abschließend mit der Wiedergabe des Gesetzestextes und mit einem Hinweis auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid begnügt.

Auch zu diesem Vorbringen ist dem Beschwerdeführer in erster Linie zu entgegnen, daß er im Verwaltungsverfahren kein konkretes, für eine Zerstreuung des gegen ihn vorliegenden Verdachtes geeignetes Vorbringen erstattet hat. Dem Beschwerdeführer war bereits aus der Begründung des Bescheides über seine vorläufige Suspendierung, in allen Details aber spätestens aus dem Bescheid der DK vom 23. April 1992 bekannt, auf welchen Sachverhalt die Disziplinarbehörden den gegen ihn vorliegenden Verdacht von Dienstpflichtverletzungen stützten. Dessenungeachtet hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung keine konkreten Ausführungen dahin gemacht, daß diese Sachverhaltsannahmen zur Gänze oder auch nur zum Teil nicht der Wahrheit entsprächen. In einem solchen Fall genügt die Berufungsbehörde ihrer Begründungspflicht durch den bloßen Hinweis auf die erstinstanzlichen Ausführungen, zumal sie damit, ohne entgegenstehendes Parteienvorbringen zu mißachten, nur entbehrliche Wiederholungen unterläßt.

Auf der Basis der somit im Tatsächlichen unbestritten gebliebenen Disziplinaranzeige erweist sich der angefochtene Bescheid in rechtlicher Hinsicht als gesetzgemäß. Da die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme darstellt, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt, braucht nicht nachgewiesen zu werden, daß der Beamte die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich begangen hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1988, Zl. 88/09/0046, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Der Verdacht, der Beschwerdeführer habe die in der Disziplinaranzeige umschriebenen Handlungen gesetzt, ist von diesem nicht entkräftet worden. Da somit der Verdacht eines in mehrfacher Hinsicht weisungs- und vorschriftswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers, vor allem hinsichtlich des möglicherweise eigenmächtigen Vorgehens in der Kreditangelegenheit der Frau Dr. C, im gegebenen Verfahrensstadium aufrecht ist, hat die belangte Behörde das Gesetz auch nicht durch ihre Annahme verletzt, die Belassung des Beschwerdeführers im Dienst würde das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährden.

Zur Frage der - von der belangten Behörde ohnehin zu Gunsten des Beschwerdeführers abgeänderten - Bezugskürzung enthält die Beschwerde kein Vorbringen. Da diese Bezugskürzung gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 eine gesetzliche Folge der nach den obigen Ausführungen nicht in rechtswidriger Weise verfügten Suspendierung darstellt, vermag der Verwaltungsgerichtshof auch darin keine Rechtswidrigkeit zu erkennen.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993090252.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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