TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/16 92/01/0870

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Veröffentlicht am 16.09.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z3;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AsylG 1991 §3;
AsylG 1991 §4;
AVG §13a;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §42 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der S in N, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1992, Zl. 4.305.738/3-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, reiste am 16. November 1990 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag - gemeinsam mit ihrem Ehegatten H - einen Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung am 21. November 1990 gab sie an, sie hätte als Angehörige der arabischen Minderheit in ihrem Heimatland große Probleme gehabt und sei von der Bevölkerung nicht akzeptiert worden. Sie habe sich trotz ihrer Schwangerschaft zur Flucht entschlossen, da ihr Gatte berufliche Schwierigkeiten gehabt habe. Er sei in Gebiete mit schwierigsten Arbeitsbedingungen verlegt worden, obwohl er schwere körperliche Schäden von einem dieser Einsätze davongetragen hätte. Dies habe sie seelisch nicht verkraften können.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich stellte daraufhin mit Bescheid vom 20. März 1991 fest, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr Gatte habe im Iran große politische Schwierigkeiten gehabt und sei ebenfalls Asylwerber in Österreich. Er habe seine politische Verfolgung bei der ersten niederschriftlichen Befragung genau geschildert und in der Berufung näher ausgeführt. Im übrigen weise der bekämpfte Bescheid keine im Sinne des § 60 AVG ausreichende Begründung auf.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat die belangte Behörde begründend die Auffassung, das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auch die niederschriftliche Befragung, habe keine Anhaltspunkte ergeben, daß die Beschwerdeführerin Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1991 sei. Sie habe im Verfahren keine der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten, gegen sie gerichtete Verfolgungshandlungen darlegen können. Als Hauptgrund verweise die Asylwerberin vielmehr auf die Schwierigkeiten ihres Gatten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Es ist zunächst darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde - die im Beschwerdefall das Asylgesetz 1991 angewendet hat, da das Verfahren bei ihr am 1. Juni 1992 anhängig war (vgl. § 25 Abs. 2 leg. cit.) - ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen hatte. Vom auf der Grundlage der Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer Erstbefragung festgestellten Sachverhalt ausgehend hat die Behörde mit Recht wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus den in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 angeführten Gründen als nicht glaubhaft gemacht angesehen. Insoweit nämlich die Beschwerdeführerin sich darauf bezieht, ihr Gatte sei an seinem Arbeitsplatz "nicht akzeptiert" worden, und dies habe sie "seelisch fertig" gemacht, läßt sich daraus keine konkrete, GEGEN SIE gerichtete Verfolgung im Sinne der Konvention ableiten (vgl. das Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 91/01/0054).

Die aus den Schikanen gegen ihren Gatten abgeleitete Situation, die sie in der Folge dazu bewogen hat, zusammen mit ihm den Iran zu verlassen, kann nicht als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention qualifiziert werden, weil diese Situation so wie ihre Stellung als Frau oder die allgemeine Lage der Araber im Iran ebenso wie die allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit oder Angehöriger einer Religionsgemeinschaft im Heimatland eines Asylwerbers nicht als konkret gegen eine bestimmte Person gerichtete Verfolgung gewertet werden können (vgl. Erkenntnis vom 25. November 1992, Zl. 92/01/0903).

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, es sei ihr Asyl schon deshalb zu gewähren, weil der Antrag des einen Ehegatten (und dessen Aussagen in der ersten niederschriftlichen Befragung) auch für den anderen Ehegatten Rechtswirkungen erzeuge, so ist ihr entgegenzuhalten, daß es dazu der Stellung eines Ausdehnungsantrages bedarf, die Beschwerdeführerin jedoch ausdrücklich selbständig um Asyl angesucht hat. Dieser Antrag war allein Gegenstand des mit ihr durchgeführten Verwaltungsverfahrens. Das Asylgesetz 1991 unterscheidet zwischen Asylantrag (des Asylwerbers im Sinne des § 1 Z. 3) gemäß § 3 Asylgesetz 1991 einerseits und Ausdehnungsantrag gemäß § 4 Asylgesetz 1991 andererseits. Die Asylgewährung kann daher nur über Antrag auf den Ehegatten und die minderjährigen Kinder ausgedehnt werden. Sollte der Bescheid, mit dem dem Asylantrag des Ehegatten der Beschwerdeführerin nicht stattgegeben wurde - ein Ausdehnungsantrag wurde bisher nicht gestellt - vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben werden, bleibt es der Beschwerdeführerin und ihren minderjährigen Kinder - ungeachtet der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides, mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG dem von ihr gestellten Asylantrag im Sinne des § 3 Asylgesetz 1991 nicht stattgegeben wurde - unbenommen, einen Ausdehnungsantrag gemäß § 4 Asylgesetz 1991 zu stellen.

Dem Hinweis der Asylwerberin in der Beschwerde, die belangte Behörde träfe eine amtswegige Ermittlungspflicht und sei von Amts wegen verpflichtet gewesen, durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, daß asylerhebliche Angaben gemacht würden, ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung der Manuduktionspflicht der belangte Behörde nach § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zu erkennen vermag, weil die Beschwerdeführerin weder aufzeigt, welche Anleitung die belangte Behörde der Asylwerberin hätte erteilen können, noch welcher Sachverhalt, der zur Geltendmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründen geeignet gewesen wäre, bei Wahrnehmung der behaupteten Manuduktionspflicht hätte festgestellt werden können (vgl. das Erkenntnis vom 30. November 1992, 92/01/0780). Es kann auch den Beschwerdeausführungen nicht entnommen werden, warum in Hinblick auf die nach Ausweis der Verwaltungsakten ohnedies ausführliche Einvernahme der Asylwerberin eine ergänzende Befragung notwendig gewesen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß es nicht Aufgabe der Berufungsbehörde ist, Asylwerbern im Berufungsverfahren Unterweisungen darüber zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen auszuführen und welche Fluchtgründe sie anzugeben haben, damit ihrem Verlangen auf Anerkennung als Konventionsflüchtling entsprochen werden kann (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, Wien 1990, S 22, angeführte Judikatur). Daß aber eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vorläge - die übrigen in dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe für die Anordnung einer Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens kommen beim gegebenen Sachverhalt nicht in Betracht -, kann weder dem Berufungs- noch dem Beschwerdevorbringen entnommen werden. Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 hatte die belangte Behörde daher das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz ihrer Entscheidung zugrunde zu legen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010870.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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