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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des L in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld, Berufungssenat VII, vom 4. 10. 1991, Zl. 6/4 - 4158/90-05, betr Umsatzsteuer für die Jahre 1985 bis 1987 sowie Gewerbesteuer und Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für die Jahre 1986 und 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid, der im Umfang seines Abspruches über Gewerbesteuer und Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen für das Jahr 1985 als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer deklarierte in den Abgabenerklärungen der Streitjahre, in welchen er seinen Beruf als "technischer Zeichner" angab, neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch solche aus selbständiger Arbeit für die Herstellung von Zeichnungen und nahm in diesem Umfang den begünstigten Umsatzsteuersatz nach § 10 Abs. 2 UStG 1972 in Anspruch.
Im Zuge einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung gelangte die Prüferin zur Auffassung, daß die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit nicht als künstlerische, sondern als kunsthandwerkliche zu klassifizieren sei, weil die eigenschöpferische Tätigkeit des Beschwerdeführers gegenüber der kunstgewerblichen Tätigkeit, welche sich in Dokumentationszeichnungen, Stadtplänen, in der zeichnerischen Gestaltung von Gesteinsbeschreibungstafeln für Lehrpfade, geologischen Schaubildern und Druckvorlagen für Schulwandbilder äußere, von untergeordneter Bedeutung sei. Daß sich die Arbeiten des Beschwerdeführers durch besonders naturgetreue Wiedergabe und exakte Ausführung bis ins kleinste Detail auszeichneten, könne an ihrer Beurteilung als Produkte des Kunsthandwerks nichts ändern. Eine künstlerische Tätigkeit eines Steuerpflichtigen, dessen künstlerische Befähigung nicht durch seine Vorbildung erwiesen sei, könne nur dann unterstellt werden, wenn die überwiegende Mehrzahl seiner Erzeugnisse Kunstwerke darstellten.
Das Finanzamt folgte der Beurteilung der Prüferin und erließ unter Wiederaufnahme des Verfahrens, betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer der Streitjahre entsprechende Sachbescheide ebenso wie Bescheide, betreffend Gewerbesteuer und Bundesgewerbesteuer samt Zuschlägen, wobei allerdings der Gewerbesteuerbescheid betreffend das Jahr 1985 aus dem Grunde der Höhe des für dieses Jahr ermittelten Gewerbeertrages zu einer daraus resultierenden Abgabenschuld nicht führte.
Gegen die Umsatz- und gegen die Gewerbesteuerbescheide der Jahre 1985 bis 1987 erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er ausführte, daß es zwar zutreffe, daß er eine künstlerische Hochschulbildung nicht nachweisen könne, daß er aber in seiner Heimatstadt und auch darüber hinaus einen Ruf als Künstler genieße, und daß man ihm nicht im Laufe des relativ kurzen Prüfungszeitraums seine künsterlischen Fähigkeiten absprechen könne, die er anhand vorgelegter Unterlagen bereits oftmals dokumentiert habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die vom Beschwerdeführer beigebrachten und den Mitgliedern des Berufungssenates zur besseren Beurteilung der Tätigkeit des Beschwerdeführers vorgelegten Arbeiten seien technisch perfekte und exakt ausgeführte Zeichnungen im Hypernaturalismus. Sie zeichneten sich durch außergewöhnliche Sorgfalt und Genauigkeit aus, ließen aber ein ausgesprochen eigenschöpferisches Element vermissen. Wenn der Beschwerdeführer auch die Technik der detailgetreuen Wiedergabe des Objekts hervorragend beherrsche, und seine Werke durch vorhandenes Kunstverständnis geprägt seien, könnten sie dennoch nicht als Kunstwerke, sondern müßten als eine dem Kunsthandwerk zuzurechnende Leistung angesehen werden, weil bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers die kunsthandwerkliche Komponente eindeutig überwiege. Gerade bei den geologischen Schaubildern, tektonischen Karten, Dokumentationszeichnungen von urgeschichtlichen und archäologischen Grabungsfunden, Panoramazeichnungen, Lehrpfadtafeln, Druckvorlagen für Schulwandbilder und Stadtplänen trete die eigenschöpferische Tätigkeit schon deswegen zurück, weil diese Zeichnungen nach Vorlagen gefertigt würden, sodaß dem Beschwerdeführer für eine schöpferische Leistung gar nicht genügend Raum bliebe. Die Technik der detailgetreuen Nachbildung von bis ins einzelne vorgegebenen Motiven und das Zurückgreifen auf bekannte Vorbilder schaffe nicht Kunstwerke, sondern sei mit viel Fleiß und Übung auch von einem durchschnittlich begabten Menschen erlernbar. Bezeichne sich der Beschwerdeführer schließlich ja auch als "technischer Zeichner", bei welcher Tätigkeit das künstlerische Moment hinter dem kunsthandwerklichen zurücktrete. Viele seiner Arbeiten seien überdies auf ihre Tauglichkeit als wissenschaftliches Mittel oder Lehrmittel hin gearbeitet, auch die Art der Entlohnung des Beschwerdeführers teils nach Stundensätzen, teils durch vereinbarte Pauschalpreise, wiese darauf hin, daß der Beschwerdeführer nicht für die Hervorbringung von Kunstwerken bezahlt werde. Es stellten wohl einige der Werke des Beschwerdeführers tatsächlich Kunstwerke dar; da diese aber nicht überwiegten, müsse insgesamt ein künstlerischer Charakter der Tätigkeit des Beschwerdeführers verneint werden, woran auch der Umstand nichts ändern könne, daß der Beschwerdeführer bereits an mehreren Ausstellungen teilgenommen habe und einen Ruf als Künstler genieße. Die Mitglieder des Berufungssenates würden die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen Kunst und Kunsthandwerk nicht verkennen, seien jedoch nach eingehender Betrachtung der vorgelegten Arbeiten zum Schluß gekommen, daß der handwerkliche Charakter der Arbeiten des Beschwerdeführers überwiege. Da dies auch einem Laien ohne weiteres erkennbar gewesen sei, habe auf die Beiziehung eines Sachverständigen verzichtet und den Mitgliedern des Berufungssenates die Beurteilung der Werke selbst zugemutet werden können.
Gegen diesen Bescheid - unter erkennbarer Ausnahme seines über Gewerbesteuer für das Jahr 1985 absprechenden Teils - richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten insofern verletzt, als seine zeichnerische und malerische Tätigkeit nicht als künstlerische, sondern als gewerbliche mit den daraus resultierenden abgabenrechtlichen Folgen qualifiziert und diese Beurteilung ohne Beiziehung kunstsachverständigen Rates getroffen wurde.
Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall kam die belangte Behörde zu ihrer Subsumtion der vom Streit betroffenen Einkünfte unter jene nach § 23 Z. 1 EStG 1972 mit der Konsequenz zum einen der daraus resultierenden Gewerbesteuerpflicht und zum anderen des Wegfalls der Umsatzsteuerbegünstigung nach § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 im wesentlichen aus der von ihr getroffenen Feststellung, daß die vom Beschwerdeführer vorgelegten Arbeiten in ihrer Mehrzahl zeigten, daß bei seiner Tätigkeit insgesamt das eigenschöpferische Element hinter dem handwerklichen Element in der Werkgestaltung zurücktrete.
Hielte diese Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand, dann wäre die daraus abgeleitete rechtliche Beurteilung der Behörde auch richtig. Soweit der Beschwerdeführer dieser Subsumtion mit seinen zur Behauptung inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ins Treffen geführten Argumenten entgegentritt, gehen seine Ausführungen teilweise ins Leere, zum anderen Teil ist ihnen nicht beizupflichten.
Der vom Beschwerdeführer geforderten Tendenzwende der Judikatur in Richtung einer Anerkennung auch solcher Kunstzweige, die unter den Begriff der "Angewandten Kunst" fallen, bedarf es nicht. Daß eine künstlerische Schöpfung ihren Charakter als Kunstwerk nicht deswegen verliert, weil sie auch wirtschaftlichen Gebrauchszwecken dienen soll, hat der Verwaltungsgerichtshof schon lange erkannt und immer wieder bekräftigt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1960, 1317/57, sowie etwa vom 4. Oktober 1983, 83/14/0043, 0052, 0053, und aus jüngster Zeit vom 21. Juli 1993, 91/13/0231). Der Gerichtshof hat dies im erstzitierten Erkenntnis schon für das künstlerische Plakat und den Reklameentwurf bejaht und es ebenso auch für den Bereich der Grafik (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, 89/14/0181) und für den Bereich des Industrie-Designs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1990, 89/14/0020) ausgesprochen. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings die Bejahung des Tatbestandsmerkmales künstlerischer Tätigkeit für jegliche Betätigung in welcher Gattung immer an die Art der Gestaltung des Gegenstandes in der Weise geknüpft, daß diese Gestaltung nach den für ein umfassendes Kunstfach charakteristischen oder solchen gleichzustellenden Gestaltungsprinzipien erfolgt (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 1983, 83/14/0043, 0052, 0053, und vom 21. Juli 1993, 91/13/0231). In den zitierten Erkenntnissen hat der Gerichtshof auch klargestellt, daß die Abgrenzung zum Kunsthandwerk im Einzelfall nach Maßgabe des Überwiegens der künstlerischen oder der handwerklichen Komponente entschieden werden muß.
Zum Festhalten an der Unterscheidung zwischen Kunst und Handwerk aber zwingt die Steuerrechtslage. Da das Gesetz unterschiedliche Rechtsfolgen an die Erzielung von Einkünften aus künstlerischer Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 und solchen aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 Z. 1 leg. cit. knüpft, kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er die Anwendung des dem Urheberrechtsgesetz zugrundeliegenden und in der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur ausgestalteten Kunstbegriffes auch im Abgabenrecht mit der Wirkung fordert, daß auch die unter dem Oberbegriff der "Angewandten Kunst" vorzufindenden Betätigungen in Kunstgewerbe und Kunsthandwerk als künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 zu beurteilen seien. Der Regelungszweck des Urheberrechtsgesetzes hat mit der Einkünfteordnung des Abgabenrechts nichts gemeinsam; sein Werkbegriff bietet der im Abgabenrecht geforderten Unterscheidung der Betätigungsarten keine Hilfe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1990, 86/13/0008, vom 18. September 1991, 91/13/0054, und das schon mehrmals zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Juli 1993, 91/13/0231).
Bezugnehmend auf das für das Abgabenrecht tatsächlich maßgebende Kriterium der Betätigungsart führt der Beschwerdeführer die Elemente der Anforderung der Kreativität und der vorwiegenden Berufsausübung im "Alleingang" ins Treffen. So richtig dieser Gedanke unter dem Gesichtspunkt der Unterscheidung zwischen selbständiger Tätigkeit und Gewerbebetrieb im grundsätzlichen auch ist, sind aus den angeführten Elementen dennoch im Einzelfall zuverlässige Unterscheidungskriterien nicht zu gewinnen. Kreativität zeichnet nicht nur den Kunsthandwerker, ja jeden qualifizierten Handwerker, der in seinem Gewerbe neue Wege geht, aus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. März 1962, 927/59, und vom 26. November 1985, 83/14/0249, 0260, 0261), sondern bestimmt vielfach auch den Erfolg des Gewerbetreibenden überhaupt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, 2737, 2960, 2961/79 und 3000/80). Daß die Tätigkeit im wesentlichen auf den Einsatz der persönlichen Arbeitskraft beruht, macht sie deswegen noch nicht zur freiberuflichen, weil dies ja auch für viele kleine Gewerbetreibende zutrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1964, 1155/62). Umgekehrt mag es Kunstgattungen geben, in denen die dem Beschwerdeführer vorschwebende Kunstproduktion im "Alleingang" kaum in Betracht kommen wird, wenn man etwa an die Freskenmalerei oder Mosaikkunst denkt.
Aus dem vom Beschwerdeführer angezogenen Vergleich der im § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1972 angeführten Berufsgruppen sind in dem vom Beschwerdeführer vermeinten Sinn Auslegungskriterien für die Beurteilung der im § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. aufgezählten Tätigkeiten nicht zu gewinnen, was umso mehr für die in der erstgenannten Bestimmung angeführte "ähnliche freiberufliche Tätigkeit" gilt. Die beiden gesetzlichen Bestimmungen unterscheiden sich voneinander ja gerade dadurch, daß § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1972 zunächst konkrete, überwiegend durch gesetzliche Ausbildungs- und Ausübungsordnungen gekennzeichnete Berufe nennt und ihnen sodann vergleichbare Tätigkeiten lediglich unter der Bedingung ihrer Ähnlichkeit zu diesen Berufen gleichstellt, während § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 ohne Anführung bestimmter Berufe nur die Art der dort genannten Tätigkeiten zur Bedingung einer Qualifikation der daraus erzielten Einkünfte als solcher aus selbständiger Arbeit macht. Daß das Gesetz in der Bestimmung des § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1972 den Einkünften aus den dort angeführten Tätigkeiten, anders als in der Bestimmung lit. b leg. cit., die Einkünfte aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit nicht gleichgestellt hat, ist als planwidrige Regelungslücke nicht zu erkennen, die es etwa gestattete, dem Fehlen einer Regelung auf interpretativem Wege abzuhelfen.
Auf den künstlerischen Ruf, die Beteiligung an Wettbewerben und den Ankauf von Werken durch öffentliche Sammlungen kommt es für die Beurteilung der Tätigkeit als künstlerisch im Sinne der Abgabengesetze ebensowenig entscheidend an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1989, 88/13/0063), wie entgegen dem im angefochtenen Bescheid hilfsweise herangezogenen Element auch die Art der Leistungshonorierung regelmäßig keinen begründeten Schluß auf das Vorliegen künstlerischer Tätigkeit zuläßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1968, 427/66).
Mit der hilfsweise vorgebrachten Auffassung, seine Tätigkeit wäre subsidiär als wissenschaftlich, unterrichtend oder erzieherisch zu qualifizieren gewesen, entfernt sich der Beschwerdeführer vom Beschwerdepunkt. Der Sachlage nach hätte im übrigen zu einer solchen Subsumtion kein Anlaß bestanden.
Insoweit die belangte Behörde das entscheidende Kriterium für die abgabenrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als künstlerisch in der Art der Gestaltung der von ihm hergestellten Werke gesehen hat, erweist sich ihre Beurteilung frei von Rechtsirrtum. Die zum Aufhebungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erstatteten Beschwerdeausführungen waren nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Anders verhält es sich mit der Verfahrensrüge. Die von der belangten Behörde getroffene Feststellung des Überwiegens handwerklich beschaffener Gestaltungselemente in der Herstellung seiner Werke entzieht sich einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof in mehrfacher Weise.
Ausgehend von der Feststellung des angefochtenen Bescheides, daß einige der Werke des Beschwerdeführers tatsächlich Kunstwerke darstellten, fehlt es schon an solchen Feststellungen im Tatsachenbereich, welche die von der belangten Behörde unausgesprochen, aber einschlußweise vorgenommene Einschätzung als schlüssig beurteilen ließen, daß es sich bei den zur Herstellung von Kunstwerken führenden Tätigkeiten und bei jenen Tätigkeiten des Beschwerdeführers, welche nach Auffassung der belangten Behörde zur Herstellung von Kunstwerken nicht führten, um eine einheitliche Betätigung handle, welche das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes zur Folge habe. Übt ein Steuerpflichtiger neben seiner selbständigen Arbeit eine gewerbliche Tätigkeit aus, dann sind diese Betätigungen nach allgemeinen Grundsätzen derart voneinander zu trennen, daß der Steuerpflichtige zwei Betriebe unterhält, sofern nicht ein bestimmter Grad des inneren Zusammenhanges zur Annahme einer einheitlichen Betätigung zwingt; als Grundsatz sollte dabei zunächst gelten, daß eine Trennung der beiden Tätigkeitsbereiche vorzunehmen ist, soweit dies irgend möglich ist (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch2, TZ 8 zu § 22 EStG 1972, ferner die hg. Erkenntnisse vom 5. Mai 1970, 1894/68, und vom 23. April 1979, 3140/78, 928, 929/79). Eine Begründung dafür, weshalb den vom Streit betroffenen Einkünften eine zwingend als einheitlich zu beurteilende Betätigung mit der Konsequenz eines einheitlichen Betriebes zugrundeliege, fehlt dem angefochtenen Bescheid. Der von der belangten Behörde wiederholt getroffene Hinweis auf das Fehlen einer einschlägigen künstlerischen Hochschulbildung des Beschwerdeführers konnte die der Sachlage nach gebotenen begründeten Feststellungen nicht ersetzen, weil die Qualität der vom Beschwerdeführer genossenen Ausbildung zum einen mit der Sachfrage des Vorliegens eines oder mehrerer Betriebe nichts zu tun hat, und weil zum anderen gegenüber der herausragenden Bedeutung der bei der Herstellung der Werke angewandten Gestaltungsprinzipien für die Beurteilung des Vorliegens künstlerischer Tätigkeit die genossene Ausbildung ähnlich wie jene anderen Indizien, von denen bereits an früherer Stelle zu reden war, Nachrang hat.
Auch unter der Annahme des Vorliegens eines einheitlichen Betriebes fehlte es der behördlichen Feststellung über das Überwiegen des handwerklichen Gestaltungselements in den Arbeiten des Beschwerdeführers an nachvollziehbar quantifizierten Sachverhaltsgrundlagen des Inhalts, auf wie viele und welche der von der belangten Behörde eingesehenen Werke sich diese Beurteilung bezog, und auf wie viele und welche der eingesehenen Werke sie sich nicht erstreckte. Ausgehend wiederum von der Feststellung des angefochtenen Bescheides, daß einige der Werke des Beschwerdeführers tatsächlich Kunstwerke darstellten, mußte die Behörde die Nachprüfbarkeit ihrer Feststellung des Überwiegens von Werken mit nur oder überwiegend handwerklichen Gestaltungselementen durch entsprechend quantifizierte Angaben gewährleisten; dies hat sie unterlassen.
Schließlich hat die belangte Behörde den Verwaltungsgerichtshof von der Überprüfung ihrer Beweiswürdigung über das Überwiegen handwerklicher Gestaltungselemente in den Arbeiten des Beschwerdeführers dadurch schlechthin ausgeschlossen, daß sie die dem Berufungssenat bei seiner Entscheidung vorgelegten Arbeiten den Verwaltungsakten nicht angeschlossen hat. Die Abgrenzung zwischen Kunst und Kunsthandwerk im abgabenrechtlichen Sinn anhand der vom Schaffenden eingesetzten Gestaltungselemente ist ein Akt der Beweiswürdigung, welcher in Grenzfällen der Einbeziehung sachverständiger Äußerungen in den Entscheidungsprozeß bedarf (vgl. die bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 1983, 83/14/0043, 0052, 0053, und vom 23. Oktober 1990, 89/14/0181), wiewohl nicht in jedem Fall, in dem die Abgrenzung zwischen Kunst und Kunstgewerbe strittig ist, ein Sachverständigengutachten eingeholt werden muß (vgl. neben den soeben zitierten Erkenntnissen auch jenes vom 23. Oktober 1990, 89/14/0068). Wohl unterliegt die Beweiswürdigung der Behörde der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes nur dahin, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde, und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, ohne daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Prüfung der Richtigkeit der Beweiswürdigung zustünde (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, 90/13/0155, mit weiteren Nachweisen). Die dem Verwaltungsgerichtshof aufgetragene Kontrolle der Übereinstimmung der behördlichen Beweiswürdigung mit dem allgemein menschlichen Erfahrungsgut ebenso wie der ausreichenden Erhebung des Sachverhaltes mußte es der belangten Behörde im Beschwerdefall aber unabweislich zur Pflicht machen, die von ihr eingesehenen und von ihren Sachverhaltsfeststellungen betroffenen Arbeiten des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof in den Verwaltungsakten vorzulegen. Daß die belangte Behörde dies im Beschwerdefall unterlassen hat, begründet ein im Nahbereich der Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 38 Abs. 2 VwGG gelegenes Versäumnis, weil der Gerichtshof damit außerstande gesetzt ist, überhaupt zu sehen, wovon im Beschwerdefall die Rede ist, geschweige denn die Schlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung über das Überwiegen handwerklicher Gestaltungselemente und die Entbehrlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid somit in der aufgezeigten Weise durch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb ihr Bescheid im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und lit. c VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991; der Schriftsatzaufwand konnte gemäß § 59 Abs. 1 VwGG nur im niedriger als nach der zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung möglich verzeichneten Ausmaß zugesprochen werden. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich darauf, daß die Vorlage des Schreibens der Sparkasse an den Beschwerdeführer vom 29. März 1990 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.
Schlagworte
Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991130237.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
07.12.2009