TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/9 92/16/0119

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Veröffentlicht am 09.09.1993
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Index

27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GEG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 17. Juni 1992, Zl. Jv 50.145-33a/92, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde unter anderem dem Antrag des Beschwerdeführers auf Nachlaß von Gerichtsgebühren im Ausmaß von S 66.222,-- nicht statt. Begründet wurde dies mit einem einzigen Satz, der folgenden Wortlaut hat:

"Auf Grund der vorliegenden Bescheinigungen kann von einer besonderen Härte der Einbringung, die einen Nachlaß im Sinne des § 9 Abs.1 GEG 1962 rechtfertigen würden, nicht gesprochen werden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf "rechtsrichtige Anwendung des § 9 Abs. 2 GEG sowie auf rechtsrichtige Anwendung der Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist. Über den Antrag entscheidet bei Beträgen bis zu S 300.000,-- der Präsident des Oberlandesgerichtes, sonst das Bundesministerium für Justiz.

Nach ständiger hg. Judikatur sind im Nachsichtsverfahren die allgemeinen Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens zu beachten, wozu unter anderem die nachprüfbare Begründung der Entscheidung gehört (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1991, Zlen. 91/16/0018, 0020 und 0021, sowie vom 13. Dezember 1984, Zl. 84/15/0055); insbesondere ist es Aufgabe der Behörde, im Einzelfall bezogen auf die persönlichen Verhältnisse des Nachsichtswerbers jene Feststellungen zu treffen, die es ermöglichen, die Entscheidung zu überprüfen, daß die Voraussetzungen für einen Nachlaß im gegebenen Fall nicht vorliegen.

Die Behörde hat sich nun im Beschwerdefall über dieses Gebot hinweggesetzt, indem sie nur auf "vorliegende Bescheinigungen" Bezug nahm, ohne im einzelnen zu sagen, was damit gemeint ist. Es kann daher nicht einmal überprüft werden, ob die belangte Behörde alle vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen als Entscheidungsgrundlage herangezogen hat. Dazu kommt, daß sich die belangte Behörde mit den Argumenten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seinen Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder und eine Ehefrau sowie der Höhe seines monatlichen Einkommens überhaupt nicht auseinandergesetzt hat.

Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde dann, wenn sie sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den von ihm vorgelegten Urkunden im einzelnen auseinandergesetzt hätte, zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, haftet dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG zu seiner Aufhebung führen mußte, wobei angesichts des Spruches des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen wurde, daß es sich bei der im Begründungssatz zitierten Gesetzesstelle ("§ 9 Abs. 1 GEG") nur um einen Schreibfehler handelte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft überflüssigerweise vorgelegte Beilagen bzw. den für eine gar nicht zu vergebührende Halbschrift angesprochenen Betrag von S 30,--.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992160119.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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