TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/9 92/01/1048

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Veröffentlicht am 09.09.1993
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Index

25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
StVG §86 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 14. September 1992, Zl. 423.089/40-V7/92, betreffend Strafvollzug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 14. September 1992 wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers, eines Strafgefangenen, vom 15. März 1992 (samt ihren Ergänzungen vom 18. Juni 1992 und vom 9. September 1992) gegen die (formlose) Entscheidung des Leiters der Strafvollzugsanstalt Garsten vom 12. März 1992, womit dem Ansuchen des Beschwerdeführers, ihm Briefverkehr und Besuchskontakt zu dem ehemaligen Strafgefangenen H zu gestatten, nicht stattgegeben wurde, gemäß § 121 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 86 Abs. 3 StVG und § 66 Abs. 4 AVG nicht Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 86 Abs. 1 StVG dürfen die Strafgefangenen nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit anderen Personen schriftlich verkehren und von ihnen Besuche empfangen. Abs. 2 dieses Paragraphen enthält eine Regelung hinsichtlich des Verkehrs mit Angehörigen des Strafgefangenen, zu denen H unbestrittenermaßen nicht gehört. Der demnach von der belangten Behörde zu Recht angewendete § 86 Abs. 3 StVG lautet wie folgt:

"Ein Briefverkehr mit anderen als den im Abs. 2 genannten Personen und Besuche solcher Personen sind unbeschadet der §§ 88 und 96 nur auf Verlangen des Strafgefangenen und so weit zu gestatten als zu erwarten ist, daß der Verkehr den Strafgefangenen günstig beeinflussen, sein späteres Fortkommen fördern oder sonst für ihn von Nutzen sein werde und davon keine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu befürchten ist."

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides - wie sie in ihrer Gegenschrift zutreffend bemerkt - nicht davon ausgegangen, daß von dem vom Beschwerdeführer angestrebten Verkehr eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu befürchten sei. Die damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdeausführungen, denen zugrunde liegt, daß H am 6. August 1991 aufgrund des § 46 Abs. 2 StGB aus der Strafhaft bedingt entlassen wurde und daher nach Ansicht des Beschwerdeführers als "resozialisiert" anzusehen sei, sind demnach von vornherein verfehlt. Es ist aktenwidrig, daß die belangte Behörde diesbezüglich der (diesen Gesichtspunkt beurteilenden) Stellungnahme des Leiters der Strafvollzugsanstalt Garsten vom 15. Juni 1992 "erlegen" sei. Dem Umstand, daß der Genannte Strafgefangener (ebenfalls in der Strafvollzugsanstalt Garsten) war, hat die belangte Behörde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - bei ihrer Entscheidung überhaupt keine Bedeutung beigemessen. § 86 Abs. 3 StVG enthält zwei Anspruchsvoraussetzungen, die kumulativ gegeben sein müssen, weshalb dann, wenn schon eine dieser Voraussetzungen fehlt, nicht zugunsten des Beschwerdeführers entschieden werden könnte. Wäre daher die belangte Behörde mit ihrer Auffassung im Recht, es sei nicht zu erwarten, daß der Verkehr mit H den Beschwerdeführer günstig beeinflussen, sein späteres Fortkommen fördern oder sonst für ihn von Nutzen sein werde, so wäre für seinen Standpunkt auch dann nichts zu gewinnen, wenn davon keine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu befürchten wäre.

In seinem Ansuchen vom 7. März 1992 führte der Beschwerdeführer aus, daß die gewünschten Kontakte für ihn "nötig und förderlich" seien, da sie ihm "Eindrücke und Ereignisse von der Außenwelt und speziell dem Raum vermitteln", in dem er lange Jahre beruflich tätig gewesen sei und wieder sein werde. Außerdem habe H "eine Menge gemeinsamer Bekannter (aber aus guten Kreisen und nicht Rechtsbrecher)" mit ihm und sei "sehr gut mit Anwaltskollegen" des Beschwerdeführers bekannt. In seiner Beschwerde an die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführer neuerlich zum Ausdruck, daß die Kontakte mit H (dessen Wohnort er im Ansuchen mit X, nunmehr mit X und Y angab) für ihn "nötig und förderlich" seien, weil H in dem Raum wohne, der - in Österreich - den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers darstelle. Über ihn könne er am laufenden darüber gehalten werden, was sich dort ereigne und "wie die regionale Lage aus allen Betrachtungsweisen" sei. Außerdem wolle sein Rechtsfreund Dr. N, Rechtsanwalt in Z (einem Nachbarort von Y), "daran gehen, alle Schritte zu unternehmen, die endlich zur Strafverfolgung jener Personen führen sollen, die aktenkundig vor den Gerichten in meiner Sache falsch ausgesagt und daher meine Verurteilung zu vertreten haben"; H werde "da mitarbeiten". Seine ergänzende Eingabe vom 18. Juni 1992 enthält diesbezüglich keine Ausführungen, auch nicht die vom 9. September 1992 mit Ausnahme dessen, daß der Beschwerdeführer darin erklärte, er "denke gar nicht daran", nochmals eine Wiederaufnahme seines Strafverfahrens zu beantragen, es allerdings richtig sei, daß er über seinen Rechtsfreund Dr. N "Schritte in gewisser Richtung unternehme".

Damit hat aber der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keine hinreichenden Gründe dafür genannt, wieso zu erwarten sei, daß der Verkehr mit H ihn günstig beeinflussen, sein späteres Fortkommen fördern oder sonst für ihn von Nutzen sein werde. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, § 86 Abs. 3 StVG sei "dahingehend zu interpretieren, daß die günstige Beeinflussung des Strafgefangenen durch Brief- und Besuchskontakt grundsätzlich erwartet werden kann", und "die Justizverwaltung" habe "den gegenteiligen Nachweis zu erbringen, also zu beweisen, daß der Brief- und Besuchskontakt mit einer bestimmten Person den Verkehr des Strafgefangenen nicht günstig beeinflussen wird, sein späteres Fortkommen nicht fördert oder sonst für den Strafgefangenen nicht von Nutzen sein wird", findet im Gesetz keine Deckung. Vielmehr oblag es dem Beschwerdeführer, im einzelnen das Vorliegen dieser Anspruchsvoraussetzung darzutun (vgl. außer dem in der Gegenschrift der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 1983, Zl. 82/01/0328, noch jenes vom 10. April 1973, Zl. 17/73).

Die belangte Behörde hat festgestellt, daß H anläßlich seiner bedingten Haftentlassung als künftigen Wohnort zwar nicht den vom Beschwerdeführer behaupteten, aber doch einen in diesem Raum gelegenen Ort (nach der Aktenlage: B) angegeben habe und der Beschwerdeführer regelmäßig Besuche von seiner (eigenen) Gattin erhalte. Auf diese Weise hat sie, wenn auch nicht ausdrücklich, zu erkennen gegeben, daß ihrer Meinung nach eine ausreichende Information des Beschwerdeführers über die jeweiligen Verhältnisse in dem Lebensraum, mit dem er vor seiner Inhaftierung in enger Beziehung stand, durch seine Gattin gewährleistet sei. Dies bestreitet der Beschwerdeführer, indem er einerseits vorbringt, daß seine Gattin "mit Familie unweit von I lebt und wohnt, für Haushalt, Familie und Kinder zu sorgen" habe und, "um diese ernähren zu können, umfassend beim Landestheater beschäftigt sei", und andererseits ins Treffen führt, daß seine Gattin den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu erbringen und daher "unmöglich Zeit" habe, "zwischen Vorarlberg und der StVA Garsten ständig hin- und herzupendeln". Daraus ergibt sich aber - auch wenn dem Beschwerdeführer dazu im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde und daher insoweit ein Verfahrensmangel vorliegt - jedenfalls nicht eindeutig, daß seine Gattin nicht in der Lage wäre, ihm zumindest von Zeit zu Zeit erlaubterweise die von ihm gewünschten Informationen zukommen zu lassen, und dies nicht auch geschieht. Dafür, daß dies "zum Nutzen" des Beschwerdeführers "ständig" erforderlich wäre - wofür nach seinem Standpunkt nur H in Betracht komme -, besteht kein Anhaltspunkt, zumal nicht allgemein gesagt werden kann, daß dies insgesamt hinsichtlich der "regionalen Lage aus allen Betrachtungsweisen" der Fall sei, sondern es hiefür einer näheren Konkretisierung durch den Beschwerdeführer bedurft hätte.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer weiters entgegengehalten, daß er und sein Rechtsfreund Juristen seien, nicht einzusehen sei, inwieweit H, der selbst Anstrengungen bezüglich seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft unternehmen müsse, bei den vom Beschwerdeführer beabsichtigten rechtlichen Schritten "gegen dessen Verurteilung" helfen könnte, und dies vom Beschwerdeführer auch nicht näher ausgeführt werde. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, letzteres sei "schlichtweg falsch", weil er "detailliert" ausgeführt habe, daß H "ein unabdingbares Faktotum zur Aufrechterhaltung der Kontakte in den ehemaligen Lebens- und Wirkungsbereich des Beschwerdeführers" sei, ist unberechtigt, vermengt doch der Beschwerdeführer damit die beiden von ihm zur Begründung seines Antrages geltend gemachten, unterschiedlichen Gründe. Die von ihm gewünschten laufenden Informationen über die "regionale Lage aus allen Betrachtungsweisen" haben damit, daß H dem Beschwerdeführer "bei seinen Bemühungen um Gerechtigkeit helfen könne", trotz allenfalls gegebenen örtlichen Zusammenhanges nichts zu tun. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, näher aufzuzeigen, wieso - trotz eines nach den §§ 28 Abs. 1 Z. 5 und 96 StVG begünstigt zuzulassenden Kontaktes mit seinem Rechtsbeistand und dessen vorauszusetzender juristischer Fachkenntnis - H "zum Nutzen" des Beschwerdeführers in dessen strafrechtlicher Angelegenheit (offenbar in Ansehung seiner Verurteilung wegen des Verbrechens nach den §§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB) tätig sein könnte und sein Rechtsbeistand hiefür "die Hilfe" H benötige. Dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ausdrücklich betont hat, gar nicht die Wiederaufnahme seines Strafverfahrens (wegen Vorliegens des Tatbestandes nach § 353 Z. 1 StPO) anzustreben. Die belangte Behörde war daher - entgegen der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers - auch nicht verpflichtet, seinen Rechtsbeistand und H, ebensowenig wie die Gattin des Beschwerdeführers hinsichtlich der Aufrechterhaltung seines Kontaktes zur Außenwelt, als Zeugen zu vernehmen.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992011048.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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