TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/9 93/01/0208

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Veröffentlicht am 09.09.1993
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. November 1992, Zl. 4.324.339/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 10. November 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 4. Oktober 1991 angegeben, er sei am 10. April 1991 als aktiver Christ an der Vertreibung von in die christliche Kirche seiner Heimatgemeinde eingedrungenen, gewalttätigen Moslems beteiligt gewesen und habe auch an einem in der Folge am 14. April 1991 aus Rache durchgeführten Überfall auf eine benachbarte Moschee teilgenommen. Hiebei seien einige Leute verprügelt worden, und einer aus der Gruppe des Beschwerdeführers habe zwei Menschen getötet. Der Beschwerdeführer sei am 15. April 1991 verhaftet und in das Gefängnis von B überstellt worden; es sei ihm Unruhestiftung, "Antiregierungstätigkeit" und die Führung einer kriminellen Gruppe vorgeworfen worden, weshalb ihm eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwanzig Jahren drohe. Nach seiner Überstellung in das Krankenhaus der Stadt sei dem Beschwerdeführer am 7. Juni 1991 die Flucht gelungen, weil die Wache eingeschlafen sei. Eine Rückkehr in sein Heimatland würde für ihn unter Umständen den Tod bedeuten bzw. würde er neuerlich verhaftet und noch härter bestraft werden. In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer über seine bei der niederschriftlichen Befragung erstatteten Angaben hinausgehend vorgebracht, er sei, weil es bei dem Überfall der Moslems auf seiner Seite sechs Tote gegeben habe, "aufgewühlt" gewesen und habe daher an einer Zusammenrottung mehrerer Christen vor der Moschee, die sich in derselben Straße wie die christliche Kirche befunden habe, teilgenommen. Die Einrichtung der Moschee sei zerstört und zwei Moslems seien getötet worden. Der Beschwerdeführer sei dann insbesondere auch deshalb gezwungen gewesen, seine Heimatstadt zu verlassen, weil die Christen in dieser Stadt eine Minderheit von nur 10 % darstellten. Er sei am 15. April 1991 in seiner Geburtsstadt A im Süden seines Heimatlandes verhaftet und dort von Polizeiagenten aus B verhört worden. Hiebei sei er mit Holzknüppeln auf den Rücken, die Schultern, die Arme und die Beine geschlagen worden. Bei seiner Überstellung ins Gefängnis von B seien dort bereits drei seiner Freunde inhaftiert gewesen, die jeweils zu zwanzig Jahren Haft verurteilt worden seien und die im Verlauf ihres Prozesses fälschlich ausgesagt hätten, der Beschwerdeführer sei der Anführer des Überfalls auf die Moschee gewesen und habe die beiden Morde begangen. Er müsse daher damit rechnen, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder gar zum Tode verurteilt zu werden.

Der belangten Behörde ist zunächst zuzustimmen, wenn sie dem Beschwerdeführer entgegenhält, vom Vorliegen von Verfolgung könne nur dann gesprochen werden, wenn die Verfolgung von staatlichen Stellen des Heimatlandes ausgehe oder wenn der Staat nicht willens oder in der Lage sei, die Verfolgung durch andere Stellen hintanzuhalten (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, 1990, S. 30, angeführte Judikatur). Daß der Beschwerdeführer vergeblich den Schutz der staatlichen Behörden gegen Übergriffe von moslemischer Seite gesucht hätte oder ein solcher Versuch von vornherein vergeblich gewesen wäre, kann der unwidersprochen gebliebenen Darstellung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren nicht entnommen werden, sodaß die belangte Behörde die von moslemischer Seite ausgehenden Feindseligkeiten zu Recht nicht als Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) gewertet hat. Bei diesem durch die Angaben des Beschwerdeführers bestimmten Sachverhalt war die belangte Behörde entgegen seiner in der Beschwerde dargelegten Auffassung auch nicht verpflichtet, einen Bericht der Vertretungsbehörden in seinem Heimatland über die Vorgangsweise der dortigen Behörden einzuholen.

Die belangte Behörde hat aber auch richtig erkannt, daß die von staatlichen Stellen gegen den Beschwerdeführer gesetzten Aktivitäten in Zusammenhang mit dem als kriminelles Vorgehen einzustufenden Überfall auf die Moschee, an der der Beschwerdeführer unbestritten beteiligt war, zu sehen sind. Daß die staatlichen Stellen über die Aufklärung dieses kriminellen Geschehens hinaus gegen den Beschwerdeführer aus in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründen vorgehen wollten oder daß er aus diesen Gründen mit einer strengeren Bestrafung hätte rechnen müssen, kann seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht entnommen werden. Damit können aber auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Mißhandlungen durch Polizeiorgane nicht als durch diese Gründe motiviert angesehen werden.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - und somit auch ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung - in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010208.X00

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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