TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/16 93/01/0216

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Veröffentlicht am 16.09.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §16 Abs1;
AsylG 1991 §1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der S in W, mit mj. D und mj. V, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1992, Zl. 4.334.694/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "früheren SFRJ" albanischer Nationalität, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 12. Februar 1992, mit dem festgestellt worden war, bei ihr lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 17. November 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, habe sie bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 11. Jänner 1992 angegeben, ihr Gatte habe bereits längere Zeit keine Arbeit gehabt, und es sei die Wirtschaftslage in ihrem Heimatland allgemein schlecht. Als im Dezember 1991 mehrere Personen in ihrem Heimatort zum Militärdienst eingezogen worden seien und ihrer Meinung nach auch die Einberufung ihres Gatten bevorgestanden sei, habe sich dieser bei Verwandten versteckt gehalten. In der Folge sei die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Gatten ausgereist. In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, sie sei wegen der Situation in ihrem Heimatland und wegen der zu erwartenden Einberufung ihres Gatten, der keinen Menschen töten könne, nach Österreich gekommen. Sie wolle auf keinen Fall in ihr Heimatland zurückkehren.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen von Gründen im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) zunächst deshalb verneint, weil sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit es sie selbst betrifft, lediglich auf allgemeine Umstände in ihrem Heimatland bezogen habe. Angesichts der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren entspricht diese Auffassung der belangten Behörde der Rechtslage. So rechtfertigen weder die im Heimatland eines Asylwerbers allgemein herrschenden Verhältnisse noch wirtschaftliche Gründe die Anerkennung als Flüchtling bzw. die Gewährung von Asyl (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, 1990, S. 28 und 29, angeführte Judikatur).

Der belangten Behörde ist auch beizupflichten, wenn sie die vermutete bevorstehende Einberufung des Gatten der Beschwerdeführerin zum Militärdienst nicht als konkrete, gegen die Beschwerdeführerin selbst gerichtete Verfolgung gewertet hat. Allerdings könnte für den Fall, daß dem Gatten der Beschwerdeführerin Asyl gewährt werden sollte, über ihren Antrag die Asylgewährung gemäß § 4 Asylgesetz 1991 auf die Beschwerdeführerin ausgedehnt werden.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde wäre zu Erhebungen über von ihr in ihrem Heimatland zu erwartende politische Verfolgung verpflichtet gewesen, ist ihr entgegenzuhalten, daß der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 wohl bestimmt, daß die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Gesetzesstelle, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, darstellt, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800-0803). Da im Beschwerdefall über die bereits oben behandelten Angaben hinausgehende, hinreichend deutliche Hinweise auf das Vorliegen weiterer Gründe im Sinne der Flüchtlingskonvention im Vorbringen der Beschwerdeführerin vor der Behörde erster Instanz nicht enthalten waren, war die belangte Behörde somit nicht zu weiteren Ermittlungen verhalten. Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993010216.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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