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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. März 1993, Zl. 4.288.775/3-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich hat mit Bescheid vom 29. Oktober 1991 festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsbürger ungarischer Nationalität, der am 10. Dezember 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist - die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling gemäß Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention nicht erfülle.
Der im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangene Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. März 1993 bestätigte die angeführte Entscheidung der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich, allerdings mit der Begründung, daß sich der Beschwerdeführer vor der Einreise in Österreich gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 bereits in einem anderen Staat (nämlich Ungarn) befunden habe, in dem er vor Verfolgung sicher gewesen sei.
Bei der Ersteinvernahme hatte der Beschwerdeführer angegeben, daß er sich vor seiner Einreise nach Österreich vom 1. November 1989 bis 10. Dezember 1989 in Ungarn aufgehalten, dort eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten und gearbeitet habe.
Die belangte Behörde stützte ihre Abweisung gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 auf diese Aussagen des Beschwerdeführers. Es ergebe sich daraus, daß der Beschwerdeführer bereits in Ungarn keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und auch nicht zu befürchten gehabt habe, vor Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, daß ihm Asyl gewährt werde, und im Recht auf ein mängelfreies Verfahren verletzt. In seiner Beschwerde macht er die Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 ist einem Flüchtling dann nicht Asyl zu gewähren, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.
Der vom Beschwerdeführer gerügte Umstand, daß aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich sei, welchen "Bescheid der Sicherheitsdirektion" die Behörde überprüft habe, stellt im Hinblick auf die im hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834, näher angeführten Gründe, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers dar, da zwar die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides fehlt, sich diese aber eindeutig aus der Bescheidbegründung ergibt. Im übrigen zeigt die Beschwerde, daß für den Beschwerdeführer kein Zweifel bestand, daß mit dem angefochtenen Bescheid über die angeführte Berufung entschieden wurde.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die Behörde ihre Entscheidung auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn stützte, ohne überprüft zu haben, weshalb er sich in dieser Zeit in Ungarn aufgehalten habe, und ohne ihn darüber zu befragen, ob er tatsächlich vor Verfolgung sicher bzw. Asylschutz genossen habe. Hätte man ihn dazu befragt, hätte er darauf hinweisen können, wieso damals eine Weiterfahrt nach Österreich nicht möglich gewesen sei und warum er in Ungarn nicht um politisches Asyl angesucht habe.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, 93/01/0256) genügt für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNr. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991). Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den ungarischen Behörden bekannt und von diesen geduldet war. Die aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers bei der Ersteinvernahme gezogene Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß Verfolgungssicherheit für den Beschwerdeführer in Ungarn bestanden habe, kann - insbesondere auch im Lichte des Umstandes, daß Ungarn der Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird (siehe BGBl. 260/1992 iVm Art. 43 der Genfer Flüchtlingskonvention) beigetreten ist, die am 12. Juni 1989 für Ungarn in Kraft trat, nicht als unschlüssig angesehen werden.
Sofern der Beschwerdeführer sich darauf beruft, daß er sich wegen der zahlreichen in Ungarn befindlichen Rumänen, insbesondere Mitgliedern des geheimen Sicherheitsdienstes, nicht sicher gefühlt habe und es zu "zahlreichen unliebsamen Vorfällen, die bewirkten, daß politisch verfolgte Personen auch in Ungarn vor den rumänischen Geheimdienstaktivitäten nicht sicher waren", gekommen sei, kommt diesem Vorbringen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, von einem solchen Vorfall konkret betroffen gewesen zu sein.
Zu der Behauptung, die belangte Behörde habe einzig aus dem Umstand, daß sich der Beschwerdeführer in einem anderen Staat aufgehalten habe, abgeleitet, daß Verfolgungsicherheit vorliege, muß dem Beschwerdeführer entgegengehalten werden, daß für die Behörde unbestritten feststand und auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bestritten wird, daß der Beschwerdeführer in Ungarn eine Aufenthaltserlaubnis erhalten und dort gearbeitet hat. Im Lichte dieser Umstände kann die kritisierte Schlußfolgerung der belangten Behörde jedenfalls nicht als unschlüssig angesehen werden.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993010371.X00Im RIS seit
20.11.2000