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L66454 Landw Siedlungswesen Oberösterreich;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde
1) des JI und 2) der KI, beide in K, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der O.ö. Landesregierung vom 30. November 1992, Zl. Bod - 4232/8 - 1992, betreffend die Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren nach dem O.ö. LSG 1970 (mitbeteiligte Partei: P in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Den Beschwerdeschriften und der Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Die Beschwerdeführer besaßen auf der EZ 28 und EZ 528 je KG K. einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb in der Größe von ca. 39 ha. Die Liegenschaft EZ 28 KG K. wurde zwangsweise versteigert und am 20. März 1992 der mitbeteiligten Partei (MP) zugeschlagen. Die Liegenschaft EZ 528 KG K. steht unverändert im Eigentum der Beschwerdeführer.
Über Antrag der MP stellte die Agrarbezirksbehörde Linz (AB) mit Bescheid vom 19. Mai 1992 fest, daß die Ersteigerung der Liegenschaft EZ 28 KG K. durch die MP den Siedlungstatbestand der Betriebsübertragung (§ 2 Abs. 1 Z. 4 des Gesetzes vom 20. März 1970 über das landwirtschaftliche Siedlungswesen - O.ö. LSG 1970) bilde und eine Maßnahme nach diesem Gesetz darstelle.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung mit dem Vorbringen, daß die Ersteigerung der Liegenschaft EZ 28 KG K. durch die MP als Maßnahme nach dem O.ö. LSG 1970 nicht hätte anerkannt werden dürfen, weil die in ihrem Eigentum verbliebene Liegenschaft EZ 528 KG K. eine Enklave in der ersteigerten Liegenschaft bilde, was einen schweren Agrarstrukturmangel bewirke; auch im übrigen seien die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z. 4 O.ö. LSG 1970 nicht gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 1 AgrVG 1950 in Verbindung mit §§ 8, 63 und 66 Abs. 4 AVG sowie § 5 Abs. 2 (gemeint offenbar: "§ 5 Abs. 3") O.ö. LSG 1970 mangels Parteistellung als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften aus, daß im Falle eines Grunderwerbs in einem Exekutionsverfahren lediglich der Erwerber Antragslegitimation und Parteistellung habe; die früheren Eigentümer einer versteigerten Liegenschaft seien nicht zum Kreise solcher Personen zu zählen, welche im Sinne des § 5 Abs. 3 O.ö. LSG 1970 die Liegenschaft zur Verfügung stellen oder welchen an dieser dingliche Rechte zustünden.
Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher jedoch mit seinem Beschluß vom 23. März 1993, B 83/93, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erklären sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Sachentscheidung, Einräumung der Parteistellung und in ihrem Recht "auf Nichtfeststellung", daß der Zuschlag im Exekutionsverfahren XY des Bezirksgerichtes N. den Zielsetzungen des § 1 Abs. 2 O.ö. LSG 1970 entspricht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 O.ö. LSG 1970 sind zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes landwirtschaftliche Siedlungsverfahren durchzuführen, deren Ziel im zweiten Absatz des genannten Paragraphen mit der Schaffung und Erhaltung solcher bäuerlicher Betriebe bestimmt wird, deren Erträgnisse allein oder in Verbindung mit einem Nebenerwerb einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig sichern. Gegenstand von Siedlungsverfahren ist nach § 2 Abs. 1 Z. 4 O.ö. LSG 1970 unter anderem die Übertragung von Betrieben, deren Eigentümer sie selbst nicht mehr bewirtschaften wollen oder können, oder die in der Landwirtschaft nicht hauptberuflich tätig sind, in das Eigentum von Personen, die für die Führung bäuerlicher Betriebe geeignet sind. Nach § 3 Abs. 1 des zitierten Gesetzes sind Siedlungsverfahren nur auf Antrag durchzuführen, wobei einen solchen Antrag nach § 5 des genannten Gesetzes physische Personen, für welche die Schaffung der im § 1 Abs. 2 genannten Betriebe in Betracht kommt, ferner Personen, die Grundstücke, Gebäude oder Rechte zur Verfügung stellen, Agrargemeinschaften und Siedlungsträger stellen können. Nach § 5 Abs. 3 O.ö. LSG 1970 sind Parteien im Siedlungsverfahren die Antragsteller und Personen, die Grundstücke, Gebäude oder Rechte zur Verfügung stellen, sowie jene Personen, denen an diesen Grundstücken oder Gebäuden dingliche Rechte zustehen.
Die Beschwerdeführer tragen in ihrer Beschwerdeschrift an den Verfassungsgerichtshof vor, daß im § 5 Abs. 3 des zitierten Gesetzes der Grundstücke, Gebäude oder Rechte zur Verfügung stellenden Person offensichtlich im Sinn und zur Sicherung des im § 1 Abs. 2 leg. cit. dargelegten, im wesentlichen öffentlichen Interesses Parteistellung eingeräumt werde, welche dann allerdings nicht mit der Freiwilligkeit einer Veräußerung begründet sein könne. Dieses Vorbringen zeigt den Irrtum auf, welchem die Beschwerdeführer in der Geltendmachung ihrer Parteistellung im Verwaltungsverfahren unterliegen. Die Beschwerdeführer erkennen nämlich wohl richtig, daß die im § 1 Abs. 2 O.ö. LSG 1970 dargestellten Ziele landwirtschaftlicher Siedlungsverfahren neben der Förderung der Interessen durch solche Verfahren begünstigter Personen dem öffentlichen Interesse an der Schaffung und Erhaltung lebensfähiger bäuerlicher Betriebe dienen. Verfehlt ist allerdings die Schlußfolgerung der Beschwerdeführer, daß die im § 5 Abs. 3 O.ö. LSG 1970 den dort genannten Personen eingeräumte Parteistellung ihnen die Wahrung öffentlicher Interessen anvertraue. Diese obliegt allemal der Behörde. Die im § 5 Abs. 3 Z. 2 O.ö. LSG 1970 anderen Personen als dem Antragsteller eingeräumte Parteistellung hat vielmehr den Zweck, ihnen die Wahrung ihrer Rechte in einem von der Behörde durchgeführten Siedlungsverfahren zu ermöglichen. Nicht haben solche Personen aber außerhalb ihrer eigenen Antragstellung Ingerenz darauf, ob ein Siedlungsverfahren überhaupt durchgeführt wird. Erst recht kann dem O.ö. LSG 1970 keine Norm entnommen werden, welche einer Person ein subjektiv-öffentliches Recht darauf einräumte, daß die Durchführung eines Siedlungsverfahrens unterbliebe.
Die Beschwerdeführer haben demnach keinen aus dem öffentlichen Recht erfließenden Anspruch darauf, daß dem Antrag des MP auf Durchführung des Siedlungsverfahrens nicht entsprochen werde. Dieser Umstand mußte den Beschwerdeführern die in Anspruch genommene Parteistellung selbst für den Fall verwehren, daß die behördliche Beurteilung, sie seien zum Kreis der in § 5 Abs. 3 Z. 2 O.ö. LSG 1970 nicht zu zählen, unzutreffend wäre. Die Zurückweisung ihrer Berufung hat die Beschwerdeführer in ihren Rechten schon aus diesem Grunde nicht verletzt.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993070059.X00Im RIS seit
20.11.2000